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Trauma & Gewalt, 2013, Jg. 7, Ausgabe 3

Trauma & Gewalt, 2013, Jg. 7, Ausgabe 3

Themenheft Dissoziation

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.08.2013
ISSN print: 1863-7167 / ISSN digital: 2510-4225

Details


Editorial
Trauma und Gewalt – Dissoziation
Formate: pdf
Carsten Spitzer
Seite 177 - 177
Forum
Kommentar zum Zeitgeschehen
Prostitution ist Gewalt, kein Gewerbe!Vom Scheitern juristischer Schnellschüsse
Formate: pdf
Wolfgang U. Eckart
Seite 180 - 181
Wissenschaft
Diagnostik Dissoziativer Störungen in der ambulanten und stationären Behandlung
Theorie und Praxis

Für die Behandlung schwerer dissoziativer Störungen, insbesondere der Dissoziativen Identitätsstörung stehen in Deutschland Behandlungsleitlinien, differenzierte ambulante und auch stationäre Behandlungsangebote, vor allem aber auch validierte diagnostische Instrumente zur Verfügung. Dennoch scheitert eine konsequente Behandlungsplanung häufig bereits an der fehlenden Diagnosestellung bzw. -akzeptanz. So münden unbehandelte und nicht diagnostizierte Dissoziative Störungen häufig in eine unbefriedigende Odyssee, die aufgrund unterschiedlichster Diagnosen und Behandlungsstrategien zum Teil Jahre dauern kann.
Eine Evaluation von Zuweisungsdiagnosen im Vergleich zu strukturiert gesicherten Diagnosen während der Behandlung zeigt die Problematik einer nahezu fehlenden Diagnosestellung dissoziativer Störungen in der klinischen Praxis im ambulanten und stationären allgemeinpsychiatrischen Setting auf. Vor diesem Hintergrund werden klinisch relevante diagnostische Instrumente vorgestellt und ihr Einsatz an einem Fallbeispiel diskutiert.

Diagnosing Dissociative Disorders in Inpatient and Outpatient Settings – Theory and practice
In Germany, severe dissociative disorders, notably the dissociative identity disorder, can be treated with the aid of a number of different resources: treatment guidelines, sophisticated inpatient and outpatient therapy and above all validated diagnostic instruments. However collisions still occur between consistent treatment planning and the absence of a diagnosis (or refusal to accept the diagnosis). In this way, people with dissociative disorders are frequently forced to embark on a highly unsatisfactory odyssey that can last for years due to the variety of diagnoses and treatment strategies they encounter.
The article evaluates allocation diagnoses in comparison with structured diagnoses made during treatment. This evaluation looks at clinical practice and indicates how problematic the almost total absence of diagnosis for dissociative disorders can be in generalised psychiatric settings, whether inpatient or outpatient. Against this background, the author describes clinically relevant diagnostic instruments and discusses their use with reference to a case example.

Schlagworte: Dissoziative Identitätsstörung, dissoziative Störungen, dissociative identity disorder, dissociative disorders, klinische Diagnostik, Diagnostikstandards, Expertenempfehlung, clinical diagnostics, diagnostic standards, expert recommendation
Formate: pdf
Gustav Wirtz, Ulrich Frommberger
Seite 182 - 191
Defensive Reaktivität und Dissoziation bei Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung

Dissoziation kann als adaptiver Mechanismus bei überwältigendem Stress aufgefasst werden. Defensive Reaktionen sind in Abhängigkeit von der Nähe zur Gefahr in aufeinander aufbauenden Stufen im Sinne einer defensiven Kaskade organisiert. Derzeit wird Dissoziation als Reaktionsmuster im Rahmen einer Erweiterung dieses Modells diskutiert.
Unter Verwendung eines Paradigmas zur Imagination emotionaler Skripte wurden die affektiven Reaktionen von Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) und gesunden Kontrollprobanden untersucht. Dabei wurde die dissoziative Symptomatik erfasst, um den Einfluss auf die emotionale Reaktivität zu untersuchen.
Dissoziation modulierte die emotionalen Reaktionen der BPS-Patienten und war mit einer Beeinträchtigung des defensiven Systems assoziiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass zunehmende Dissoziation mit einer verminderten Wahrnehmung sensorischer Einflüsse aus der Umwelt zusammenhing, während gleichzeitig eine starke emotionale Erregung erlebt wurde. Mit steigendem Schweregrad der komorbiden Posttraumatischen Belastungsstörung zeigte sich eine stärker ausgeprägte aktuelle und generelle dissoziative Symptomatik. Dieser Artikel diskutiert die Ergebnisse anhand des Modells der erweiterten defensiven Kaskade.

