Der Schutz vor interpersoneller Gewalt gewinnt auch im organisierten Sport zunehmend an Bedeutung. Auf Ebene der Verbände und Landessportbünde existieren bereits zahlreiche Angebote, um Vereine bei der Präventionsarbeit insbesondere gegen sexualisierte Gewalt zu unterstützen. Im Rahmen dieser Studie wird untersucht, inwieweit Schutzmaßnahmen des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen bei Mitgliedern in Sportvereinen bekannt sind. Die Ergebnisse zeigen, dass die Angebote insgesamt noch zu wenig bei Vereinsmitgliedern bekannt sind. Betroffene von sexualisierter Gewalt kennen die Maßnahmen signifikant häufiger als diejenigen, die keine Gewalterfahrungen im Sport haben. Es erscheint daher notwendig, neue Erkenntnisse zu verschiedenen Formen von interpersoneller Gewalt in die Schutzmaßnahmen einfließen zu lassen, die Implementierung in den Vereinen aktiv zu fördern und gleichzeitig Schutzmaßnahmen institutionsübergreifend zu bündeln.
Protection against interpersonal violence is also becoming increasingly important in organized sport. There are already numerous offers at the level of associations and state sports associations to support clubs in their prevention work, particularly against sexual violence. This study examines the extent to which protective measures taken by the State Sports Association of North Rhine-Westphalia are known to members of sports clubs. The results show that overall there is still too little awareness of the offers among club members. Those affected by sexual violence are significantly more likely to be aware of the preventive measures than those who have no experience of violence in sport. It therefore appears necessary to incorporate new findings on various forms of interpersonal violence into protective measures, to actively promote implementation in clubs and at the same time to bundle protective measures across institutions.
Wesentlicher Bestandteil des DDR-Leistungssportsystems war neben der Sichtung, Selektion und der umfassenden Trainingsprogramme das Staatsdoping. Die politisch gewollten und systematischen Vergaben der verschiedenen Präparate, wie z. B. anaboler Steroiden, unterlagen einer vehementen Geheimhaltung und einer engen Kooperation des Ministeriums für Staatssicherheit mit Trainern, Sportmedizinern, Funktionären und Wissenschaftlern. Insbesondere die minderjährigen Athleten erhielten diese ohne ihr Wissen und gegen ihren Willen. Obgleich den Verantwortlichen bereits Anfang der 1970er-Jahre die erheblichen Nebenwirkungen der Steroidvergaben bekannt und auch bei den Athlet:innen zunehmend wahrzunehmen waren, erfolgten die Vergaben bis zur Friedlichen Revolution weiter. Damit verstießen sie bereits damals gegen eigene Gesetze. In diesem Beitrag werden die Abläufe und Hintergründe des dopinggestützten Trainings im DDR-Sport beschrieben und Risikofaktoren, die auch den heutigen Sport betreffen können, benannt. Etwa 15 000 Athlet:innen waren in das zwangsweise DDR-Staatsdoping einbezogen, und viele von ihnen leiden bis heute unter gravierenden physischen und psychischen Folgen.
In addition to screening, selection and comprehensive training-programs an essential component of the GDR competitive sports system was state-supported doping. The politically desired and systematic distribution of various preparations, such as anabolic steroids, was subject to vehement secrecy and close cooperation between the Ministry for State Security (Stasi), trainers, sports medicine, officials and scientists. The underage athletes in particular received these without their knowledge and against their will. Although those responsible were already aware of the significant side effects of steroid administration at the beginning of the 1970s and were increasingly noticeable among athletes, the administration continued until November 1989. In doing so, they were already violating their own laws at the time. This article describes the processes and information of doping-supported training in GDR sport and identifies risk factors that can also affect today’s sport. Around 15 000 athletes were involved in compulsory GDR state-supported doping and many of them still suffer from serious physical and psychological consequences to this day.
Den DDR-Leistungssport zeichnete neben seiner politischen Instrumentalisierung, dem umfassenden körperlichen und psychischen Zugriff auf die Athlet:innen und den mit einer erfolgreichen Leistungssportkarriere verbundenen Gratifikationen u. a. ein staatliches Dopingsystem aus, von dem auch Minderjährige unwissentlich betroffen waren. Mittels des qualitativ-interpretativen Forschungsansatzes der »Reflexive Grounded Theory«-Methodologie wurden autobiografisch-narrative Interviews ausgewertet, um zu untersuchen, welche biografischen Verläufe und Selbstnarrative vor dem Hintergrund der DDR-Leistungssporterfahrung konstruiert werden. Anhand der Fallgeschichte einer ehemaligen DDR-Leistungssportlerin, welche heute anerkanntes Dopingopfer ist, werden typische Erfahrungen von Fremdbestimmung, Vereinnahmung und Unterdrückung Minderjähriger durch eine DDR-Fürsorgeinstitution illustriert. Besondere Berücksichtigung findet die Verwobenheit mit Gewalterfahrungen im eigenen Elternhaus. Die biografische Leidensentwicklung bezieht sich dabei sowohl auf somatische Schäden durch das unwissentliche Doping und überanstrengende Training als auch auf eine psychische und biografische Beeinträchtigung durch eine gescheiterte Identitätssuche.
