Die Erste Moderne hat normalbiografische Grundrisse geliefert, die als Vorgaben für individuelle Identitätsentwürfe gedient haben. In der Zweiten Moderne verlieren diese Ordnungsvorgaben an Verbindlichkeit, und es stellt sich dann die Frage, wie Identitätskonstruktionen jetzt erfolgen. Wie fertigen die Subjekte ihre patchworkartigen Identitätsmuster? Wie entsteht der Entwurf für eine kreative Verknüpfung? Wie werden Alltagserfahrungen zu Identitätsfragmenten, die Subjekte in ihrem Identitätsmuster bewahren und sichtbar unterbringen wollen? Brauchen wir noch Vorstellungen von Kohärenz und Kontinuität? Auf diese Fragen hat die Identitätsforschung Antworten zu finden. Dabei rücken die individuellen und gesellschaftlichen Ressourcen ins Zentrum der Forschung.
What sociologists sometimes refer to as the »First Modernity« (Age of Enlightenment to mid 20th century) was a period in which firmly established biographical blueprints provided a reliable basis for mapping out individual identities. In the Second Modernity (mid 20th century to the present) these blueprints have lost their normative force. The question that arises is: How do identity constructions come about in the present day and age? How do individuals tailor their patchwork identity patterns? How is creative cross-linking mapped out? How do everyday experiences become identity fragments that individuals preserve in their identity patterns and wish to include in them in a visible manner? Do we still need notions like coherence and continuity? Identity research needs to find answers to these questions. In that endeavour, individual and societal resources have become a focal issue in research.
Für die Entwicklung der personalen Identität eines Menschen sind seine emotionalen Bindungen und seine Liebesfähigkeit mindestens so wichtig wie sein Vernunftvermögen. Nachdem diese Auffassung begründet wurde, werden weitere zentrale theoretische Aspekte des spätmodernen Identitätsbegriffs skizziert (und gegen seine postmoderne Kritik und Verabschiedung ›verteidigt‹). Schließlich wird ein kurzer Blick auf neuere Forschungen zu kulturellen Formen des (z.B. independenten und interdependenten) Selbst geworfen und dafür plädiert, komplexere Rekonstruktionen solcher Varianten des Selbst zu versuchen, als sie bislang vorliegen.
For the development of an individual’s identity as a person, emotional attachments and the capacity for love are at least as important as the rational faculties. After the substantiation of this view, the article outlines other central theoretical aspects of the concept of identity in late modernity and »defends« them against post-modernist criticism and dismissal. In conclusion, the authors take a brief look at recent research on the (e.g. independent and interdependent) self and advocate attempts at more complex reconstructions of these variants of the self than have been essayed so far.
In der Pragmatik lösungsfokussierter Kurzzeittherapie schlagen wir den Begriff der gefühlten Identität vor, durch den wir Denken, Fühlen und Handeln in den Erzählungen der KlientInnen mithilfe kreativer Interventionen reflektieren. Im Verständnis von Psychotherapie als Übergangsritual werden verschiedene klassische und neuere Interventionen vorgestellt: First-Session-Formular-Task, Tagebuch für ein glückliches Leben, schmückender Beiname, Figurenbilder, Skalen-Malen und Blume der Identität.
The term »felt identity« is proposed here as a pragmatic concept for use in connection with solution-focused brief therapy. It encompasses the dimensions of thinking, feeling and action in clients’ narratives and helps us to respond to these dimensions with creative interventions. From the perspective of psychotherapy as a rite of passage, the article discusses various well-established and more recent interventions: first-session task, diary for a happy life, decorative nicknames, figural images, scaling, painting and the flower of identity.
Der Artikel untersucht einen spezifischen Aspekt an Ritualen: ihre kommunikative Struktur. Dies geschieht mit den Mitteln von Luhmanns Theorie sozialer Systeme. Rituale, so die These, wirken in Kommunikation als Blockaden, die die Negierbarkeit bestimmter Phänomene ausschalten. Die Negation dieser Phänomene würde für weitere Kommunikation Probleme schaffen, die das soziale System in eine Krise bringen. Untersucht wird auch, welche Funktion Symbole und körperliche Aspekte im Zusammenhang von Ritualen haben können.
The article investigates a specific aspect of rituals – their communicative structure. For this purpose, the author draws upon Luhmann’s theory of social systems, contending that in communication rituals have the effect of blockades counteracting the possibility
of negating certain phenomena. For further communication negating these phenomena would create problems precipitating the social system into a crisis. There is also discussion of the function(s) symbols and bodily aspects can have in connection with rituals.
