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PTT - Persönlichkeitsstörungen: Theorie und Therapie, 2012, Jg. 16, Ausgabe 3

PTT - Persönlichkeitsstörungen: Theorie und Therapie, 2012, Jg. 16, Ausgabe 3

Affektive Störungen

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.09.2012
ISSN print: 1433-6308 / ISSN digital: 2625-0780

Details


Editorial
Formate: pdf, html
Gitta Jacob, Otto F. Kernberg, Stephan Doering
Seite 153 - 153
Depressive Störungen und Persönlichkeitsstörungen
Epidemiologie, Komorbidität und Therapie

Depressive Störungen und Persönlichkeitsstörungen haben eine hohe Prävalenz und treten häufig assoziiert auf. Dennoch ist wenig über die Wechselwirkungen der beiden Erkrankungsgruppen bekannt. In diesem überblicksartikel wird die aktuelle Forschungslage zu Epidemiologie, Komorbidität und Therapie von Depressionen und Persönlichkeitsstörungen dargestellt. Mögliche Mechanismen der Wechselwirkungen werden diskutiert und Implikationen für die therapeutische Praxis abgeleitet.

Depression and personality disorders: epidemiology, comorbidity and treatment
Depressive disorders and personality disorders are highly prevalent and often co-occur. However, little is known about the interactions of these two groups of psychiatric disorders. In this article we review the present literature on epidemiology, comorbidity and therapy of depression and personality disorders. We discuss the putative mechanisms of the interactions between depression and personality disorders and give implications for clinical practice.

Schlagworte: Depression, Komorbidität, Persönlichkeitsstörung, Epidemiologie, personality disorder, epidemiology, comorbidity
Formate: pdf, html
Ulrich Schweiger, Eva Fassbinder
Seite 154 - 162
Zur Differenzialdiagnose von Bipolaren Störungen, Depression, Aufmerksamkeitsdefizit-Störung sowie Persönlichkeitsstörungen

Die folgenden klinischen Beobachtungen richten sich an ärzte und Therapeuten, die, nicht selten unter Zeitdruck, schwierige differenzialdiagnostische Entscheidungen zu treffen haben, zu denen auch die Frage gehört, inwieweit unmittelbar – z. B. in Form einer kurzfristigen stationären Aufnahme eines Patienten – interveniert werden muss. Unseren Ausführungen liegt die Beobachtung zugrunde, dass es gerade unter Zeitdruck sehr häufig zu diagnostischen Fehleinschätzungen kommt, was sich vielfach erst dann offenbart, wenn ein Patienten im Rahmen einer ausführlichen Diagnostik und über einen längeren Zeitraum untersucht werden kann. Wir werden im Folgenden keine systematische übersicht über die diagnostischen Kriterien der einzelnen Störungsbilder liefern, sondern uns auf die Aspekte einer psychiatrischen Anamnese-Erhebung konzentrieren, die eine differenzialdiagnostische Einschätzung unter den genannten Bedingungen erleichtert. Rund die Hälfte der Patienten, die wir auf der Station für Persönlichkeitsstörungen unseres Krankenhauses behandeln, werden mit der Fehldiagnose Bipolare Störung oder Major Depression angemeldet, während es sich in Wirklichkeit um eine schwere Persönlichkeitsstörung auf Borderline-Strukturniveau (Kernberg 1975; 1984; s. Kap. 28) handelt, insbesondere um Borderline-Persönlichkeitsstörungen (BPS), schwere Narzisstische Persönlichkeitsstörungen, oder um andere Störungen mit wiederkehrenden Suizidphantasien, parasuizidalen Merkmalen und/oder antisozialen Tendenzen, wie sie beispielsweise das Bild einer akuten Substanzabhängigkeit (Drogen oder Alkohol) prägen. Insbesondere ist dies bei Patienten mit ausgeprägt negativistischen Zügen der Fall, die sich weigern oder nicht in der Lage sind, adäquat über sich und ihren Zustand Auskunft zu geben und womöglich einzelne Symptome überzeichnen, um eine stationäre Aufnahme zu bewirken.

Borderline personality disorder, bipolar disorder, depression, attention deficit/hyperactive disorder and narcissistic personality disorder: practical differential diagnosis
What follows are clinical observations directed to psychiatrists who have to make difficult diagnostic differentiations often under circumstances of pressured time. These differentiations often involve decisions regarding immediate interventions and treatment planning. This paper is motivated by the high frequency of diagnostic errors observed under such conditions, an observation that emerges only when the patient is seen under more stable conditions, particularly during more extended evaluation. We shall not review systematically the diagnostic criteria for the various conditions to be jointly explored, but only highlight those aspects of mental status examination that facilitate a differential diagnosis under the conditions mentioned. We have observed that about 50 per cent of patients who enter the personality disorders unit of our hospital with the diagnosis of bipolar disorder or major depression turn out to present neither, but rather a severe personality disorder organized at the borderline level (Kernberg 1975, 1984), particularly borderline personality disorder (BPD), severe narcissistic personality disorder, or various disorders in which recurrent suicidal ideation, parasuicidal traits, and/or antisocial behavior are the main symptoms or where an acute drug dependency or alcoholism dominate the picture. Erroneous diagnostic conclusions have frequently been reached, particularly in the case of patients with strong negativistic features, who refuse or are unable to provide adequate information about themselves or, occasionally, may wish to exaggerate certain symptoms in order to obtain hospitalization.

