Wenn es um Gewalt in Beziehungen geht, werden oft feministische und systemische Standpunkte gegeneinander ausgespielt. Hier wird die Ansicht vertreten, daß beide ihre Berechtigung haben, auch wenn sie widersprüchlich erscheinen. Widersprüche müssen sich nicht ausschließen. Der Feminismus besteht mit Recht darauf, Beziehungsdilemmata innerhalb des sozialpolitischen und historischen Raums und moralischer Kriterien zu sehen. Systemtherapie versucht Wege zu finden, um dieser Verpflichtung nachzukommen, ohne auf starre Formulierungen, Erklärungen und Lösungen zurückzugreifen.
Making Room for Both/And — Where violence in relationships is concerned, feminist and systemic viewpoints are often played off against each other. This paper argues that both are justified even though they may seem contradictory. Contradictions are not necessarily exclusive. The feminist view justly insists on locating relational dilemmas in sociopolitical space, in history and within moral categories. Systemic therapy is trying to find ways to meet these commitments without resorting to rigid and prefabricated formulations, explanations, interventions or solutions.
Angesichts einer Berichterstattung, die von einer zunehmenden und weit verbreiteten Gewaltbereitschaft ausgeht, stellt sich die Frage, ob sich Gewalt ohne Rückgriff auf biologische Ursachen oder ethisch-moralische Defizite plausibel erklären läßt. Dazu werden im familien- und paardynamischen Kontext die Handlungskonsequenzen des Wertes »Liebe« und die Versuche zur Herstellung von Gewißheit untersucht. Im gesellschaftlich-politischen Kontext wird die Gewalt der Vernunft, die sich mit der Verheißung der Eindeutigkeit verbindet, am Beispiel des Holocaust und der Ergebnisse der Milgram-Experimente analysiert. Den Abschluß bildet ein paradoxieträchtiges Plädoyer für die Gewißheit des Ungewissen und für den Respekt vor der Respektlosigkeit.
The violence of certainty — The uncertainty of violence. About the relations of love, reason and violence. - In view of reports proceeding on the assumption that readiness to use violence is increasing and widely spread, the question arises whether violence is explicable without falling back on biological causes or ethic-moral deficits. In this respect, in the family- and couple-dynamic context the consequences of the value »love« and the attempts to produce certainty is investigated. In the social-political context, the violence of reason and rationalism, which connects with the promise of clearness, is analyzed taking as an example the Holocaust and the results of the Milgram experiments. As a conclusion a paradoxful plea in favour of the certainty of incertainty and the reverence of irreverence is taken.
In diesem Artikel soll untersucht werden, ob das konstruktivistische Denken bei der Arbeit mit Kindesmißhandlung eine nützliche Rolle spielen kann. Es werden charakteristische Merkmale dieser beiden Bereiche aufgezeigt und ihre Unterschiede hervorgehoben. Danach werden ihre Konvergenzen untersucht. Insbesondere wird behauptet, daß - entgegen einer heute weitverbreiteten Auffassung - ein systemischer Standpunkt zur Erklärung von Machtfragen in der menschlichen Interaktion herangezogen werden kann. Außerdem wird darauf hingewiesen, daß der Problembereich der Kindesmißhandlung in unserer Gesellschaft zwar in ein Netz positivistischer Praktiken einbezogen ist und deshalb den Eindruck einer starren Einheit vermittelt, in Wirklichkeit aber sozial konstruiert ist und deshalb verändert werden kann. Das Potential der konstruktivistischen Therapie zur Auflösung der Fixierungen und eskalierenden Gegensätze in Fällen von Kindesmißhandlung wird erörtert. Ferner wird die einem großen Teil der konstruktivistischen Therapie zugrundeliegende Ansicht, es gäbe keine objektive Realität, als redundant und für die konstruktivistische Praxis im Bereich der Kindesmißhandlung nutzlos betrachtet.
Constructivism and Child Abuse. — This paper sets out to explore whether constructivist thinking has a useful role to play in child abuse work. Distinguishing features of these two fields are noted and their points of difference highlighted. Convergences are then examined. In particular, it is argued that contrary to much current thinking, a systemic view can account for power issues in human interaction. It is also suggested that while the domain of child abuse in our society is embedded in a network of positivist practices and has therefore the appearance of a fixed entity, it is in fact socially constructed and open to change. The potential of constructivist therapy to dissolve some of the fixity and escalating opposition in cases of child abuse is discussed. Finally, the view that there is no objective reality, from which much constructivist therapy sprang, is considered to be redundant and unhelpful in constructivist practice in the field of child abuse.
