Der vorliegende Text erläutert, ausgehend von bisherigen theoretischen psychodynamischen Überlegungen zur Abhängigkeit, wie mit Hilfe der OPD-2 und des ergänzenden Moduls OPD für Abhängigkeitserkrankungen eine Diagnostik sinnvoll durchgeführt werden kann. Dazu wird das Verhältnis der OPD-Dimensionen »Beziehung«, »Konflikt« und »Struktur" zur Abhängigkeit sowie zur Abhängigkeitsdynamik erläutert und praktisch beschrieben. Ziel ist es, eine individuelle Diagnostik zu ermöglichen, welche die Entstehungsbedingungen der Abhängigkeit für den einzelnen Patienten, soweit erkennbar, abbildet und auch die neu entstehende Abhängigkeitsdynamik auf der Basis der Konsumfolgen beschreibt und ihr Ausmaß quantifiziert. Therapeutische Konsequenzen werden kurz diskutiert. Mit dem OPD-Modul Abhängigkeitserkrankungen können die bisherigen Grenzen der OPD-Diagnostik für Patienten mit Abhängigkeit überwunden werden.
Addiction dynamics, conflict and structure within the Operationalized Psychodynamic Diagnostics (OPD-2)
This text explains how, starting from previously theoretical considerations on psychodynamics in addictions, a useful diagnostics can be applied using the OPD-2 and the supplementary module OPD for addiction diseases. For this purpose, the ratio of the OPD dimensions »relationship«, »conflict« and »structure« of addiction and the addiction dynamics is explained and practically described. The goal is to enable an individual diagnostics, which maps the conditions of origin of the addiction of the individual patient, as far as recognizable, and also describes the emerging addiction dynamics on the basis of the consumption consequences and quantifies their extent. Therapeutic consequences are briefly discussed. With the OPD module addiction, the existing limits of OPD for patients with addiction can be overcome.
Delinquenz und deren Zusammenhang mit Verhaltens- und Persönlichkeitsstörungen ist hauptsächlich bei männlichen Straftätern Gegenstand umfassender Forschung gewesen. Speziell eine Störung des Sozialverhaltens und die Antisoziale Persönlichkeitsstörung konnten empirisch mit chronischer Delinquenz in Zusammenhang gebracht werden. Trotz großer Überschneidungen zwischen den Geschlechtern bei der Ausprägung, den Risikofaktoren und dem Verlauf von Störungen mit chronisch antisozialem Verhalten scheint ein differenzieller Entwicklungspfad bei Mädchen und Frauen vorzuliegen. Dies gilt insbesondere für eine traumabezogene Ätiologie und eine Doppelbelastung von komorbiden externalisierenden und internalisierenden Erkrankungen bei Frauen. Mithilfe der Bindungs- und Mentalisierungstheorie werden interpersonelle Abhängigkeiten, und in diesem Zusammenhang konkret die dependente Persönlichkeitsstruktur, als Risikofaktor für delinquentes Verhalten bei Frauen diskutiert. Die empirische Befundlage zum Zusammenhang zwischen Dependenter Persönlichkeitsstörung und Delinquenz bei Frauen besteht aus wenigen Studien mit inkonsistenten Ergebnissen. Es wird deutlich, dass die Entwicklung chronischer weiblicher Delinquenz und insbesondere die Wechselwirkungen kausaler Zusammenhänge zwischen frühen Traumata, psychogenetischer Verarbeitung und aufrechterhaltenden dependenten Strukturen weiterer Forschung bedürfen.
Female delinquency considering dependent personality disorder
The relation between delinquency and mental disorders and in particular personality disorders has mainly been investigated mainly for male populations. Especially conduct disorder and Antisocial Personality Disorder could empirically be linked to chronic delinquency. In spite of a majority of shared risk factors, similar characteristics and prognosis for chronic antisocial behavior, male and female individuals seem to follow gender-specific pathways especially in terms of trauma related etiology and coexisting internalizing disorders in females. In the framework of attachment and mentalization theory, interpersonal dependencies in dysfunctional relationships and dependent personality syndromes are discussed as specific risk factors for female delinquency. Empirical research on the relationship between delinquency and dependent personality disorder in women is sparse and shows inconsistent results. Thus, more research on female pathways to chronic delinquency is needed focusing on transactional processes between early trauma, psychogenetic processing and formation risk factors as for example dependent personality disorder.
Ein zentrales Merkmal aller Persönlichkeitsstörungen sind Abweichungen von kulturellen Normen im interpersonalen Bereich. Die Dependente Persönlichkeitsstörung wurde jedoch bisher kaum im Hinblick auf die Struktur und Qualität enger Beziehungen untersucht. In dieser Arbeit wird die Entstehung dieser Störung auf der Grundlage des Modells Zyklisch-maladaptiver Muster (Cyclic Maladaptive Pattern, CMP) beschrieben. Die Folgen abhängigen Verhaltens für zwischenmenschliche Beziehungen einschließlich der therapeutischen Beziehung werden dargestellt. Die Übertragung des Patienten ist meist durch einen starken Wunsch nach Fürsorge und Unterstützung durch den Therapeuten gekennzeichnet. Im Prozess der Gegenübertragung fühlt sich der Therapeut durch die hohe Compliance des Patienten oft aufgewertet. Das CMP-Modell bietet eine Leitlinie zur Aufdeckung dieser Prozesse und zu ihrer Nutzung als therapeutische Strategien. Durch die schrittweise Reduktion der therapeutischen Hilfe wird der Patient darin unterstützt, die abhängigen Muster in autonomeres Verhalten umzuwandeln. Zur Veranschaulichung der psychodynamischen Behandlung wird ein Fallbeispiel dargestellt.
