Wenige Themen können eine Familie so belasten wie ein Erbvorgang. Hier können sich alte Konflikte und ungelöste Familienthemen zuspitzen – mit möglicherweise dauerhaften Schäden für die Familienbeziehungen. Mit dem Thema eng verbunden sind die jeweiligen Vorstellungen von Gerechtigkeit und die sehr unterschiedlichen Logiken, wie diese verstanden werden kann. Die Verrechnungsweisen der Pflichten und Verdienste eines Familienmitglieds unterscheiden sich nach Sicht des Betroffenen und seiner Geschwister nicht selten deutlich voneinander. Manchmal kommen noch »psychologische Kontrakte«, also implizite, angedeutete Versprechungen hinzu, die von Seiten des Empfängers oft ganz anders interpretiert wurden als vom Geber gemeint. Wenn diese Diskrepanz erst durch das Testament enttäuschend »an den Tag« gebracht wird, sind heftige emotionale Turbulenzen zu erwarten.
Few issues place as much stress on family cohesion as inheritance. Smouldering conflicts and unresolved family disputes can come to a head in ways susceptible of doing lasting damage to family relationships. Closely associated with this issue are the notions of justice / fairness entertained by the recipients of a legacy and the very different interpretations of how fairness should be defined. The relative significance of the obligations and merits of individual family members may differ greatly when regarded from their perspective as opposed to that of their siblings. There may also be »psychological contracts« in force, i. e. vague, implicit promises that are frequently interpreted very differently by their recipients from the way in which they were intended. The disappointments that are more or less inevitable when all this is »brought to light« by the reading of the will are likely to lead to intense emotional turbulence at least in some cases.
Das bisher vernachlässigte Thema Erben und Vererben – als ein Beispiel von Geldflüssen in Familien allgemein – bietet aus familienpsychologischer Sicht einen vielversprechenden Ansatz, Einblick in typische Familienmuster zu gewinnen. Materielle Verteilungsmuster haben einen hohen symbolischen Wert und spiegeln die Qualität der einzelnen Familienbeziehungen auf prägnante Weise wider. Für die Eltern ist das Vererben der letzte Akt der Ressourcenvergabe, mit dem sie über ihren Tod hinaus Sorge für ihre Kinder tragen. Die Motive, die Eltern beim Vererben leiten, sind vielschichtig und nicht immer mit der Norm im Einklang, alle Kinder gleich zu behandeln. Unterschiedliche Zuwendungen für einzelne Kinder kommen in der Familie oft ganz anders an, als sie von den Eltern gemeint sind. Erbschaften, die die Erwartung der Gleichbehandlung verletzen, lösen daher heftige emotionale Reaktionen bei den Kindern aus. Daraus resultierende Unstimmigkeiten können bis zum Auflösen von Familienverbänden führen. Für die Kinder ist das Erben häufig ein Kristallisationspunkt geschwisterlicher Rivalität, die von Anfang an durch elterliche Ungleichbehandlung geschürt wird und nun am Ende eine neue Dynamik entfaltet.
From a psychological viewpoint, the hitherto largely neglected topic of inheritance and »who gets what« (as an example of cash flows in families in general) provides us with a promising approach to the investigation of family constellations. Material distribution patterns are highly symbolic and represent a vivid reflection of the quality of individual family relations. For parents, the last will and testament is the final act of resource bestowal with which they provide for their children after death. The motives governing parental decisions on who to leave what are multifarious and do not always conform to the norm of equal shares for all. In families, different treatment for different children is frequently understood quite differently from the way it was intended. Accordingly, inheritances violating the expected »equal shares for all« principle are likely to spark off intense emotional reactions from the heirs. The altercations arising from this can be extreme enough to disrupt family cohesion altogether. For the children, inheriting is frequently a crystallisation point in the sibling rivalry set off by preferential treatment on the part of the parents and culminating in a new spiral all its own.