Defensive Reactivity and Dissociation in Borderline Personality Disorder
Dissociation is discussed as an adaptive response to overwhelming stress. Defensive responses are dynamically organized in consecutive stages according to increasing threat imminence, the so-called defense cascade. Currently, dissociation is considered as a defense disposition within an extension of this model.
Using a script-driven imagery paradigm, emotional reactivity in patients with Borderline Personality Disorder (BPD) and healthy control subjects was investigated. Dissociation as one of the core features of BPD was assessed to examine its influence on emotional reactivity.
Dissociation modulated emotional responding in BPD patients and was associated with a compromised defense system. Results suggest that increasing dissociation was related to a reduced perception of the sensory input from the environment and concurrent increased emotional arousal. Increasing severity of PTSD was associated with elevated levels of present-state dissociation and trait dissociative features. Results are discussed within the framework of the extended defense cascade

Schlagworte: posttraumatische Belastungsstörung, Dissoziation, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Psychophysiologie, posttraumatic stress disorder, borderline personality disorder, dissociation, defensive Kaskade, Psychophysiology, defense cascad
Formate: pdf
Harald J. Freyberger, Alfons O. Hamm, Sven Barnow, Anke Limberg
Seite 192 - 209
Traumata, Posttraumatische Belastungsstörung und Dissoziation bei deutschen Kurzzeitgefangenen
Eine Untersuchung zur Prävalenz

Die in der Literatur vorliegenden Studien zeigen bei Gefängnisinsassen hohe Prävalenzen von Traumata, der PTBS und im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung signifikant häufiger das Auftreten von pathologischer Dissoziation. Die vorliegende Arbeit untersuchte deutsche Kurzzeitgefangene mit dem Ergebnis, dass 24 % der Gefangenen über ein Trauma berichteten und in 6 % der Fälle eine Lebenszeit-PTBS entwickelten. Nur 10 % der Probanden zeigten dissoziative Symptome. Die gefundenen Prävalenzen entsprechen denen in der Allgemeinbevölkerung und legen den Schluss nahe, dass Gefängnisinsassen mit einem weniger schweren Delikt und damit auch kürzerer Strafhaft sich hinsichtlich traumatischer Belastung in der Biographie und der Häufigkeit von Traumafolgestörungen von Langzeitgefangenen unterscheiden.

The Prevalence of Trauma, PTSD and Dissociation in Short-Term German Prison Inmates
The studies of prison inmates to be found in the literature indicate high prevalence rates of trauma and PTSD and significantly higher instances of pathological dissociation than in the rest of the population. The present article is an account of a study of short-term German convicts in which 24 % of the prison inmates reported a trauma and 6 % of them developed a lifelong PTSD. Only 10 % of the probands displayed symptoms of dissociation. The rates established correspond to those found in the population at large and suggest that in terms of traumatic stress, prison inmates convicted of minor crimes/offences and hence jailed for less prolonged periods differ from long-term prisoners in connection with (a) traumatic stress histories and (b) frequency of trauma-sequel disorders.

Schlagworte: posttraumatische Belastungsstörung, Trauma, posttraumatic stress disorder, Pathologische Dissoziation, pathological dissociation, Kurzzeitgefangene, Eigentumsdelikt, short-term imprisonment, larceny
Formate: pdf
Carsten Spitzer, Harald J. Freyberger, Dorothee Bernheim, Manuela Dudeck
Seite 210 - 216
Kindheit und Trauma
Medikalisierung und Skandalisierung im Umgang mit der Gewalt gegen Kinder

Gewalt an Kindern und der Schutz von Kindern, das hat auch die Skandalkette um sexuelle Gewalt an Kindern in pädagogischen Einrichtungen im Jahr 2010 gezeigt, ist zum einen nachvollziehbar normativ und ideologisch aufgeladen, zum anderen birgt dieser normative Impetus immer auch die Forderung nach besserer – wissenschaftlich begründbarer – Prävention vor diesen Gewaltakten. Diese Ausprägung ist sowohl historisch gewachsen, als auch sozial und kulturell zu begründen. Daher sollen in diesem Aufsatz nach einigen theoretischen Vorbemerkungen zwei Felder der Wissensproduktion – Medizin und Medien – einer historischen Analyse unterzogen werden. Von beiden gesellschaftlichen Funktionssystemen ist anzunehmen, dass sie gleichzeitig konkurrierend und in Wechselwirkung miteinander stehend strukturbildend auf den institutionalisierten Kinderschutzes wirken. Nach einer Übersicht über die Medikalisierung des Kinderschutz liegt der Fokus auf der Skandalisierung des medikalisierten Kinderschutzes in den Medien und auf den Wechselwirkungen zwischen beiden Systemen. Insbesondere die jeweilige Eigenmotivation, durch mediale Aufmerksamkeit und ›Medienhypes‹ politische Veränderungen herbeizuführen, ist von besonderem Interesse.

