Der Beitrag bietet einen leicht verständlichen Überblick des gegenwärtigen Erkenntnisstandes der mit psychischen Traumatisierungen einhergehenden Veränderungen der strukturellen und funktionellen Organisation des sich entwickelnden Gehirns von Kindern und Jugendlichen. Anhand der Metapher eines Zwiebelmodells werden die neurobiologischen Auswirkungen von monotraumatischen, multiplen und sequenziellen Traumatisierungen beschrieben und die daraus abgeleiteten Implikationen für Traumatherapie und Traumapädagogik dargestellt.
The article provides a readily comprehensible overview of the knowledge we have at present about changes to the structural and functional organization of the developing brain in children and adolescents caused by psychological traumas. An »onion« model is used to describe the neurobiological repercussions of monotraumatic, multiple, and sequential traumas and the implications they have for trauma therapy and trauma pedagogy.
Die pädagogische Traumaarbeit hat sich in den letzten Jahren vielfältig weiterentwickelt. Mit großem persönlichem und zeitlichem Engagement haben sich ErzieherInnen, SozialarbeiterInnen, Sozial- und DiplompädagogInnen und andere pädagogische Fachkräfte aus dem ganzen Bundesgebiet an diesen Prozessen beteiligt. Ein zentraler nächster Schritt liegt jetzt in der Implementierung psychotraumatologischen Wissens in die grundständigen pädagogischen Ausbildungen.
In the last few years, trauma pedagogy has developed and diversified. Educationists, social workers, qualified social education workers, and other professional pedagogues from all over the country have contributed to this process with commendable personal commitment. The next crucial stage is the implementation of established psychotraumatological knowledge in basic training courses for educators of all kinds.
Vor dem Hintergrund vielfältiger – historisch bedingter – Definitionen von Pädagogik, Beratung und Therapie wird eine Einordnung der traumazentrierten Handlungsfelder im psychosozialen Feld vorgenommen. Welche Notwendigkeiten ergeben sich aus der dissoziationstheoretischen Betrachtung von Traumagenese und -verarbeitung für die Strukturierung der Arbeit mit traumatisierten Menschen? Welche Überlappungen der Weiterbildungsinhalte und Arbeitsfelder werden dadurch sinnvoll? Was heißt das für den Weiterbildungsbedarf?
There have been many different definitions of pedagogy, counseling, and therapy in the course of history. Against this background, the article inquires into the specific locus of trauma-related work in present-day psychosocial contexts. What imperatives arise for structuring work with trauma-damaged individuals if we regard trauma genesis and processing from the perspective of dissociation theory? Where is there a meaningful overlap between the subject matter dealt with in ongoing training and the problems arising in different work sectors? What implications does this have for the qualifications achievable via ongoing training?
Traumatherapie und Traumaberatung haben sich als Angebote für Betroffene in den letzten Jahrzehnten etabliert. Erst in den letzten Jahren jedoch haben explizit psychosozial ausgerichtete Konzepte als Angebote für Traumatisierte an Verbreitung gewonnen. Insbesondere für betreuende Arbeitsbereiche der Kinder- und Jugendhilfe wurden traumapädagogische Konzepte entwickelt. Sie richten sich an Fachkräfte stationärer Einrichtungen, um durch spezifische Fort- und Weiterbildungen einerseits und die Schaffung tragfähiger Strukturen in den Institutionen andererseits diesen anspruchsvollen Arbeitsbereich qualitativ hochwertig auszustatten. Der Artikel unternimmt den Versuch, diese neue Fachrichtung aus der Perspektive des Versorgungsbedarfs, im Lichte aktueller Forschungsergebnisse und aus der Perspektive des Fachdiskurses zu reflektieren.
Over the last few decades, trauma therapy and trauma counseling have become mainstay services for survivors of traumatic experiences. However, explicitly psychosocial programs for traumatized individuals are a much more recent phenomenon. As things stand, trauma-informed approaches are most common in residential care for children and adolescents. They are designed to help professionals working in this field to achieve high standards in the care they provide, and they do so (a) by laying on further and continuing training and (b) by creating effective and resilient structures in the institutions themselves. The article discusses this new discipline in terms of care provision, recent research findings, and professional discourse.
