Gerade haben wir den Band > Die Deutschen und ihre Antike von Stefan Rebenich gelesen und ihn zu einem Gespräch in unser Homeoffice eingeladen, da erscheint am 19. Februar sein nächstes Buch bei Klett-Cotta. Diesmal geht es hinaus in den Garten und Stefan Rebenich nennt sein Buch > Der kultivierte Gärtner und zeigt uns Die Welt, die Kunst und die Geschichte im Garten.
Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie mit anderen Augen Ihren Garten oder andere Gärten betreten. Stefan Rebenich beschreibt den „Garten als Lebensraum und Kulturobjekt“ (S. 9) und er hält sein Versprechen, dem Leser viel mehr als nur einen bunten Strauß zu überreichen. Er möchte „Gartenbildung“ vermitteln, die bis in die Antike zurückreicht: „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten gärtnerischen Ignoranz.“ Dazu gehört praktisches Wissen von Staudenblüten bis zur Fruchtfolge im Hochbeet aber auch das stete Lernen: „Jeder kultivierte Gärtnerin und jeder kultivierte Gärtnerin weiß aus Erfahrung, dass Erfolg und Scheitern im Garten zusammengehören“ und noch viel mehr:
„Gärtnern bedeutet die Auseinandersetzung mit sich selbst und der Gesellschaft.“ (S. 12) Darum geht es also, um die sozialen Funktionen des Gartens in allen ihren Aspekten, wozu viele weitere Kenntnisse außer den Pflanzennamen, wie Literatur, Soziologie und Geschichte gehören: „Il faut cultiver notre jardin.:“ Das verlangt aber keineswegs nur den Blick in den eigenen Garten.
Die Kapitel dieses Buches begleiten uns durch den Garten mit seiner Blütenfolge in allen Jahreszeiten: Tulpen, Birken Kastanien stehen im Mittelpunkt der folgenden Betrachtungen aber auch der Klimawandel macht vor dem Garten nicht Halt. Im Herbst wird der Garten zu einem Fest der Farben: „Das Staudenbeet wird zu einer opulenten Kulisse…“
Danach geht es um die Welt. Pflanzen sind die besten Reisenden auf der Welt (Vgl. auf unserem Blog: > Lesebericht: Stefano Mancuso, Die unglaubliche Reise der Pflanzen – 31. August 2020), die durch die Vernetzung der botanischen Gärten weltweit intensiv be- und gefördert werden. Mit monarchischen Repräsentation wie die Parklandschaft in Versailles wird die Verbindung von Garten, Politik und Herrschaft augenfällig. So auch das Gartenreich von Dessau-Wörlitz, das den Garten von Ermenonville nachbildete und so ein Bekenntnis zu den Ideen der Aufklärung ablegte. Die Villa Carlotta am Comer See wie Dumbarton Oaks Garden in Washington wie auch Webers Garten in Heidelberg stehen für eine enge Verbindung von Kultur und Gartenbau, wie auch der Rosengarten in die politische Repräsentation des Wei0ßen Hauses eingebunden ist.
Gartenkunst ist ohne die vielfältigen Standardwerke kaum denkbar: Werke wie das von Marie Luise Gothein (1914) > Geschichte der Gartenkunst oder auch Goethes Naturstudien (vgl. auf unserem Blog > Mittwoch um 19 Uhr: Stefan Bollmann, Der Atem der Welt. Johann Wolfgang Goethe und die Erfahrung der Natur – 15. April 2021) zweigen, um nur zwei Beispiele zu nennen auch die historischen und kulturellen Dimensionen der Gartenkunst.
Die beiden letzten Kapitel sind der Literatur „Mit Feder und Pinsel“ und gesellschaftlichen Fragen gewidmet. Vom Garten des Akinoos, der in der Odysee von Homer erscheint geht es zum > Hortulos des Walahfried Strabo, der den idealen Klostergarten beschrieben hat. Viele andere Gärten, die eine große literaturgeschichtliche Rolle gespielt haben, kommen in diesem Kapitel vor: auch der Lindenbaum von Franz Schubert, das Eröffnungsgedicht von Stefan George im November 1897 Das Jahr der Seele oder Klimts Gemälde Baumgarten. Dazu gehören auch die Gärten der Virginia Woolf wie die Gartensiedlung (1922) von Paul Klee.
Alle Beispiele beziehen sich auf und vertiefen das Thema des Gartens als einen Kulturraum, Ort der Pflege, aber Ort des Austauschs und einer Strahlkraft, die weit über diese Kunstorte hinausgehen und auf eine gesellschaftliche Verantwortung verweisen. In gesellschaftlicher Hinsicht lautet die Überschrift „Gemeinschaftlich: Gärten verpflichten“. Hier geht es um die Entwicklung der Stadtgärtnereien, die seit der Mitte des 9. Jahrhunderts ihren Aufschwung erleben. Zunächst war dies eine Angelegenheit von einigen Einzelnen, heute habe Städte große Unternehmen oft mit mehr als 100 Mitbareiter und mehr, die sich um die Pflege der städtischen Anlagen kümmern,
Das Fazit geht der Frage nach, warum Mann und Frau gärtnern sollten. Die Bestellung eines Gartens ist eine Herausforderung, sie „lässt sich nur meistern, wenn man Fremdes im Garten offen aufnimmt und Neuem gegenüber aufgeschlossen ist.“ (S, 186)
Heiner Wittmann
Stefan Rebenich, geboren 1961, studierte von 1980 bis 1985 Klassische Philologie und Geschichte an der Universität Mannheim sowie Alte Geschichte an der U...
Stefan Rebenich, geboren 1961, studierte von 1980 bis 1985 Klassische Philologie und Geschichte an der Universität Mannheim sowie Alte Geschichte an der Universität Oxford. 2003 wurde Rebenich Professor für Alte Geschichte an der Universität Bielefeld. 2005 wechselte er auf einen Lehrstuhl für Alte Geschichte und Rezeptionsgeschichte der Antike bis in das 20. Jahrhundert an die Universität Bern. Er schreibt für die NZZ, SZ und FAZ.
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