Die Trennung, der Wechsel von Kindern aus der Familie in das Heim, erfolgt aufgrund schwerster Familienkrisen und bedeutet nicht allein für das Kind, sondern für alle Familienmitglieder eine grundlegende Veränderung der Lebenssituation. Durch diesen Wechsel werden aus einer Familie praktisch zwei. Vor allem die betroffenen Kinder müssen Loyalitäten und Bindungen zu »mehreren Eltern« eingehen. Dabei kommt es häufig zwischen Eltern, Kindern und Erziehern zu unterschiedlichen Spannungen, zu heftigen gegenseitigen Vorwürfen und Entwertungen oder zu unproduktiven Rivalitäten, die im Alltag viel Kraft kosten. Mit einer begleitenden Familienarbeit, welche die leiblichen Eltern ebenso wie die »Zweit-« oder »Ersatz-Eltern« im Heim einbezieht, sind jedoch konstruktive Lösungen und tragfähige Kompromisse möglich.
Die mehrjährige Tätigkeit in einem »Städtischen Waisenhaus«, in einem Heim, das der Aufnahme und Betreuung von Kindern und Jugendlichen im Rahmen der Jugendhilfe dient, haben zu Beobachtungen und Erfahrungen, zu familientherapeutisch-systemischen Überlegungen und Interventionen geführt, die hier zusammengefaßt vorgestellt werden. Dabei handelt es sich im Bereich der Heimerziehung weitgehend um familientherapeutisches Neuland. Folgende Einblicke und Perspektiven bleiben deshalb vorläufig, verstehen sich als Problemannäherung, als »Hypothesenbildung« zur Einkreisung bestimmter Beziehungsthemen und -konflikte im jeweiligen Beziehungsfeld zwischen Herkunfts- und »Heim-Familie«.
Children in a children’s home. Do they have several parents? — The separation of a child from his family and his moving to a home, for example an orphanage, means a fundamental change in the life not only of the child but also of all other members of the family. One family virtually turns into two families. The children, in particular, have to build up and maintain relationships and loyalties with more than two parents. This frequently leads to manifold tensions between parents, children, and home educators, to serious mutual accusations, deprecating statements and unproductive rivalries, all of which cost much energy in everyday life. Therapeutic work with these families which includes both the real parents and the “deputy” parents in the home may, however, bring about constructive solutions.
Die nachstehenden Überlegungen widmen sich den Voraussetzungen und Besonderheiten der therapeutischen Arbeit bei Familiensystemen mit nichtleiblichen Kindern. Am Beispiel der Therapie mit Pflege- und Adoptivfamilien werden relevante systemische Eigenschaften und familiendynamisch wichtige Themen dieser Familiensysteme skizziert und einige Leitgedanken zur Planung und Durchführung der Therapie vorgeschlagen.
The therapeutic basis in family systems with non-natural children. — The following considerations deal with the preconditions and special features of therapeutic work in family systems with non-natural children. Based on the example of the therapy with foster and adoptive families the relevant systemic characteristics and the subjects important for the family dynamic of these family systems are demonstrated and some basic ideas of how to plan and carry out the therapy are presented.
Die Pflegefamilie kann als Spezialform der Stieffamilie verstanden werden; zeichnet sich die Stieffamilie dadurch aus, daß eines oder mehrere Kinder nur mit einem Elternteil verwandt sind, so besteht in der Pflegefamilie überhaupt keine verwandtschaftliche Beziehung zu den Elternteilen. Eine Aufweichung der Familiengrenzen liegt nahe, weil die Herkunftsfamilie des Pflegekindes und obendrein auch der Amtsvormund in die Familie hineinwirken. Es sind also (mindestens) drei Systeme, die hier miteinander interagieren und gegen die sich die Pflegefamilie meist nicht genug abgrenzen kann. Aus dieser strukturellen Konstellation heraus resultieren bereits eine Fülle individual- und systempathologisch bedeutsamer Probleme.
Doch damit nicht genug: Die Probleme fangen bereits früher an; sie sind u. a. in der Herkunftsfamilie des Kindes und der Motivation der Pflegeeltern zu suchen, überhaupt ein Pflegekind zu sich zu nehmen. Das Pflegekind sieht sich, wenn es in die Familie kommt, einer Vielzahl von Erwartungen von seiten der Pflegeeltern gegenüber. Diesen Erwartungen wird es jedoch häufig nicht gerecht, weil es vor seiner Aufnahme in die Pflegefamilie meist langanhaltenden psychosozialen Belastungen ausgesetzt war.
Structural problems of foster families. Possibilities and limits of self-help — The foster-family can be perceived as a special form of the stepfamily; a feature of the step-family is, however, that one or more of the children are related to only one parent, whereas there are no relations to the parents in a foster-family. It is obvious that there are no strict family boundaries because the original family of the foster-child has a certain influence on the foster-family and in addition to that there is the guardian of the foster-child who also has an effect on the foster-family. Thus, there are (at least) three interacting systems and very often the foster-family cannot delimitate itself clearly from them. This structural constellation alone leads to a lot of important problems as regards the individual pathology and systems pathology. But that is not all: The problems start even before that, they can, e.g., be found with the family of origin of the child, the motivation of the foster-parents, i.e., their decision to have a foster-child. The foster-parents have various expectations towards the foster-child at the time when it is taken into the family. Very often these expectations cannot be fulfilled, because prior to its accommodation with the fosterfamily the child was exposed to a continuous psycho-social stress.
Für die Plazierung weiblicher Jugendlicher in einem Therapieheim wird streng unterschieden zwischen zwei Prozessen: dem Verfahren der Zuweisung, welches außerhalb des Heims bei zuweisenden Instanzen und der Familie abläuft, und dem Prozeß der Aufnahme, welcher in den Zuständigkeitsbereich des Heims selber fällt. Allerdings wird sehr darauf geachtet, daß auch in diesen Prozeß sowohl die Familie wie die externen Stellen mit einbezogen werden.
Placing and admission of adolescent girls in a therapeutic institution. — The rigour of the process of admission in an institution for adolescents is central to the author’s thoughts. To obtain the best possible coherence in the psychosocial procedure and to warrant the greatest possible success in the therapeutic process, he emphasizes the importance of distinguishing and dealing separately with the placing of the adolescents by the authorities and the family on one hand and the procedure of admission itself, which is the responsibility of the institution, on the other hand.
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