Träume werden vor dem Hintergrund moderner klinischer Traumtheorien und experimenteller Traumforschung nicht länger als halluzinierte Wunscherfüllungen angesehen, sondern als Versuche, aktuelle belastende Konflikte zu lösen bzw. damit verbundene Affekte zu regulieren. Darüber hinaus dienen Träume einem Angleichungsprozess, d. h. der Integration von vergangenen und gegenwärtigen Erfahrungen ins Langzeitgedächtnis. Eine erfolgreiche Affektregulierung im Traum bedarf nach Moser und von Zeppelin einem Austarieren zwischen dem Bedürfnis nach Sicherheit und dem Bedürfnis nach Interaktion mit bedeutsamen anderen. Die Borderline-Erkrankung als strukturelle Störung par exellence zeichnet sich durch eine Affektregulationsstörung aus, die mit einer eingeschränkten Symbolfähigkeit einhergeht. Der Beitrag arbeitet vor dem Hintergrund des Forschungsstands, von Traumberichten akut erkrankter Borderline-Patientinnen und zweier Behandlungsberichte heraus, dass pauschale Verallgemeinerungen über einen mangelnden Symbolgehalt der Träume von Borderline-Patienten unzulässig sind. Die Existenz von Borderline-typischen Träumen wird bestritten. Nur der Tendenz nach scheinen Borderline-Patienten ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis im Traum aufzuweisen, was eine Desobjektalisierungstendenz in ihren Träumen erklären könnte. Eine therapeutische Bearbeitung des Traummaterials von Borderline-Patienten unter der Berücksichtigung neuerer Traumtheorien wird empfohlen.
How do patients with borderline personality disorder dream?
Concerning new clinical dream theories and experimental dream research, dreams can no longer be considered wish-fulfilling hallucinations. Instead, dreams are seen to resolve actually relevant conflicts and regulate affects involved. Furthermore, dreams serve as a matching process that integrates former and current experiences into long-term memory. Following Moser and von Zeppelin successful affect regulation requires a balance between two basic needs: security and involvement with significant others. The borderline personality disorder is characterized by a dysfunction of affect regulation and inhibited symbolization. Nonetheless, global generalization about borderline typical dreams and non-symbolic contents are questioned on the background of state of the art, dream reports by acutely ill borderline patients and two treatment reports. Only by trend dreams of borderline patients seem to show greater needs for security which may explain their tendency of desobjectualization. Therapeutic work that acknowledges recent dream theories is recommended.
Psychoanalytisch-klinische sowie experimentelle Traumforschung vertiefen unser Wissen über psychische Wahrnehmungs-, Bearbeitungs- und Gedächtnisprozesse. Befunde aus neurophysiologischen Untersuchungen des Gehirns und aus psychologisch/psychoanalytischen Untersuchungen des psychischen Erlebens ergänzen sich gegenseitig. Der Entwurf einer Neurobiologie des Träumens mit Hilfe neurophysiologischer Untersuchungsmethoden berücksichtigt die mit Schlaf und Traum verbundenen physiologischen Prozesse. Möglichkeiten aber auch Grenzen der im Grenzgebiet zwischen Psychoanalyse und Neurowissenschaften angesiedelten Traumforschung werden diskutiert; es wird auf den Kategorienfehler hingewiesen, neurophysiologische Befunde als kausale Erklärungsbasis für psychologische Prozesse anzuwenden. Anhand von eigenen Forschungsbeispielen wird gezeigt, wie fMRT-Bilder Informationen über physiologische Aktivierungsprozesse im Gehirn enthalten, aber nur als korrelative Phänomene zu verstehen sind, die psychische Verarbeitungs- und Erlebensprozesse nicht erklären können.
The end of dreaming? – Dream research and fMRI
Psychoanalytic-clinical dream research as well as experimental dream research deepens our knowledge about psychological perception and memory processes. Results of neuro-physiological research of the brain and results of psychological/psychoanalytical research of the mind can be understood as complements. The conception of a neurobiology of dreaming based on new techniques like the fMRI takes physiological processes connected to sleep and dreaming into consideration. Options as well as limits of dream research in the borderland between psychoanalysis and the neurosciences are discussed. Attention is devoted to a possible basic error when neuro-physiological research results are used to draw causal conclusions on psychological processes. By means of own examples of research it is demonstrated that fMRI-pictures contain information about physiological activation processes in the brain. However they can only be understood as correlative phenomena, which cannot explain psychological processes in the mind.
Zwischen depressiven Erkrankungen und Schlafstörungen gibt es einen engen Zusammenhang. Eine Depression wird fast immer von Schlafstörungen begleitet. Umgekehrt leiden viele Patienten mit einer Schlafstörung unter Antriebsstörungen und depressiven Verstimmungen. Die moderne Schlafforschung konnte mithilfe polysomnografischer Untersuchungen einige Veränderungen der Schlafarchitektur identifizieren. Dazu gehören neben einer Verminderung des Tiefschlafanteils vor allem eine Disinhibition der REM-Schlafaktivität mit Vorverlagerung der ersten REM-Schlafphase und Erhöhung der Augenbewegungsdichte (REM-Dichte) während des REM-Schlafs. Diese änderungen des Schlafprofils sind wenig spezifisch, das heißt, sie finden sich nicht nur bei der Depression, sondern auch bei anderen psychiatrischen Erkrankungen. Polysomnografische Parameter können daher nur einen sehr begrenzten Beitrag für die Diagnosestellung leisten und sind auch nur bedingt als Verlaufsparameter geeignet. Mithilfe verschiedener neurobiologischer Modelle wurde versucht die veränderte Abfolge der Schlafstadien bei der Depression zu erklären. Auch im Bereich der pharmakologischen und nicht pharmakologischen Therapie depressiver Erkrankungen wird die enge Verknüpfung von Depression und Schlafstörungen deutlich: Viele Antidepressiva haben einen unterdrückenden Einfluss auf den REM-Schlaf und normalisieren somit das Schlafprofil. Schlafdeprivation kann günstige Auswirkungen auf die depressive Symptomatik haben. Neben der medikamentösen Therapie einer Schlafstörung im Rahmen einer Depression, werden vor allem auch nicht medikamentöse Therapieformen erfolgreich eingesetzt. Vor allem kognitiv-verhaltenstherapeutische Maßnahmen können Schlafstörungen längerfristig positiv beeinflussen und dadurch wesentlich zur Rezidivprophylaxe beitragen.