Schlagworte: Depression, Persönlichkeitsstörungen, personality disorder, bipolar disorder, Bipolare Störungen, Aufmerksamkeitsdefizit-Störung, attention deficit/hyperactive disorder
Formate: pdf, html
Frank E. Yeomans, Otto. F. Kernberg
Seite 163 - 175
Suizidalität bei Persönlichkeitsstörungen
Affektregulation versus affektive Störung

Suizidalität hat aufgrund der hohen Prävalenz bei verschiedenen psychischen Störungen eine bedeutende Rolle. Affektive Störungen und Persönlichkeitsstörungen werden in wissenschaftlichen Arbeiten als wesentliche Ursachen von Suizidalität erläutert. Moderne Ansätze untersuchen neben den Klassifikationen psychischer Störungen eine zugrundeliegende Persönlichkeitsorganisation als Erklärungsmodell für Suizidalität. Störungen der Impulskontrolle und aggressives Verhalten scheinen wesentliche maladaptive Aspekte der Persönlichkeitsstruktur zu sein, die eine entscheidende Rolle in der Entwicklung suizidalen Verhaltens spielen. In der Untersuchung suizidalen Verhaltens sollte Defiziten im Bereich der Persönlichkeitsstruktur neben der dimensionalen Diagnostik eine größere Bedeutung zugemessen werden.

Suicidality in personality disorders – affect regulation vs. affective disorders
Suicidality plays an important role in several mental disorders. Particularly affective disorders and personality disorders are relevant in the aetiology of suicidality. Besides the dimensional classification of mental disorders, recent approaches focus also on the underlying personality organisation. Deficits in impulse control as well as aggressive behaviour seem to be main aspects of personality structure that play an important role in the development of suicidal behaviour. Deficits in affect regulation, as one domain of personality organisation, are essential in the examination of suicidality. These deficits should be considered in future suicide research in addition to the dimensional approach.

Schlagworte: Affektregulation, Suizidalität, Aggressivität, Persönlichkeitsorganisation, suicidality, affect regulation, Impulskontrolle, impulse control, aggressivity, personality organisation
Formate: pdf, html
Nicole Baus, Nestor Kapusta
Seite 176 - 183
Mentalisierung und Depression

In einer Verknüpfung von Bindungsforschung, Psychoanalyse und kognitiver Psychologie wurde das Konzept der Mentalisierungsfähigkeit zur Erforschung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen entwickelt. In der Depressionsforschung kann das Modell einen Beitrag leisten, unser Verständnis für die Krankheitsentstehung zu vertiefen und die Möglichkeiten der psychotherapeutischen Behandlung zu erweitern. Mentalisierung wird definiert als die Fähigkeit, eigenes Verhalten und das Verhalten anderer Menschen durch Zuschreibung mentaler Zustände zu interpretieren. Als Ansatzpunkt für die Untersuchung der Depression ist Mentalisierung dahingehend von Bedeutung, dass die Erkrankung - zumindest zum Teil - ihre Wurzeln in zwischenmenschlichen Problemen hat und zu gravierenden Beeinträchtigungen in zwischenmenschlichen Beziehungen führt. Eine rezente Studie an stationären Patientinnen weist auf einen Zusammenbruch der mentalen Funktionen in der chronischen Depression hin. Psychotherapeutische Bemühungen zur Verbesserung der Mentalisierungsfähigkeit werden als Bestandteil jeder erfolgreichen Therapie angesehen und stellen insbesondere in psychodynamischen Therapien einen zentralen Behandlungsansatz dar. Die »Dynamic Interpersonal Therapy (DIT)« ist eine manualisierte psychodynamische Kurztherapie zur Behandlung der Depression mit einem Fokus auf der Mentalisierung.

Mentalization and Depression
In a combination of attachment research, psychoanalysis and cognitive psychology, the concept of mentalization has been proposed as a key concept in borderline personality disorder. In depression research, the model can contribute to our understanding of the aetiology of the disease and broaden the possibilities of psychotherapeutic treatment. Mentalization is defined as the process by which an individual implicitly and explicitly interprets the actions of himself and others as meaningful on the basis of intentional mental states. In depression, a focus on mentalization may be particularly important as the disease – at least in part – has its origin in interpersonal problems and negatively influences interpersonal interactions. A recent study of female inpatients indicates a breakdown of mentalizing capacity in chronic depression. Psychotherapeutic efforts to improve mentalization are considered part of any effective therapy; in particular they are a central focus in psychodynamic therapy. «Dynamic Interpersonal Therapy» (DIT) is a recently developed treatment protocol that targets impairments in mentalizing in depressed individuals.