Childhood and Trauma – Medicalization and Scandalization in dealing with Violence against Children
Not only the recent avalanche of child ­sexual abuse scandals in German pedagogical institutions in the year 2010 illustrated that public discourses about violence against children and about child welfare are – for good reasons – filled with normative and ideological presupposition. This normativity always includes the demand for a better – science and evidence based – child abuse prevention. This setting is a result of a contingent historical, social and cultural process. In this contribution two fields of knowledge production – medicine and media – and their connectedness, reciprocity and competition in defining and fighting child abuse will be analyzed from a historical perspective. After an overview of the medicalization of child welfare, the emphasis of the analysis will be put on processes of scandalizing medicalized child welfare in the media and the interaction between media and medicine.
Especially the respective motivation to promote political change through both media attention and media-hypes will be examined.

Schlagworte: Kinderschutz, Kindesmissbrauch, child abuse, Medikalisierung, medicalization, mediale Skandalisierung, child welfare, Kindheitsgeschichte, Diskursgeschichte, History of Childhood, Media Scandalization, Discourse History
Formate: pdf
Heiner Fangerau, Arno Görgen, Maria Griemmert
Seite 218 - 229
Kriegsbezogene traumatische Erfahrungen, Depersonalisation, Angst- und Depressionssymptomatik in der Weltkrieg-II-Generation in Deutschland

Traumatische Erfahrungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges gehen mit erhöhten Raten psychischer Erkrankungen auch Jahrzehnte später einher. Depersonalisation kann im Kontext von Traumatisierungen auftreten. Die Analysen gehen der Frage nach, ob Depersonalisation bei Personen mit kriegstraumatischen Erfahrungen häufiger auftritt und welche Rolle diese im Kontext von Angst- und Depressionssymptomatik spielt. In einer repräsentativen Stichprobe von 693 vor 1946 geborenen Personen wurden durch eine Face-to-face-Befragung kriegesbezogene traumatische Erfahrungen, Depersonalisation sowie Angst- und Depressionssymptomatik erfasst. 15,4 % der Befragten berichteten über Vertreibung, 24,8 % über Ausbombung und 9,1 % über Beteiligung an Kriegshandlungen. In logistischen Regressionsmodellen sind Kriegshandlungen und Vertreibung mit Depersonalisation assoziiert. Bezieht man Angst- bzw. Depressionssymptomatik in die Modelle ein, verschwinden diese Effekte, was auf eine vollständige Mediation hinweist. Zwar legen etablierte Befunde zu den psychischen Langzeitfolgen der traumatischen Erfahrungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges Zusammenhänge zwischen Depersonalisation und Vertreibung bzw. Kriegshandlungen nahe. Diese lassen sich jedoch durch Angst- und Depressionssymptomatik erklären.

The Association between War-Related Traumatic Experiences and Depersonalization, Anxiety and Depression Symptomatologies in Germany’s World War II Generation
Even today, decades after the event, traumatic experiences undergone in the course of World War II are associated with higher mental disorder rates. Depersonalization may also occur in the context of traumatisation. The analyses reported on in this article investigate (a) whether there are higher rates of depersonalization in persons with war-related trauma and (b) the role played by depersonalization in the context of anxiety and depression symptomatologies. A representative sample of 693 persons born before 1946 were questioned face-to-face on war-related traumatic experiences, depersonalization and anxiety/depression symptomatologies. The respondents reported on enforced displacement (15.4 %), bomb attacks (24.8 %) and participation in acts of war (9.1 %). In logistic regression models, acts of war and forced displacement are associated with depersonalization. When anxiety/depression symptomatologies are integrated into the model, these effects disappear, a sure indication of complete mediation. While it is true that established findings on the long-term mental health outcomes of traumatic experiences from World War II do suggest associations between depersonalization and forced displacement/acts of war, these can also be explained by anxiety/depression symptomatologies.