In addition to its political instrumentalisation, the extensive physical and psychological access to the athletes and the gratification associated with a successful competitive sports career, the GDR competitive sport was distinguished among other things by a state doping system, which unwittingly affected minors. Using the qualitative-interpretative research approach of the Reflexive Grounded Theory Methodology, autobiographical-narrative interviews were evaluated in order to examine which biographical courses and self-narratives are constructed against the background of the GDR competitive sports experience. Case history of a former GDR competitive athlete, who is now a recognised victim of doping, illustrates typical experiences of heteronomy, appropriation and oppression of minors by a GDR welfare institution. Particular consideration is given to the interconnectedness with experiences of violence in her own parents’ home. The biographical development of suffering refers to somatic damage caused by unwitting doping and over-straining training, as well as psychological and biographical impairment caused by a failed search for identity.
Obwohl die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) mit den leitliniengerechten Psychotherapieverfahren häufig gut und sicher behandelt werden kann, ist ein entsprechendes Vorgehen bei einer signifikanten Anzahl der Betroffenen nicht (ausreichend) wirksam oder für diese nicht unmittelbar nutzbar. Es ist daher von praktischer Relevanz, dass durch verschiedene Formen von körperlicher Aktivität ein störungsspezifischer Behandlungseffekt erzielt werden kann. Insbesondere ein Ausdauer- und Kraftraining sowie Yoga haben sich in diesem Zusammenhang als Monotherapie bzw. als Augmentationsstrategie für eine traumafokussierte Expositionstherapie als wirksam erwiesen. Während in Bezug auf die zugrunde liegenden biologischen und psychologischen Mechanismen noch relativ wenige Befunde vorliegen, zeichnen sich bereits aktivitätsbezogene Faktoren ab, die einen Einfluss auf den Behandlungserfolg bei der PTBS haben können. Für die suffiziente Implementierung der Intervention in der klinischen Praxis ist wichtig, erkrankungsimmanente Empfindlichkeiten und Defizite in der Therapieplanung zu berücksichtigen und gegebenenfalls die Motivation zur Initiierung und Aufrechterhaltung von körperlicher Aktivität gezielt zu fördern.
Trauma-focused psychotherapies are effective and safe in the treatment of posttraumatic stress disorder (PTSD). A significant number of patients, however, do not respond effectively to these approaches and appropriate techniques are not available for all cases. Therefore, it is of practical relevance that randomized-controlled trials have demonstrated a disorder-specific effect of physical activity in this condition. In this context, aerobic exercise, resistance training and yoga are effective as a stand-alone treatment and as an augmentation strategy for prolonged exposure therapy, respectively. Knowledge about the underlying psychological and biological mechanisms is still limited, but clinical data point to specific training-related parameters that may influence the therapeutical impact of physical activity in PTSD. A consideration of the specific vulnerabilities of patients in the context of physical activity seems to be mandatory in order to realize the full potential of the intervention.
Hintergrund: Ziel der Studie ist die Untersuchung der Häufigkeit von Missbrauchs- und Vernachlässigungserfahrungen (MBVE) bei inhaftierten Frauen und ob diese im Zusammenhang mit Kriminalitätsfaktoren stehen. Darüber hinaus soll die Bedeutung der MBVE-Erfahrungen für die Gestaltung der Resozialisierung diskutiert werden. Methodik: Zwischen September 2018 und Oktober 2020 wurden in drei Justizvollzugsanstalten (JVA) in NRW 96 inhaftierte Frauen befragt. Die Fragebögen erfassten demografische Daten, Kriminalitätsfaktoren sowie MBVE in der Kindheit. Ergebnisse: 82,1 % (n = 78) der inhaftierten Frauen berichten über MBVE, fast zwei Drittel von schweren / extremen MBVE in der Kindheit. Die Häufigkeiten sind im Vergleich mit der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöht. Inhaftierte Frauen mit MBVE sind jünger bei der ersten Straffälligkeit und weisen einen größeren Umfang der Straffälligkeiten (z. B. Anzahl der Straffälligkeiten, Haftdauer) auf als die ohne MBVE. Diskussion: Inhaftierte Frauen sind hinsichtlich MBVE hoch belastet. Die Bedeutung dieser Erfahrungen für die Gestaltung der Resozialisierung in der JVA wird erörtert. In der Annahme, dass MBVE den Resozialisierungsprozess negativ beeinflussen, sollten diese als Rahmenbedingung beachtet werden.