Schlagworte: Mentalisierungsbasierte Therapie, Mentalisierung, chronische Depression, chronic depression, mentalization, mentalization based therapy, Psychodynamik der Depression, Skala der reflexiven Funktion, psychodynamic of depression, Reflective Functioning Scale
Formate: pdf, html
Melitta Fischer-Kern
Seite 184 - 191
Antidepressiva bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung

Antidepressiva spielen sowohl in Behandlungsleitlinien der großen Fachgesellschaften als auch in der gegenwärtigen Versorgungspraxis von Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen eine große Rolle, unabhängig vom Vorhandensein komorbider, z. B. depressiver Erkrankungen. Insbesondere der Einsatz selektiver Serotonin- Wiederaufnahmehemmer ist weit verbreitet, in der Annahme, neben affektiven insbesondere auch impulsive Symptomatiken positiv beeinflussen zu können. Der vorliegende Artikel befasst sich mit der gegenwärtig verfügbaren Evidenz aus randomisiert-kontrollierten Studien zur Wirksamkeit von Antidepressiva bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen. Betrachtet werden sowohl Effekte auf Borderline-spezifische Symptomatiken als auch auf assoziierte Psychopathologie wie Depressivität, Angst oder allgemeine Belastetheit. Deutlich wird, dass zum einen die Studienlage die versorgungspraktische Relevanz der Antidepressiva (und insbesondere der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) nicht reflektiert, d. h. überhaupt nur wenige randomisiert-kontrollierte Studien vorliegen. Zum anderen kann nach gegenwärtiger Studienlage kein wesentlicher Effekt hinsichtlich Borderline-spezifischer Symptomatiken als belegt angesehen werden. Abschließend werden die Befunde im Kontext der Forschungs- und Versorgungspraxis diskutiert.

Antidepressants in borderline personality disorder
According to major treatment guidelines, antidepressants are of high importance in the treatment of people with borderline personality disorder, and are highly used in daily clinical practice, regardless of the presence of comorbid conditions such as, e. g., depressive disorders. Especially selective serotonin-reuptake inhibitors are given in order to ameliorate both affective as well as impulsive symptoms of people with borderline personality disorder. This article refers to the up-to-date available evidence from randomised- controlled trials investigating the effects of antidepressants in borderline personality disorder, both on borderline-specific as well as associated, unspecific pathology and symptoms, such as depression, anxiety and general psychopathological burden. It becomes apparent that the wide-spread use of antidepressants (and especially selective serotonin reuptake inhibitors) is not reflected by the evidence, as there are only few randomisedcontrolled studies available. What is more, the current evidence does not definitely prove effects of antidepressants for core symptoms of borderline personality disorder. Finally, the findings are put into perspective of research and clinical practice.

Schlagworte: Antidepressiva, Borderline-Persönlichkeitsstörung, borderline personality disorder, evidenzbasierte Medizin, evidence-based medicine, Antidepressants
Formate: pdf, html
Klaus Lieb, Jutta Stoffers
Seite 192 - 201
Imaginatives Überschreiben bei Patienten mit Persönlichkeitsstörung und Depression

Imaginatives überschreiben (ImRS) von mentalen Bildern kommt bei der Behandlung verschiedenster emotionaler Probleme schulenübergreifend immer häufiger zum Einsatz. Besonders Menschen mit Persönlichkeitsstörungen (PS) leiden unter belastenden Erinnerungen, negativen Zukunftsbildern oder sensorischen Intrusionen. Auch bei depressiven Erkrankungen, welche häufig komorbid zu einer PS vorliegen, konnten belastende mentale Bilder bei einem großen Anteil der Patienten nachgewiesen werden. Es bestehen zahlreiche Wirksamkeitsnachweise für ImRS zur Behandlung dieser mentalen Bilder bei verschiedenen psychischen Erkrankungen. In diesem Beitrag wird der Hintergrund des Verfahrens erläutert, das Vorgehen bei Patienten mit PS und Depression anhand von Fallbeispielen demonstriert und der aktuelle Stand der Forschung dargestellt.

Imagery rescripting in patients with personality disorder and depression
Imagery rescripting (ImRS) is increasingly applied in the treatment of various emotional problems across theoretical backgrounds. Both patients with personality disorders (PD) and with PD suffer particularly from upsetting memorys, negative images of the future and sensory intrusions. ImRS has proven to be effective in the treatment of mental images in various psychological disorders. In this article we describe the theoretical background and the application of ImRS in the treatment of patients with PD and comorbid depression. Case examples and status quo in research will be presented.

Schlagworte: imagery rescripting, Imaginatives Überschreiben, mentale Bilder, emotionsfokussierte Techniken, mental images, emotion-focussed treatment
Formate: pdf, html
Gitta Jacob, Laura Seebauer
Seite 202 - 211
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