Schlagworte: Depression, Zweiter Weltkrieg, Angst, Kriegstraumata, Depersonalisation, anxiety, depersonalization, war traumas, Second World War
Formate: pdf
Heide Glaesmer, Elmar Brähler, Manfred E. Beutel, Matthias Michal
Seite 230 - 238
Dissoziation ohne Trauma
Die Depersonalisations-Derealisationsstörung

Andauernde Zustände von Depersonalisation und Derealisation ohne dissoziative Amnesie oder Identitätsalteration sind die Kernsymptome der Depersonalisations-Derealisationsstörung. Die Depersonalisations-Derealisationsstörung ist in der Regel nicht Folge von traumatisierenden Ereignissen von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalen Ausmaßes. Viel häufiger finden sich in der Biographie frühe Belastungen, die aus der Diskrepanz von Mangel an Feinfühligkeit der Umwelt bei gleichzeitig besonderer Sensibilität der Betroffenen resultieren. Klinik und Behandlungsimplikationen der Depersonalisations-Derealisationsstörung werden kurz vorgestellt.

Dissociation without Trauma The depersonalization/derealisation disorder
Prolonged states of depersonalization and derealisation without dissociative amnesia are the central symptoms of the depersonalization/derealisation disorder. Normally, this disorder is not a consequence of particularly severe or cataclysmic traumatic events. Much more frequently the biographies of the persons affected point to early instances of stress caused by a discrepancy between their own hypersensitivity and a lack of emotional attunement on the part of their immediate (family/parental) environment. The article closes with a brief discussion of the hospitalization and treatment implications of this disorder.

Schlagworte: Trauma, Angst, Depersonalisation, anxiety, depersonalization, Affektphobie, affect phobia
Formate: pdf
Matthias Michal
Seite 240 - 245
Aus der Praxis
»Die Sprache des Schmerzes verstehen« – Somatoforme Dissoziationen bei Kindern und Jugendlichen

Der Beitrag will an Fallbeispielen aufzeigen, dass bei Kindern und Jugendlichen der traumatische Stress die gesamte Körperwahrnehmung und insbesondere die Schmerzempfindung verändern kann. Theoretische Grundlage der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit somatogenen Dissoziationen sind die Arbeiten von E. Nijenhuis, die zeigen, wie bei Traumata nicht nur die seelische, sondern auch die körperliche Kohärenz verloren geht. Wichtig ist dabei die Abgrenzung zu neurotischen Somatisierungsstörungen. Bei einem besseren Verständnis dissoziativer und somatoformer Phänomene könnten Kinder und Jugendliche schneller einer traumaspezifischen Behandlung zugeführt werden. Damit könnte eine »Leidensodyssee« durch insuffiziente somatische wie psychiatrische Behandlungen verkürzt werden. Ein für Kinder und Jugendliche modifizierter Fragebogen zur »somatogenen Dissoziation« (Huck & Hiller, 2008) und erste Erfahrungen damit sollen vorgestellt werden.

Understanding the Language of PainSomatoform dissociation in children and adolescents
The article draws upon case examples to demonstrate that in children and adolescents traumatic stress can affect the entire perception of the body and above all have a bearing on sensitivity to pain. The theoretical basis for the treatment of children and adolescents with somatogenic dissociation is the work of E. Nijenhuis, who has shown how trauma can lead to the loss not only of psychological but also of physical coherence. An important distinction is the difference between this phenomenon and neurotic somatisation disorders. A clearer understanding of dissociative and somatoform phenomena will make it easier to institute trauma-specific treatment more quickly for children and adolescents, thus shortening the »odyssey of suffering« caused by inadequate somatic and psychiatric therapy. The article discusses a questionnaire on »somatogenic dissociation« (Huck & Hiller, 2008) modified for use with children and adolescents and reports on initial experiences with it.

Schlagworte: Traumadiagnostik und -behandlung, somatogene Dissoziation, Differentialdiagnose von Somatisierungsstörungen, E. R. S. Nijenhuis, Spiegeltherapie und -test, trauma diagnostics and treatment, somatogenic dissociation, differential diagnosis of somatisation disorders, mirror therapy and test
Formate: pdf
Wilfried Huck, Regina Hiller
Seite 246 - 255
Forum
Mitteilungen der DeGPT
Formate: pdf
Seite 258 - 259
Mitteilungen der GPTG
Formate: pdf
Seite 260 - 261
Zum Hinweischarakter von Traumafolgestörungen
Formate: pdf
Elke Kügler
Seite 262 - 264
Forum
Formate: pdf
Alexander Korittko
Seite 265 - 265
Forum
Formate: pdf
Ulrike Rakei
Seite 267 - 268
Forum
Formate: pdf
Elke Kügler
Seite 268 - 270
Forum
Formate: pdf
Natalie Groß
Seite 270 - 271
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