Der vorliegende Beitrag beschreibt die systemisch verbundene Intervention bei einem Sexring in einer Vorschuleinrichtung, bei dem 64 Kinder im Alter von 3-6 Jahren und deren Eltern betroffen waren. Die kinderpsychiatrische Untersuchung unmittelbar nach der Aufdeckung hatte eine erheblich erhöhte psychiatrische Auffälligkeit der sexuell mißhandelten Kinder ergeben. Zunächst war nur ein Täter, später mehrere Personen, darunter zwei Frauen, verdächtigt worden. Die Integration von Aufdeckungs- und Traumaarbeit im traumaorganisierten System der Multifamiliengruppe bei sexueller Kindesmißhandlung als Syndrom von Geheimhaltung wird beschrieben.
Children and families in the trauma-organized system of sex rings. — The paper describes the systemically integrated intervention in a sex ring of preschool children in which 64 children aged three to 6 years had been involved. The child psychiatric assessment immediately after disclosure showed a significantly increased psychiatric morbidity in the abused children. The integrated disclosure work and trauma work of the multifamily group in the trauma-organized system of sexually abused children is outlined and described.
Der aktuelle gesellschaftliche Diskurs der Gewalt erschwert zunehmend ressourcenorientierte Sichtweisen und Handlungsstrategien und wird daher in gewisser Weise selbst zum Bezugspunkt für einen systemischen, kontextuellen Ansatz im Umgang mit familialer Gewalt. Nach der Beschreibung einiger wichtiger systemtheoretischer Prämissen werden Bausteine eines psychoanalytisch-systemischen Konzeptes familialer Gewalt präsentiert. Dabei wird die Bedeutung der bindungstheoretischen Modelle von J. Bowlby und N. Bischof für das Verständnis der motivationalen Voraussetzungen gewaltsamer Konfliktlösungen betont, deren Gewicht in vielen systemischen Konzepten unterbewertet wird. Ein Fallbeispiel demonstriert die rasche Entwicklung eines Problemsystems der Gewalt und macht deutlich, daß sich im Falle der Veröffentlichung von Mißhandlung, Vernachlässigung oder sexuellem Mißbrauch von Kindern regelmäßig ein expliziter oder impliziter Zwangskontext etabliert, der die Auftragslage des Therapeuten bestimmt. Abschließend werden einige daraus resultierende Probleme und Anforderungen für eine systemische Therapie im Zwangskontext dargestellt.
Violence in Families; System Dynamics and Therapeutic Consequences. — The current social discourse on violence is increasingly impeding the development of resource oriented strategies and, therefore, becomes a point of reference in itself for a systemic, contextual, approach in the field of family violence. Based on some important systemic premises components of a psychoanalytic systemic concept of family violence will be presented. In the course of the work of J. Bowlby and N. Bischof special importance is given to attachment theory which provides some understanding of the motivational preconditions of violent conflict behaviour whose significance is often underestimated by systemic approaches. A case example shows the rapid development of a problem determined system around family violence which illustrates that therapy is regularly - explicitly or implicitly - embedded in a coercive context as soon as child abuse, neglect or child sexual abuse has been made public. The mandate of the therapists is highly dependent on the structure of this coercive context. Concluding, some problems and challenges for systems therapy which arise out of this situation will be unfolded.
Das Faustrecht unter Kindern, Streit und handfeste Schlägereien auf dem Pausenplatz und dem Schulweg oder zu Hause, erschrecken uns Erwachsene oft durch ihre Heftigkeit und Unerbittlichkeit. Den biologischen, psychologischen und sozialen Wurzeln aggressiven und destruktiven Verhaltens wird nachgegangen. Daraus ergeben sich Grundlagen für die therapeutische Praxis und für die Prävention von Gewalttätigkeiten.
Fighting of Children. First approach to the subject: School-boys’ violent behavior. — Fighting and other violent behavior of children often alarms parents by its passion and vehemence. The biological, psychological and social roots of aggressive and destructive behavior are examined. Consequences for therapeutic practice and prevention of violent behavior are discussed.
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