Transference and countertransference in the treatment of dependent personality disorders
A marked deviation from cultural norms in interpersonal functioning is a core feature of all personality disorders. The dependent personality disorder, however, has hardly been studied with respect to the structure and quality of close relationships. In this paper the etiology of this disorder is described based on the model of the cyclic maladaptive pattern (CMP). Consequences of dependent behavior for interpersonal relations including the therapeutic alliance are discussed. The patient's transference is usually marked by a strong desire for care and assistance from the therapist. In the process of countertransference, the therapist might be pleased by the patient's compliance. The CMP-model offers a guideline for elucidating these processes and turning them into therapeutic approaches. By gradually reducing the therapeutic assistance, the patient is supported in transforming the dependent patterns into more autonomous behavior. An individual case is presented to illustrate the psychodynamic treatment of dependent personality disorders.
Schematherapie ist eine aktuelle integrative therapeutische Entwicklung, die insbesondere für Patienten mit Persönlichkeitsstörungen (PS) entwickelt wurde. Dependente interpersonelle Muster treten bei diesen Patienten regelmäßig, nicht nur bei Patienten mit dependenter PS, auf. Dependente Muster werden im Fallkonzept in der Regel im dependenten Kindmodus konzeptualisiert. In der Behandlung werden sie einerseits in der Therapiebeziehung mit limited Reparenting beachtet, wobei Reparenting bei Dependenz insb. auch Förderung von Autonomie beinhaltet. Zudem wird unterschieden zwischen emotionaler und funktionaler Dependenz – während funktionale Dependenz stark begrenzt wird, kann emotionale Dependenz in der Therapie vorübergehend toleriert werden.
Working with dependent patterns in schema therapy
Schematherapy is an integrative psychotherapy approach particularly for patients with personality disorders (PD). Dependent interactional patterns are frequent in PD patients, and not restricted to dependent PD. Dependent patterns are in schema therapy typically conceptualized within the so-called dependent child mode. This mode is treated with limited reparenting in the therapy relationship. It is important that with regard to dependency, limited reparenting has a focus on fostering autonomy. Furthermore we differentiate between emotional and functional dependency - functional dependency is strictly limited in the therapy relationship, while emotional dependency can to some degree be tolerated.
Der Ansatz der Klärungsorientierten Verhaltenstherapie bei der Dependenten Persönlichkeitsstörung wird dargestellt. Ausgehend von dem Modell der doppelten Handlungsregulation wird ein Funktionsmodell der dependenten Störung entwickelt und aus diesem werden therapeutische Handlungsstrategien abgeleitet. Auf besondere therapeutische Probleme der Störung wird eingegangen.
Client-centered behavioral therapy in dependent personality disorder
The approach offered by client-centered behavioral therapy with focus on the dependent personality disorder is presented: Based on the double action regulation model a functional model of the dependent disorder is developed from which therapeutic action strategies are derived. Special therapeutic problems of the disorder are discussed.
Abhängigkeit gehört zu den »natürlichen« menschlichen Verhaltensmustern. Sich aus der Abhängigkeit von frühen Bezugspersonen zu lösen und gleichzeitig eine emotionale Beziehung zu diesen aufrechtzuerhalten, ist eine zentrale Entwicklungsaufgabe bzw. ein Lebensthema, das in den Liebesbeziehungen des Erwachsenenalters wiederbelebt wird. Anhand eines Paares, das sich in 20-jähriger Ehe »wie im Knast« fühlt, wird ein paarbezogenes Vorgehen (Kollusion, Differenzierung) mit seinen Möglichkeiten und Grenzen aufgezeigt. Das Setting der Paartherapie ist bei Störungsbildern mit hoher interaktiver Potenz indiziert, bei schweren Störungen allerdings in Kombination mit weiteren Interventionen. Mangels Evaluations- und Ergebnisstudien zur Abhängigen Persönlichkeitsstörung besteht erheblicher Forschungsbedarf.
»How can I function in a way he likes it?« – Interdependence in couple relationships
Dependence of a person from another person is considered a »normal« behavior of human beings. To resolve the dependence from the caregiver in early childhood and transfer it into a still emotional but stable and secure relationship is a central challenge and a lifelong theme that is revived in love relationships of adults. By reference to a couple that feels its 20-year matrimony »like to be in jail«, a couple therapy (based on the collusion model and the concept of differentiation) is presented pointing out its chances and limitations. The couple therapy setting certainly is indicated in cases of personality disorders with a high interdependent component; it should, however, be complemented with other interventions in case of severe disorders. Since conclusive evaluation and outcome studies on the treatment of interdependent personality disorders are lacking, future research on this topic is suggested.
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