Kinder und Jugendliche in stationären Jugendhilfeeinrichtungen sind vermutlich die Gruppe, welche in unserer Gesellschaft am häufigsten extremen psychosozialen Belastungen und sequentiellen Traumatisierungen ausgesetzt ist bzw. war. Dennoch gibt es nur wenige Studien,
die sich mit dem Ausmaß an traumatischen Lebensereignissen bei Heimkindern beschäftigen und daraus einen spezifischen milieutherapeutischen Bedarf ableiten. Diese Studie zielte darauf ab,
in einer repräsentativen Stichprobe aus
elf Wohngruppen unterschiedlicher
Jugendhilfeeinrichtungen die Häufigkeit der Kinder und Jugendlichen mit traumatischen Lebenserfahrungen zu ermitteln. Es wurden 80 Kinder und Jugendliche
in die Untersuchung eingeschlossen.
Die Befragung erfolgte über Fragebögen, die den psychologisch-(heil-) pädagogischen Fachdiensten vorgegeben wurden, da dort sowohl die externen und offiziellen Informationen als auch eigene
Anamnesen und Eindrücke aus Beratungsgesprächen sowie die Informationen aus den Betreuungsteams zusammenlaufen. 75% der Kinder und Jugendlichen erlebten nach Angaben ihres Fachdienstes zumindest ein traumatisches Lebensereignis. 51% erlebten mehrere unterschiedliche
Arten von Traumatisierungen.
Children and adolescents in inpatient youth welfare and care institutions are probably the group in our society that is
or has been exposed most frequently to extreme psychosocial stress and
sequential traumatization. Yet there are few studies investigating the extent of traumatic exposure in young residential care recipients with a view to defining the specific milieu-therapeutic requirements. The aim of the present study was to
examine a representative sample from eleven residential care units in different youth welfare institutions to determine the frequency of children and adolescents with traumatic experiences in their
biographies. 80 children and adolescents were included in the investigation. The inquiry was organized via questionnaires submitted to the psychological/pedagogic (care) units of the various institutions,
as it was here that internal and external information, follow-ups and impressions from counseling interviews, and information from the care teams came together. According to information from their care units, 75% of the children and adolescents had been through at least one traumatic experience in their lives, while 51% had
experienced various different kinds of traumatization.
Der vorliegende Beitrag betont die
Bedeutung der Körperdimension im
Zusammenhang mit Trauma. Ausgehend von einigen neurobiologischen Grundlagen und Konzepten der Stressphysiologie werden verschiedene Traumafolgesymptome erläutert. Traumatisierte Menschen »nutzen« ihren Körper, um traumatischen Stress zu regulieren. Neben spezifischen psychischen Beschwerden müssen auch tiefgreifende Veränderungen im Erleben des Selbst, des Körperbildes und in den zwischenmenschlichen Beziehungen berücksichtigt werden. Im Rahmen der hier vorgestellten Körpertherapiemethode nach George Downing lernen die Patienten, ihren Körper differenzierter wahrzunehmen und anhand von
verschiedenen Körpertechniken negative Zustände zu regulieren. Sie entwickeln
auf diese Weise ein individuell zugeschnittenes Repertoire an Stabilisierungsmöglichkeiten. Auch für die Phase der Traumaexposition und der therapeutischen Arbeit an sozialen Beziehungen wird empfohlen, die Körpererfahrung einzubeziehen.
The article emphasizes the importance
of the bodily dimension in connection with traumas. Proceeding from a number
of neurobiological fundamentals and
concepts used in stress physiology,
the author first discusses various trauma symptoms. Traumatized individuals »use« their bodies to regulate traumatic stress. Alongside specifically psych(olog)ical complaints consideration must be given to profound changes in the experience
of the self and the body image and in
interpersonal relations. In the framework of the body therapy method proposed
by George Downing and outlined in this article, patients learn to achieve a more differentiated perception of their bodies and to regulate negative states by means of a range of body-oriented techniques.
In this way they develop an individually tailored repertoire of stabilization
methods. Recourse to body experience
is also recommended for the traumaexposition phase and therapeutic work
on social relations.
Dieser Beitrag vermittelt einen Überblick über aktuelle entwicklungspsychopathologische Ergebnisse zu den Folgen von sequentiellen Traumatisierungen und früher Vernachlässigung. Das Konzept
der chronifizierten komplexen posttraumatischen Belastungsstörung wird dabei in den Mittelpunkt gestellt. Um ein zu einseitiges Bild der Psychopathologie als Traumafolge zu vermeiden, wird auf die Interaktion mit anderen biologischen und psychosozialen Risikofaktoren eingegangen. In diesem Aufsatz werden insbesondere diejenigen Traumafolgen behandelt, die eine außergewöhnliche Herausforderung für den pädagogischen Umgang mit den betroffenen Kindern
und Jugendlichen darstellen. Außerdem werden insbesondere diejenigen Fertigkeiten intensiver beschrieben,
die traumatisierte Kinder in ihren vernachlässigenden, emotional invalidierenden, gewalttätigen Elternhäusern nicht
erlernen konnten. Diese Fertigkeiten
sollten daher in milieutherapeutischen Angeboten spezifisch gefördert werden.
The article outlines the latest findings
on the consequences of sequential
traumatizations and early neglect in
developmental psychopathologies.