»Mittlerweile gibt es belastbare Zahlen über die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in den stationären Jugendhilfen. Diese Befunde haben die Entwicklung traumaadaptierter pädagogischer Konzepte stark unterstützt, darüber hinaus aber noch zweierlei deutlich gemacht: Neben der adäquaten Versorgung und Begleitung der jungen Menschen im Alltag der stationären Wohngruppe, braucht es auch kinder- und jugendpsychotherapeutische Angebote mit psychotraumatologischem Schwerpunkt. Darüber hinaus reicht aber an anderen Schnittstellen wie Schule, Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie und Jugendamt eine isoliert in die Pädagogik implementierte psychotraumatologische Vorgehensweise nicht aus, es braucht vielmehr ein gemeinsames Modell aus dem heraus sich für jeden dieser Akteure differenzierte Handlungs- und Interventionsmöglichkeiten ableiten lassen.«
We now have reliable figures on the mental and psychological health of children and adolescents in residential care centers. These figures have greatly supported the development of trauma-adapted pedagogical strategies. They have also made two things abundantly clear. Alongside sufficient care and attention for these youngsters in the everyday context of living in a group, we also need psychotherapeutic offerings geared to children and adolescents and focusing on psychological traumas. However, at other interfaces (school, child and adolescent psychiatry, youth welfare authorities) a psycho-traumatological approach implemented on the pedagogical side alone will not be enough. What is required is a joint model from which all the actors involved can derive detailed and sophisticated options for action and intervention.
Bei Kindern und Jugendlichen mit Traumatisierungen in der frühen Entwicklung finden sich in der klinischen Praxis oftmals schwere sensorische und motorische Integrationsstörungen. Die genauen Zusammenhänge zwischen frühkindlichen Traumatisierungen und der sensorischen und motorischen Entwicklung und Integration sind jedoch bislang kaum erforscht. An einer Stichprobe von N=106 Kindern und Jugendlichen mit frühkindlichen Traumatisierungen wird dargestellt, welche spezifischen sensomotorischen Auffälligkeiten diese Patientengruppe gehäuft in der körpertherapeutischen Diagnostik zeigt. Anhand eines Fallbeispiels wird die Symptomatik eines früh traumatisierten Kindes veranschaulicht und es wird aufgezeigt, welche Möglichkeiten eine körpertherapeutische Behandlung bieten kann.
In clinical practice, children and adolescents who have suffered traumas in their early development frequently display severe sensory and motoric integration disorders. However, little research has yet been done on the precise links between early traumas and sensory/motoric development and integration. With reference to a sample of N=106 children and adolescents with traumas in early childhood, the article discusses the specific sensory/motoric abnormalities displayed by this group of patients in the diagnostic process prior to physical therapy. A case example is drawn upon to illustrate the symptomatology of a child with an early trauma. The article concludes with a discussion of the possibilities offered by physical therapy.
In der stationären kinderpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Arbeit bedarf es multimodaler Ansätze um schwer traumatisierte Kinder zu behandeln. Ein Schwerpunkt ist die traumazentrierte Pädagogik und Pflege, die sich an vorhersagbaren Strukturen und DBT Konzepten orientiert. Anhand eines Fallbeispiels wird das Vorgehen beleuchtet.
Work with youngsters undergoing residential psychiatric and psychotherapeutic treatment requires multi-modal approaches for the effective handling of children with severe traumas. One central method is trauma-centered pedagogy and care geared to predictable structures and DBT (dialectical behavior therapy) strategies. The procedure is illustrated with reference to a case example.