Sleep and sleep disorders in patients with depression
There is a close relationship between depressive disorders and sleep disturbances. Depression is typically accompanied by severe sleep disturbances. Conversely, most of the patients with sleep disorders report reduced drive and depressive mood. Using polysomnographic methods, modern sleep research has identified several alterations in the sleep architecture of patients with depressive disorders. Beside a general decrease in the amount of slowwave sleep these alterations mainly pertain to a disinhibition of the REM sleep system including a reduced REM sleep latency and an elevated level of REM density during REM sleep. However, the diagnostic and therapeutic specificity of these polysomnographic parameters is rather limited as they are also observed to a certain extent in other neuropsychiatric diseases. Several neurobiological frameworks have been developed to account for the non-physiological distribution of sleep stages in depression. The close relationship between depression and sleep disturbances also becomes obvious with regard to pharmacological and non-pharmacological treatments of the disease: most antidepressant drugs lead to a suppression of REM sleep, thus normalizing the sleep profile. Sleep deprivation may have a beneficial effect on depression. Patients with depression and sleep disturbances do not only benefit from antidepressant drugs but also from non-pharmacological treatments. Specifically, cognitive-behavioral interventions have been shown to be an efficient treatment of sleep disturbances and to reduce the risk of relapse.
Alkohol kann schon in kleinen Mengen genossen das Schlafprofil und die Gedächtnisbildung beeinflussen. Chronischer Konsum, insbesondere in hohen Dosen, führt unter anderm zu lang anhaltenden negativen Effekten auf Schlaf, Gedächtnis und Kortisolsekretion, die miteinander interagieren. Diese negativen Folgen des Konsums führen zu einem erhöhten Rückfallrisiko bei Alkoholabhängigen und sind möglicherweise auch kausal mit der hohen Komorbidität für Persönlichkeitsstörungen verknüpft. In dieser übersichtsarbeit sollen die akuten von den chronischen Alkoholwirkungen anhand der Literatur dargestellt werden und abschließend die Hypothese abgeleitet und begründet werden, dass eine Störung des emotionalen Gedächtnis bei Alkoholabhängigen einen wesentlichen Einfluss auf das Rückfallrisiko haben könnte.
The effect of alcohol on sleep and memory
Already the consumption of low amounts of alcoholic beverages has effects on sleep and memory processing. Chronic consumption, especially in high doses results in chronic negative effects on sleep, memory and cortisol secretion all of which interact. These negative effects of consumption are associated with an increased risk of relapse. They might also be a cause for the high comorbidity with personality disorders. In this review of the literature with regard to these effects of alcohol consumption the acute and low consumption of alcohol will be separated from the effects of chronically high consumption. Finally it will be hypothesised on the basis of these data that a disturbance of emotional memory in alcohol dependent patients might be an important risk factor for relapse.
In der Vergangenheit hat es eine einseitige Betonung randomisierter kontrollierter Studien (RCT: randomized controlled studies) als wissenschaftlichen Goldstandard gegeben. Aus der klinischen Perspektive wird diese Einseitigkeit zunehmend kritisch hinterfragt und die Durchführung pragmatischer kontrollierter Studien (PCT: pragmatical controlled studies) gefordert. Die Argumentationslinien werden im ersten Teil dieser Arbeit im Allgemeinen sowie in Bezug auf die psychoanalytische Forschung aufgezeigt. Im zweiten Teil wird von einer Studie bei der Anwendung störungsspezifischer Psychotherapie für Borderline-Störungen im stationären Rahmen berichtet, die nach den Prinzipien einer PCT konzipiert wurde. Auch unter klinischen Alltagsbedingungen fanden sich für ein störungsbezogenes Vorgehen bei Borderline-Störung gute Effektstärken (GSI/SCL-90-R: bis d = 0,61; BSS: bis d = 1,22, n = 20) vor allem in der Einschätzung der Therapeuten. Außerdem zeigte sich eine signifikant positive Korrelation zwischen Behandlungsdauer und Behandlungsergebnis. Die Bedeutung der Ergebnisse sowohl für das geschilderte methodische Problem als auch für die stationäre Behandlung von Borderline-Patienten wird diskutiert.
Pragmatical clinical trials as essential supplement for inpatient psychotherapy evaluation – a naturalistic study of psychotherapy with borderline-patients
During the last decades there has been a strong emphasis on randomized controlled studies (RCT) as gold standard in comparison to observational studies. This has been questioned lately. From the clinical perspective, there is an increasing demand for pragmatical controlled trials (PCT). In the first part of this paper we outline the landmarks of this discussion in general and with special regard to psychoanalytic research. In the second part we report the results of a PCT designed study to analyse the effect of disorder specific psychotherapy for borderline-inpatients in a «real life» hospital setting. Also within this observational frame good treatment effect could be found, both for GSI of the SCL-90-R (up to d = 0,61) and for the Impairment Scale IS (up to d = 1,22, n = 20). There was also a significant positive correlation between treatment outcome and length of therapy. The results are discussed considering both the methodological as well as the borderline treatment issue.
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