Der Artikel fasst die Ergebnisse einer dreimonatigen Evaluation des »ich schaff’s«-Programms zusammen, die im Beratungskontext der Schulsozialarbeit einer Hauptschule durchgeführt wurde. Ziel war es, die Wirkung des Programms auf die personen- und umgebungsbezogenen Ressourcen der Schüler:innen im Unterschied zu einer Vergleichsgruppe zu messen. Die Intervention richtete sich an Schüler:innen, die einer Vielzahl von Risikofaktoren ausgesetzt waren und Belastungsreaktionen im schulischen Alltag zeigten. Die Evaluationsergebnisse legen nahe, dass jene Schüler:innen, die nach dem flexiblen 15-schrittigen »ich schaff’s«-Programm beraten wurden, im Gegensatz zur Vergleichsgruppe signifikante Veränderungen im Empathie-, Selbstwirksamkeits- und Selbstwertempfinden erreichen konnten. Hinzu kamen positive Veränderungen im Erleben der schulischen Integration. Die Einführung des Programms in die schulsozialarbeiterische Praxis scheint demnach empfehlenswert. Gleichzeitig sind weitere Evaluationen notwendig, um die Stabilität der Ergebnisse zu überprüfen. Letztlich ermutigen die hier vorgestellten Ergebnisse zu einer evaluationsbegleiteten Praxis, um die feldübergreifende wissenschaftliche Anerkennung systemischer Verfahren weiter zu fördern.
The article summarises the outcome of a three-month evaluation of the »Kids’ Skills!« (
Der Konstruktivismus ist eine paradoxe Angelegenheit. Auf der einen Seite behauptet er, dass die Welt nur eine Konstruktion sei. Auf der anderen Seite belegt er diese Argumentation mit Aussagen über die Welt – etwa über Hirn- oder Kommunikationsstrukturen. Er nimmt an, dass jede Aussage von einem Beobachter getätigt wird – geht aber davon aus, dass diese Annahme auch dann stimmt, wenn gerade kein Beobachter da ist, der sie tätigt. Als erkenntnistheoretische Position findet der Konstruktivismus seine Einheit im Widerspruch. Ernsthaft kann man ihn so kaum vertreten – lachend jedoch schon.
Constructivism is a paradoxical animal. On the one hand, it asserts that the world is just a construction, on the other, it sets out to prove this argument with statements about that same world, e. g. about brain or communication structures etc. Constructivists assume that every statement is made by an observer, but at the same time they assume that this still holds when there are no observers around to make such statements. As an epistemological stance, constructivism achieves its unity via contradiction. As such it is very hard to uphold seriously. But laughter works wonders.
Genogramme sind ein fester Bestandteil in Therapie und Beratung. Der vorliegende Artikel gibt auf Basis einer systematischen Literaturrecherche (Cooper, 2017) einen umfassenden Überblick über die Forschungsliteratur zu Genogrammen. Es werden die Erweiterungen des Standardgenogramms für bestimmte Zielgruppen und Beratungssettings dargestellt und Forschungsergebnisse zum Nutzen von Genogrammen in Ausbildung und Supervision analysiert. Die Notwendigkeit der psychometrischen Überprüfung von Genogrammen wird diskutiert. Die vorgestellte Methode der systematischen Literaturrecherche möchte Forscher*innen dazu einladen, ihre zukünftigen Beratungs- und Therapieforschungen mit diesem Vorgehen zu ›untermauern‹. Der Artikel möchte darüber hinaus Berater*innen und Therapeut*innen inspirieren, verschiedene Erweiterungen der Genogrammarbeit abhängig von Zielgruppe und Setting in der Praxis zu erproben.
Genograms are an integral part of therapy and counselling. Based on a systematic review of the relevant literature (Cooper, 2017), the present article provides a comprehensive overview of the current research literature on genograms. It gives a detailed account of the extensions of the standard genogram developed for specific target groups and counselling settings, presents research findings on the utility of genograms in training and supervision and discusses the need for psychometric testing of genograms. Conceived as a systematic review of the literature, the article aims to invite researchers to underpin the future research on counselling and therapy with this approach. It will encourage counsellors and therapists to test different extensions of genogram work in practice depending on the relevant target group and setting.
Ulrike Borst, Dr. rer. nat., Psychologische Psychotherapeutin. Promotion in den Gebieten Psychiatrie, Psychopharmakologie und Psychoneuroimmunologi...
Ulrike Borst, Dr. rer. nat., Psychologische Psychotherapeutin. Promotion in den Gebieten Psychiatrie, Psychopharmakologie und Psychoneuroimmunologie. Von 1989 bis 2007 in den Psychiatrischen Diensten Thurgau (Schweiz) tätig, u. a. als Leiterin Qualitätsmanagement und in Oberarztfunktion. Seit 1998 Dozentin und Supervisorin, seit 2006 Leiterin am Ausbildungsinstitut für systemische Therapie und Beratung in Meilen und Zürich. Psychotherapeutische Praxis in Zürich und in Konstanz. Lehrtherapeuti...
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