Background: The study aims to examine how frequently imprisoned women report experiences of abuse and neglect (MBVE) and whether these are connected to factors of crime. The significance of these experiences for developing approaches to promote social rehabilitation will also be discussed. Methodology: 96 imprisoned women in three correctional facilities in North Rhine-Westphalia [NRW] were surveyed between September 2018 and October 2020. The questionnaire captured demographic data, factors of crime, as well as MBVE in childhood. Results: 82.1 % (n = 78) of the imprisoned women report MBVE, almost two thirds of them experienced severe / extreme MBVE in their childhood. The rates are significantly higher in comparison to the general population. Imprisoned women with MBVE are younger at the time of their first delinquency and show a greater scope of delinquencies (e. g. number of delinquencies, length of incarceration) than those without MBVE. Discussion: Imprisoned women are heavily burdened with regard to MBVE. The significance of these experiences for shaping resocialization in the context of correctional facilities will be discussed. Following the assumption that MBVE have a negative impact on the social rehabilitation process, they should be considered as a part of the framework.
Gruppentherapien für Traumafolgestörungen werden weltweit in vielen verschiedenen und häufig wenig standardisierten Verfahren durchgeführt. Bisherige Metaanalysen konnten bei dieser Heterogenität noch keine wirksamen Konzepte identifizieren. In Leitlinien ist deshalb nur die Empfehlung möglich, dass Gruppentherapie zur Behandlung der PTBS effektiver ist als keine Therapie. Neuere Studien zu traumafokussierten Gruppenkonzepten wie der Cognitive Processing Therapy (CPT) geben Hoffnung, dass sich die Datenlage ändert. Deshalb wird in diesem Artikel neben einer Literaturzusammenfassung zur Gruppentherapie bei Traumafolgestörungen dieses Verfahren näher dargestellt.
Group therapies for trauma-related disorders are carried out worldwide using many different and often poorly standardized procedures. Previous meta-analyses have not yet been able to identify effective concepts given this heterogeneity. The guidelines can therefore only recommend that group therapy for treating PTSD is more effective than no therapy. Recent studies on trauma-focused group concepts such as Cognitive Processing Therapy (CPT) provide hope that the data situation is changing. Therefore, in addition to a literature summary on group therapy for trauma-related disorders, this article presents this procedure in more detail.
Silke Birgitta Gahleitner, Prof. Dr., lehrt »Klinische Psychologie und Sozialarbeit« an der Alice Salomon Hochschule in Berlin und leitet die Arbei...
Silke Birgitta Gahleitner, Prof. Dr., lehrt »Klinische Psychologie und Sozialarbeit« an der Alice Salomon Hochschule in Berlin und leitet die Arbeitsgruppe »Psychosoziale Traumaarbeit, Traumaberatung und Traumapädagogik« der DeGPT.
Heide Glaesmer, Prof. Dr., ist stellvertretende Leiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Lei...
Heide Glaesmer, Prof. Dr., ist stellvertretende Leiterin der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie der Universität Leipzig und Leiterin der dortigen Arbeitseinheit »Psychotraumatologie und Migrationsforschung«.
Ingo Schäfer, Prof. Dr. med., aktuell leitet er die Spezialambulanz für Traumafolgestörungen und die OEG-Ambulanz am UKE, das Hamburger Behandlungs...
Ingo Schäfer, Prof. Dr. med., aktuell leitet er die Spezialambulanz für Traumafolgestörungen und die OEG-Ambulanz am UKE, das Hamburger Behandlungszentrum für geflüchtete Menschen mit Traumatisierungen, einen Schwerpunkt zur integrierten Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Borderline-Störung sowie den Arbeitsbereich Suchtmedizin und Abhängiges Verhalten. Seine aktuellen Forschungsschwerpunkte betreffen neben komplexen Traumafolgen und Komorbiditäten die Versorgung akuter Traumatisie...
Prof. Dr. med. Carsten Spitzer studierte Medizin in Aachen und Lübeck. Er promovierte bei Prof. Dr. Harald J. Freyberger (einem der Gründung...
Prof. Dr. med. Carsten Spitzer studierte Medizin in Aachen und Lübeck. Er promovierte bei Prof. Dr. Harald J. Freyberger (einem der Gründungsherausgeber dieser Zeitschrift) zu Patienten mit Konversionsstörungen und beschäftigt sich seither klinisch und wissenschaftlich mit dem Konstrukt der Dissoziation und der Psychotraumatologie.
Als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie leitete er von 2012 bis 2019 als Ärztlicher Dir...
Bestell-Informationen
Service / Kontakt
Kontakt