Der Artikel zeigt, wie therapeutische Geschichten konstruiert werden können, die Kindern und Jugendlichen in familiären und schulischen Umbruchsituationen helfen, sich neu zu orientieren. Anhand von Erzählbeispielen stellt der Autor Aufbaumöglichkeiten für solche Geschichten sowie Detailinterventionen vor, die in solche Erzählungen integriert werden können. In den Geschichten wird jeweils ein Problem, das strukturell der Situation der Kinder ähnelt, auf plausible Art erzählend in eine Lösung überführt. In stärker dynamischen Geschichten löst ein Protagonist als Identifikationsfigur das dargestellte Problem. Überwiegend statische Geschichten sind beschreibend angelegt. Thematisch werden jeweils Parallelen hergestellt zu Interessen, Begabungen und anderen Ressourcen des Kindes oder Jugendlichen.
The article indicates how to design therapeutic narratives that will help children and adolescents to find their feet again when faced with formidable new situations in a family or school context. With reference to concrete examples, the author proposes potential structures for such stories and also describes interventions that can be integrated into these narratives. In the course of the stories, a plausible solution is provided for a problem that has structural similarities to the child’s situation. In the more dynamic narratives, a protagonist the children can identify with comes up with a solution for the problem addressed. Stories of a more static nature will be descriptive in their design. In thematic terms, the stories contain parallels reflecting the interests, gifts and other resources of the child or adolescent.
Dieser Beitrag diskutiert drei Typen von Lernen: Lernen durch a) Wiederholung, b) Nachahmung und c) konzeptuelle Konstruktion, d.h. Verstehen. Bei allen drei Formen handelt es sich um Konstruktionen, aber nur von a) haben wir eine Vorstellung, wie dieser Typus funktioniert. Im Hinblick auf b) gibt es jüngere Arbeiten, denen es möglicherweise gelingt, ein Modell des Mechanismus zu beschreiben, der beim Lernen durch Nachahmung aktiv ist. Was den dritten Lerntypus betrifft, so haben wir noch keinen Schlüssel zu seinem Verständnis. Oft ist es sogar schwierig zu zeigen, dass »Verstehen« überhaupt stattgefunden hat.
The paper discusses three types of learning: a) by repetition. (b) by imitation, and (c) by conceptual construction, i.e. understanding. All of them are a form of construction, but only of (a) have we an idea how it works. With regard to (b) there is some recent work that may be successful in providing a model of mechanisms involved in imitation. In the case of (c) we have no clue. It is often even difficult to show that »understanding« has taken place.
Stationäre Einrichtungen der Suchthilfe, die drogenabhängige Eltern mit ihren Kindern aufnehmen, haben die Möglichkeit, präventiv auf eine psychisch sichere Entwicklung der Kinder hinzuwirken. Voraussetzung dafür ist ein therapeutisches Konzept, das sich an den Erfahrungen der Bindungsforschung orientiert und diese in ein Behandlungskonzept integriert. In diesem Beitrag werden zunächst Ergebnisse aus Bindungstheorie und Bindungsforschung vorgestellt. Darauf aufbauend wird ein konzeptioneller Rahmen vorgestellt, der es sich zum Ziel setzt, die Entwicklung von Bindungssicherheit in den Fokus der therapeutischen Arbeit zu rücken. Die Arbeit mit der therapeutischen Beziehung soll nicht nur Anstoß für bindungsbezogene Nachreifungsprozesse bei drogenabhängigen Eltern geben, sondern sich auch auf die Beziehung zu den Kindern auswirken. Indem die bindungsorientierte Arbeit mit den Eltern im Fokus der Therapie steht, kann die sozialemotionale Beziehungsfähigkeit der Kinder durch höhere Bindungssicherheit verbessert werden. Wie sich dieser Ansatz konkret anwenden lässt, wird an einem Fallbeispiel veranschaulicht.
Inpatient addiction-aid institutions admitting drug-dependent parents with their children are in a position to institute preventive measures aimed at ensuring psychic security in the children’s development The prerequisite for the success of such measures is a therapeutic design geared to experience gleaned from attachment research and integrating that experience into treatment strategy. The article begins with a discussion of the findings that attachment theory and attachment research have come up with. On this basis the author then proposes a conceptual framework focusing on the development of attachment security in the course of therapy. Work on/with the therapeutic relationship is designed not only to stimulate (delayed) attachment-related maturation processes in the drug-dependent parents but also to have an impact on their relationships with their children. Focusing on attachment-related work with the parents enhances attachment security in the children, so that their social/emotional relation capacities can be improved. A case vignette indicates how this approach can work in practical terms.
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