In so doing, it focuses on the concept of posttraumatic stress disorder. To avoid too one-sided a view of psychopathology as a trauma sequel, adequate space is
also given to interaction with other
biological and psycho-social risk factors. The article concentrates on those trauma sequels posing unusual challenges in the pedagogic approach to the relevant
children and adolescents. Major
attention is also given to those skills
that traumatized children are unable
to acquire in neglectful, emotionally
invalidating, and violent surroundings
at home. Accordingly, milieu therapy
sets out to provide specific assistance in mastering these skills.
Traumapädagogik – ein neuer Fachterminus, entwickelt aus der alltäglichen Praxis der Jugendhilfe, erfährt eine zunehmende Beachtung in der pädagogischen Fachöffentlichkeit. Die Forschungserkenntnisse der Psychotraumatologie und Neurophysiologie des letzten Jahrzehnts eröffnen neue Perspektiven für drängende Fragestellungen, die im Jugendhilfebereich bisher nur unzureichend beantwortet werden konnten. Der Artikel beschreibt die Notwendigkeit einer neuen Sichtweise im Umgang mit traumatisch belasteten Kindern und Jugendlichen in den Hilfen zur Erziehung und plädiert für einen verbindlichen interdisziplinären Diskurs zwischen Pädagogik, Psychotherapie und Psychiatrie. Eine »Pädagogik des Sicheren Ortes« betrachtet dabei nicht nur die pädagogische Begegnung zwischen Kind und Erwachsenem, sondern stellt die pädagogische Fachkraft und Einrichtung gleichberechtigt in den Fokus. Der Artikel schließt mit offenen Fragen und Vorschlägen für einen zukünftigen traumapädagogischen Diskurs.
»Trauma pedagogy,« a new technical term deriving from the everyday practice of youth care and welfare, is receiving
increasing attention in the relevant
professional circles. The research findings produced by psychotraumatology and neurophysiology over the last decade open up new perspectives on urgent issues in the youth care and welfare sector that have yet to be adequately addressed.
The article emphasizes the necessity of
a new approach to the education and
upbringing of traumatically affected
children and adolescents, calling for the firm establishment of interdisciplinary discourse between pedagogy, psychotherapy, and psychiatry. In this,
»pedagogy of the safe place« focuses
not only on the pedagogic encounter
between child and adult, but places
equal emphasis on the specialist(s) and institution(s) involved. The article closes with a number of hitherto unanswered questions and proposals for the course trauma-pedagogic discourse could
usefully take in future.
In diesem Beitrag wird Selbstbildung
als zentraler Bezugspunkt von Traumapädagogik diskutiert. Das Wahrnehmen von Emotionen und Empfindungen
erhöht die Selbstregulation, ebnet damit den Weg aus der Opferrolle und befähigt zur Übernahme von Verantwortung für das eigene Sein. Bedeutsam in diesem Zusammenhang sind drei Handlungsfelder: die Ausleitung der eingefrorenen Energie, der Selbstausdruck in Gestalt einer nicht sprachlichen Darstellung der eigenen Geschichte und schließlich die Erfahrung von Selbstwirksamkeit. Die kognitive Form der Selbstermächtigung umfasst die Unterstützung des Selbstverstehens und die Veränderung von Perspektiven durch die Bereitstellung von Informationen. Pädagogik und Therapie sollen gemeinsam Methoden und Inhalte entwickeln bzw. weiterentwickeln.
The article discusses self-education as
a central reference point in trauma
pedagogy. Perception of emotions and feelings enhances self-regulation, points the way out of the victim role, and helps patients to assume responsibility for their own being. Three sectors are significant in this connection: releasing frozen energy, self-expression in the form of non-verbal representation of the patient’s own story, and the experience of self-efficacy. The cognitive aspect of self-empowerment encompasses enhancement of self-understanding and changes of perspective via the provision of information. Together, pedagogy and therapy can develop – or further develop – both methods and
content.
Eltern misshandeln ihre Kinder meist,
obwohl sie das Beste für sie wollen.
Durch Dominanzkonflikte und die Kollision persönlicher Bedürfnisse von Eltern und Kindern können gewalttätig eskalierende Konflikte entstehen. Eine gewaltbejahende gesellschaftliche Grundhaltung fördert diese Dynamik. Gewalt entsteht, wo entscheidende emotionale und soziale Ressourcen verloren gingen. Die therapeutische Unterstützung der Beziehungsfähigkeit und der persönlichen Entwicklung aller Familienmitglieder sowie geeignete Erziehungsstrategien tragen zur Etablierung gewaltfreier Lösungsmuster bei. Zu diesem Zweck müssen Eltern und Fachleute sich gegen die Gewalt verbünden, ohne die Eltern
als Täter zu diskriminieren.
Parents maltreat their children despite the fact that they usually want the best for them. Violent clashes may escalate as
a result of dominance conflicts and the collision between the personal needs of parents and children. This dynamic is
encouraged by a basic attitude in society that favors violence. Violence rears its head where essential emotional and
social resources have been lost. Therapeutic support for the relational capacities and personal development of all family members, plus suitable upbringing
strategies, can contribute to the
establishment of non-violent solution patterns. To this end, parents and experts must form an alliance against violence while refraining from discrimination of the parents as perpetrators.
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