Seltene und chronische Erkrankungen gehen häufig mit physischen Einschränkungen, einem ungewissen Verlauf sowie teilweise unheilbarer Symptomatik einher. Die psychosozialen Auswirkungen sind sowohl für Betroffene wie Angehörige vielschichtig und können Gefühle von Angst, Scham, Schuld, Hilflosigkeit und Verzweiflung bis hin zu Depression oder sozialer Isolation umfassen. Gerade wenn die medizinische Unterstützung an ihre Grenzen stößt, kann psychologische oder psychotherapeutische Unterstützung Entlastung im Hinblick auf psychosoziale Belastungen bieten. In der Forschungsliteratur wurden bisher besonders Interventionsmethoden aus der Kognitiven Verhaltenstherapie und der Einsatz von Entspannungstechniken sowie von Biofeedback als effektiv beschrieben. Dieser Artikel gibt einen Überblick über psychosoziale Auswirkungen von seltenen und chronischen Erkrankungen sowie über bereits bestehende Interventionsmethoden. Außerdem zeigt er Möglichkeiten systemischer Therapie bei seltenen und chronischen Erkrankungen auf.
Rare and chronic diseases are frequently associated with physical limitations, an unpredictable course and sometimes incurable symptoms. The psychosocial consquences are diverse, both for the patients and their relatives, and may encompass feelings of anxiety, shame, guilt, helplessness and despair, frequently culminating in depression and social isolation. Where purely medical help comes up against its limitations, psychological or psychotherapeutic support can do much to alleviate psychosocial strains. Research literature has emphasised the efficacy of intervention methods based on cognitive therapy, the use of relaxation techniques and bio-feedback. The article provides an overview of the psychosocial effects of rare and chronic illnesses and of the intervention methods available. It also indicates the potential of systemic therapy for rare and chronic diseases.
Im Zuge der Einführung der elften Version des ICD kann nun die Diagnose Dermatillomanie, auch Exkoriationsstörung genannt, gestellt werden. Diese Klassifizierung stellt sowohl für Betroffene und deren wichtige Bezugspersonen (z. B. Partner:innen, Eltern, Kinder) wie auch für Behandelnde (z. B. Therapeut:innen) eine Erleichterung dar, da nun u. a. auch die Therapiekosten von der Krankenkasse übernommen werden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über das Störungsbild, mögliche Erklärungsmodelle sowie Therapiemöglichkeiten im Sinne systemischer, medizinischer, körperlicher und psychischer »Ent-Störungen«. Dabei werden nicht nur die aktuelle Forschungsliteratur, sondern auch Interviews mit von Dermatillomanie betroffenen Personen und Expert:innen berücksichtigt. Inhaltliche Schwerpunkte umfassen den lebensgeschichtlichen Bezug, psychosoziale Belastungen, das Erscheinungsbild der Diagnose Dermatillomanie, Angebote und Ansätze für die Therapie sowie Möglichkeiten für einen gelingenden Umgang mit der Erkrankung. Abschließend wird ein Blick auf den Verlauf und die mögliche Regeneration gelegt.
The new 11th edition of ICD now allows for dermatillomania (excoriation disorder) as an official diagnosis. This classification is a major relief for patients and their relatives (partners, parents, children) as well as for treatment providers (e. g. psychologists or psychotherapists), not least because therapy costs can now be covered by health insurance schemes. The article provides an overview of the syndrome, models explaining its occurrence and potential therapies holding out prospects for systemic, medical, physical and psychological symptom relief. The article builds not only upon recent research literature but also on interviews with experts and persons affected by skin picking. Major topics are possible biographical links, the psychosocial burden, the presentation and manifestation of dermatillomania, therapeutic offerings and approaches, and prospects for successful engagement with the illness. The article closes with a brief discussion of the course of the illness and potential regeneration.
Soziale Beziehungen gelten als wichtige Ressource für emotionale oder instrumentelle Unterstützung. Studien zeigen Zusammenhänge von sozialen Beziehungen mit Mortalität und Morbidität, Lebensqualität und Krankheitsbewältigung. Wie sich Beziehungen während und nach einer Krebserkrankung, insbesondere bei älteren Menschen, entwickeln, wurde bisher allerdings noch wenig untersucht. Um diesen Aspekt retrospektiv zu erkunden, wurden zehn Betroffene (mittleres Alter: 75 Jahre) mittels teilstrukturierter Einzelinterviews, ergänzt durch Familienbrettaufstellungen, befragt. Die Ergebnisse der qualitativen Inhaltsanalyse weisen auf die Dynamik der sozialen Beziehungen im Krankheitsverlauf und die Bedeutung der Kernfamilie hin. Neben bleibender Annäherung der Kernfamilie wurden Veränderungen in Anzahl und Nähe außerfamiliärer Kontakte beschrieben, die als wichtige Quellen emotionaler und instrumenteller Unterstützung geschätzt wurden. Enkelkinder schienen die Rückkehr in den Alltag zu fördern. Die Ergebnisse dieser kleinen qualitativen Studie zeigen weiteren Forschungsbedarf und unterstreichen die Bedeutung des wiederholten Erfassens sozialer Beziehungen und sozialer Unterstützung im Krankheitsverlauf.
Social relations are considered an important resource for emotional or instrumental support. Studies indicate associations between social relations and mortality, morbidity, quality of life and coping with illness. However, so far only few studies examined the development of social relations during and after cancer in older people. Aiming to explore this aspect retrospectively, ten older persons with a cancer history (average age 75) were interviewed using semi-structured individual interviews supplemented by family board constellations. The findings of the qualitative content analysis cast light on the dynamics of social relations during the course of the disease and the significance of the core family. Alongside the ongoing closeness of the core family, participants described changes in the number and closeness of extra-familial contacts, which they valued as another important source of emotional and instrumental support. Grandchildren seemed to be beneficial to facilitate the return to everyday life. The findings of this small-scale qualitative study indicate the need for further research and underline the significance of a repeated assessment of social relations and social support during disease trajectory.
Anlässlich der Corona-Krise wurde am Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) Mitgliedern aus deutschen Unternehmerfamilien, die sich durch eine mindestens 100-jährige Geschichte auszeichnen, folgende Frage gestellt: Warum sind ihrer Ansicht nach ihre Unternehmen trotz vieler, womöglich existenzgefährdernder Krisen in der Vergangenheit so alt geworden? Dabei gingen wir von der Vermutung aus, dass die erfolgreiche Bewältigung dieser Krisen die Resilienz der Familien und Unternehmen nachhaltig stärkt. Im Rahmen von Narrativen Interviews haben die befragten Familienmitglieder Geschichten erzählt, die für sie beispielhaft sind hinsichtlich ihrer jeweiligen familiären und unternehmerischen Langlebigkeit. Aus diesen Erzählungen, den so genannten Narrationen, wurden Narrative, also erzählerische Bedeutungsrahmen, extrahiert und systematisiert. In diesem Beitrag werden die gefundenen Narrative der vier ältesten befragten Familien vorgestellt.
On the occasion of the COVID crisis, the Witten Institute for Family Businesses (WIFU) approached business families looking back on a 100-year history (or more) and asked them the following question: Despite many sometimes potentially fatal crises in the past, why do you think your businesses have existed for so long? We proceeded on the assumption that success in weathering these storms has lastingly strengthened the resilience of these families and their businesses. In the course of narrative interviews, the members of the families we questioned told us stories that they held to be significant for the longevity of the respective families and businesses. From these stories (referred to here as narrations) we extracted and systematised narrative frameworks designated as »narratives«. This article discusses the narratives of the four oldest families questioned.
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