Pflege- und Adoptivkinder weisen ebenso wie Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der stationären Jugendhilfe in beträchtlichem Umfang Traumafolgestörungen aus früher komplexer Beziehungstraumatisierung auf. Während professionelle Alltagsbegleiter in Institutionen sich durch traumapädagogische Konzepte und Weiterbildungsangebote auf die spezifische Dynamik dieser oft traumagesteuert reagierenden Kinder einstellen können, bleiben Pflege- und Adoptiveltern auf ihre pädagogische Intuition angewiesen, die diesen Kindern in wesentlichen Aspekten nicht gerecht werden kann. Der Beitrag skizziert kurz die zentralen Themen, mit denen sich Pflege- und Adoptiveltern erfahrungsgemäß auseinandersetzen müssen. Neben dem Wissen um die Dynamik früher Beziehungstraumatisierung und deren Folgen und etablierten deeskalierend wirkenden pädagogischen Handlungsmöglichkeiten ist die Bereitschaft »an der eigenen Person zu arbeiten« überlebenswichtig. Dann stellen Pflege- und Adoptiveltern mit ihrer bedingungslosen Liebe und intimen Kenntnis des Kindes eine machtvolle therapeutisch wirksame Quelle dar, die durch filialtherapeutische Konzepte und Angebote nutzbar gemacht werden kann.
Like children and adolescents in residential care institutions, foster and adoptive children are frequently notable for disorders stemming from complex traumas connected with their early relationships. Professional carers in institutions have trauma-pedagogical strategies and training offers to fall back on in attuning themselves to the specific dynamics of the frequently trauma-conditioned reactions displayed by such youngsters. By contrast, adoptive and foster parents have recourse only to their pedagogical intuition, which in various crucial ways does not provide adequate support in coping with these children. The article briefly outlines what the author considers to be the essential factors that adoptive and foster parents have to deal with. Alongside knowledge about the dynamics and consequences of early relational traumas and the de-escalating pedagogical measures that can be drawn upon, the willingness to »work on one’s own personality« is also of vital importance. Where this willingness is to be found, adoptive and foster parents with their unconditional love and intimate knowledge of the child in question represent a highly effective therapeutic source that can be turned to account with the help of strategies and offerings based on filial therapy.
Anhand sexualtherapeutischer Fallvignetten soll gezeigt werden, dass eine Zusammenführung von tiefenspsychologischer, verhaltenstherapeutischer und sexualtherapeutischer mit traumatherapeutischer Perspektive einen Paradigmenwechsel bedeuten kann, der neue Wege und Ziele erschließt. Eine Übertragung auf andere, nicht-sexualtherapeutische Therapiesettings erscheint möglich. Die Theorie und Therapie der Strukturellen Dissoziation (Van der Hart, Nijenhuis & Steele, 2008) wird kurz dargestellt. Am Beispiel einer Frau mit multiplen sexuellen Funktionsstörungen wird eine sexual- und traumatherapeutische Anamnese geschildert. An einem Patienten, der als transsexuell fehldiagnostiziert und entsprechend behandelt wurde, jedoch an einer Dissoziativen Identitätsstörung (ICD-10 F 44.81) leidet, wird die Relevanz traumatherapeutischer Differenzialdiagnostik demonstriert. Falldarstellungen zu Perversion, Ritueller Gewalt, Gender Identity Disorders und »sexueller Sucht« aus sexualwissenschaftlichen Veröffentlichungen und aus meiner Praxis werden exemplarisch aus traumatherapeutischer Perspektive kommentiert.
Integrating elements of trauma therapy into treatments of depth psychology, behavior and sex therapy may lead to a paradigm shift valid to new pathways in psychotherapy in general as is exemplarily shown by case studies of sex therapy.The Theoriy and Therapy of Structural Dissociation (Van der Hart, Nijenhuis & Steele, 2008) is described briefly. The integration of a sex- and traumatherapeutic anamnesis is illustrated by the case of a female patient with multiple sexual dysfunctions. The Traumatherapeutic differential diagnosis can be existentially important which is demonstrated by a survivor’s case suffering from DID (ICDF 44.81) who had previously been misdiagnosed and treated as female-to-male transsexual. Further case studies of patients suffering from perversion, gender identity disorders and »sex addiction« as well as survivors of ritual abuse, thaken either from sexologic puplications or the autor’s own practice, are revised from a trauma therapeutic point of view.
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