Kindliche Reaktionen auf Trennung und Scheidung werden vor dem Hintergrund der aktuellen Forschung erörtert. Es wird der Standpunkt vertreten, daß die Bewältigung des Trennungs- bzw. Scheidungsgeschehens durch das Kind sowohl mit kindlichen Charakteristika, wie Entwicklungsstand, Geschlecht und Temperament als auch mit Faktoren des familialen Systems, wie familiales Konfliktniveau, Kompetenz des sorgeberechtigten Elternteils, Qualität der Beziehung des Kindes zum nichtsorgeberechtigten Elternteil, gewählte Sorgerechtsregelung und gegenwärtiger Status der Familie zusammenhängt. Darüber hinaus bestimmen Faktoren des Exo- und Makrosystems die Art und Weise mit, wie ein solches Ereignis durch das Kind bewältigt wird. Mittel- und langfristige Auswirkungen von Scheidung auf die kindliche Entwicklung werden thematisiert. Schließlich wird die Frage nach der transgenerativen Transmission behandelt. Der Verfasser vertritt die Auffassung, daß nur mit Hilfe eines komplexen, multifaktoriellen Modells die Bewältigung der Transition infolge einer Trennung bzw. Scheidung und der dadurch eingeleiteten Reorganisation im Familienentwicklungsprozeß angemessen erklärt werden kann.
Children’s reactions to separation and divorce are discussed against the background of current research. It is argued that a child copes with divorce and separation according to its individual characteristics like state of development, sex and temperament on the one hand, and by the factors concerning the family system such as family conflict, competence of the custodial parent, quality of the child’s relation to the non-custodial parent, the chosen form of custody, and the current status of the family on the other hand. In addition, factors of the exosystem and macrosystem contribute to the way a child masters such an event. Immediate and long term consequences of divorce on the child’s development are discussed. Finally the question of transgenerative transmission is considered. The author suggests that transition caused by separation or divorce and, consequently, the reorganisation of the family development process can only be adequately explained on the basis of a complex multi-factorial model and within a family-transition-approach.
Es wird ein Einblick in den aktuellen Forschungsstand zu Auswirkungen elterlicher Konflikte auf die Entwicklung von Kindern gegeben. Ein Schwerpunkt in neueren Studien ist die Einbeziehung der Perspektive des Kindes. Es wird angestrebt, Zusammenhänge zwischen der Wahrnehmung und der Bewertung elterlicher Konflikte durch die Kinder und ihren Reaktionen zu erklären. Dabei werden Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen deutlich. Einige Überlegungen zur Bedeutung der Befunde für die praktische Arbeit werden angestellt.
Children’s perception of and coping with parental conflict. — The current research literature concerning the consequences of parental conflicts on the development of children is reviewed. Some explanations regarding the relation between children’s perception and assessment of parental conflicts and children’s reactions are presented. The findings indicate some gender differences. Implications or research results for practical work are discussed.
Bowlbys Bindungstheorie hatte während der letzten 25 Jahre einen großen Einfluß auf die entwicklungspsychologische Forschung. Die empirischen Untersuchungen, in denen Bowlbys Konzepte kongenial umgesetzt wurden, stützen sich dabei auf verhaltensbiologische Methoden der klassischen Ethologie. Wegen der lebenslauforientierten Perspektive und der besonderen Bedeutung der emotionalen Kommunikation im Säuglingsalter basieren längsschnittliche Befunde überwiegend auf der Beobachtung der Anfänge der Entwicklung unterschiedlicher Bindungsqualitäten im Kleinkindalter. Seit der Entwicklung des "Adult Attachment Interview" durch Mary Main ist auch die Erfassung von "Bindungshaltungen" als ein Aspekt des "inneren Arbeitsmodells von sich selbst und anderen" in Bindungsbeziehungen (Bowlby) möglich geworden. In eigenen Untersuchungen konnten elterliche Bindungshaltungen mit denen ihrer 16jährigen Kinder verglichen werden, deren Entwicklungswege bereits seit der Geburt untersucht wurden. Die von Bowlby genannten fünf Perspektiven therapeutischen Tuns finden durch die Bindungsforschung eine erfahrungswissenschaftliche Grundlage. Wichtig ist die Förderung des Realitätsbezugs bei solchen Klienten, die diesen aufgrund unsicherer Bindungsbeziehungen durch weniger wirklichkeitsbezogene Vorstellungen ersetzt haben. Der Realitätsbezug soll mit Hilfe des Therapeuten als sichere Basis wiedererlangt werden.
Attachment in infancy and the development of individual psychodynamics across the lifespan. — Attachment research is founded on clinically based attachment theory. It has been adopted originally mainly by developmental psychologists. It reaches from 1) ethologically inspired observations of maternal sensitivity to the baby’s signals and the baby’s behavioral strategies to 2) mother as a secure base in a strange situation (Ainsworth), to 3) consequences in later childhood, adolescence, and even adulthood, and to 4) assessment of attachment representation (Main) as an aspect of the "inner working model of self and others in attachment relationships" (Bowlby). The Adult Attachment Interview has been used with parents as well as youngsters, who have been observed longitudinally for 16 years in our own studies. Attachment research provides a useful empirical basis for understanding life courses within as well as outside the range of normal development. It adds a necessary developmental perspective to some established clinical insights. Bowlby’s five perspectives of therapeutic intervention are based on attachment theory and research and are empirically testable. This may help to bridge the dissatisfying gap between research in developmental psychology and psychotherapy in the near future.
Wo Bindungsforschung sich vorrangig auf das Binnenverhältnis von Mutter und Kind konzentriert, sind damit, zumindest latent, mögliche Wertungen und Schuldzuweisungen verbunden. Deshalb wird hier für eine "soziale Öffnung" der Bindungsforschung plädiert, die Bindungen auch in ihrem sozialen Umfeld betrachtet, im Bezugsrahmen der konkreten Lebensbedingungen, die heute den Alltag junger Familien bestimmen. Dann erst wird sichtbar, wie das Verhalten von Müttern wie Vätern nicht nur aus individuellen Motivationen (Fähigkeiten, Unfähigkeiten) entsteht, sondern auch aus dem strikten Zeitregime der Moderne, dem Frauen und Männer ausgesetzt sind.
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