Im Beitrag werden die beiden großen Themenbereiche Selbstkonzept und Selbstwertschätzung behandelt. Zunächst werden allgemeine Definitionen und Abgrenzungen zu anderen Konstrukten vorgestellt. Anschließend wird auf die Messung sowie auf empirisch gefundene Korrelate eingegangen. Besonderer Fokus liegt dabei auf den jeweiligen Zusammenhängen mit Aspekten der psychischen und physischen Gesundheit. Erläutert werden inhaltliche Aspekte des Selbstkonzepts, beispielsweise Selbstschemata und potenzielle Selbstbilder sowie Aspekte der Selbstkonzeptstruktur, das heißt Selbstkonzeptklarheit, Selbstkomplexität und Kompartmentalisierung. Im Bereich Selbstwertschätzung werden Selbstwertfacetten, Selbstwertstabilität, Selbstwertkontingenzen und implizite Selbstwertschätzung behandelt.
Self-concept and self-esteem
The paper focuses on self-concept and self-esteem. First we present definitions and distinctions between different concepts in this field. We then describe measurement approaches and empirical findings. Specific emphasis is given to the relationship with physical and mental health. We elaborate on aspects of the self-concept such as self schemata and possible selves as well as on selfconcept structure, i.e. self-concept clarity, self-complexity and compartmentalization. With respect to self-esteem we discuss facets of self-esteem, self-esteem stability, contingencies of selfworth and implicit self-esteem.
Das Konzept des Selbst ist in Philosophie und Psychologie älter als die Psychoanalyse. Diese Bedeutungsgeschichte kann nicht einfach übergangen werden. Es wurde in die Psychoanalyse übernommen, weil man auf die Funktion, in der das Ich sich selbst zum Objekt nimmt, nicht mehr verzichten zu können glaubte. Eine weitere Bedeutung gewann das Konzept in der Neuformulierung der Narzissmus-Theorie durch Kohut, der diese Störung als Versuch einer kompensatorischen Bewältigung von Spannungen innerhalb des Selbst sah. Das Selbst ist eindeutig ein phänomennaher (Selbstbeobachtung, Selbstgefühl, Selbstsicherheit) Begriff, der sich auch deshalb gegen die Integration in die eher phänomenkritische Psychoanalyse »sperrt«. Der am ehesten den Phänomenen nahe kommende Begriff im Zusammenhang einer psychoanalytischen Selbstpsychologie ist der der Identität, welche ohne ein Identitätsgefühl auch kaum zu denken ist. Dieser in der Psychotherapie eigentlich unverzichtbare Begriff war vorher in der Psychoanalyse kaum beheimatet und auch in der Folge eher ein fremder Gast. Die Versuche einer Integration in die Psychoanalyse erfolgten meistens über das Strukturmodell der Persönlichkeit, führen demzufolge aber unvermeidlich in die allgemeinen Probleme der psychoanalytischen Metapsychologie. Besondere Probleme entstanden – neben ihren unbestreitbaren Verdiensten - mit den Versuchen der Unterscheidung eines wahren und eines falschen Selbst. Besondere Chancen für die Klinik taten sich besonders in der heute innerhalb der Mainstream-Psychoanalyse kaum noch aktuellen Selbstpsychologie auf, wie sie Kohut vertreten hatte. Aktuell und kliniknah lassen sich sowohl Selbstkonflikte beziehungsweise Identitätskonflikte als auch die Selbst-bezogenen Anteile der Struktur mit der OPD beschreiben.
The self – a look back to the little known history of the concept and its significance for psychoanalysis
An overview on the history and the fate of the self concept in psychoanalysis is given. Freud didn't know something like the self, he seems not even to have missed such a construct already available in contemporary psychology especially with W. James. It is probable, that Hartman and others borrowed from phenomenology when introducing the self into psychoanalytic theory. The central trait of the self is its capacity to reflect itself (sometimes incorrectly attributed to the ego). The feeling of identity seems to be its main win for the personality concept and shame was proposed to be looked at as its predominant affect. Despite these advantages the concept of the self had only temporary influence on psychoanalysis. Kohut's ideas were by no doubt contradictory to conflict theory and therefore from the beginning accepted only with reservations. So finally Winnicott's (and others) construct of the true and the false selves seem to be the surviving trivial rests of a lost chance, which could have helped psychoanalysis to integrate more clinical and phenomenological significance.
Der Beitrag betrachtet Scham und Schuldgefühle aus emotionspsychologischer und klinischer Perspektive. In einem Ordnungsversuch werden die im Umfeld von Scham und Schuld auftretenden Erlebensformen in subjekt- und objektbezogenes Erleben und den damit verbundenen Bewältigungsstrategien unterschieden und mit dem Integrationsgrad psychischer Struktur in Verbindung gebracht. Anschließend werden die diagnostischen Kriterien der Persönlichkeitsstörungen laut DSM-IV hinsichtlich expliziter und impliziter Aussagen in Bezug zu Scham und Schuld betrachtet. Dabei stellt sich heraus, dass sich in den Kriterien nahezu aller Persönlichkeitsstörungen Verweise auf Scham- und/oder Schuldthemen finden. Empirische Daten aus einem aktuellen Forschungsprojekt zeigen, dass das das subjektive Scham- und Schulderleben umso ausgeprägter ist, je mehr Kriterien für Persönlichkeitsstörungen erfüllt sind, die durch ausgeprägt subjektbezogenes Erleben charakterisiert werden. Die einzelnen Persönlichkeitsstörungen können als mehr oder weniger stabile Erlebensformen inklusive bestimmter Bewältigungsstrategien von leicht aktivierbaren Emotionen verstanden werden.
Shame and guilt in personality disorders
In this contribution guilt and shame is regarded under the perspective of emotion and clinical psychology. In an attempt to summarize the different ways of experiencing guilt and shame, we distinguish between subject and object related ways of subjective experience and associated coping strategies of guilt and shame. Furthermore a link between these two ways of experiencing and the level of the integration of the psychic structure is drawn. Subsequently the DSM-IV criteria for personality disorders are analysed regarding explicit and implicit references to guilt and shame. The diagnostic criteria for most personality disorders show clear hints on guilt and/or shame related topics. Empirical data from an ongoing research project support this finding. In a mixed patient sample we found a positive link between the experience of shame and guilt and the number of fulfilled DSM-IV criteria for those personality disorders which are clearly characterised by a subject related experience of guilt and shame. The different personality disorders can be understood as more or less stable, specific forms of experience and coping strategies of characteristic and easily activated emotions.
Identitätsstörung und ein instabiles Bild vom »Selbst« stellen eines der Kriterien der Borderline-Störung dar. Dieser Aspekt der Störung wird durch die Konstrukte Selbstkonzept, Selbstkonzeptklarheit und Selbstwertgefühl erfasst. In dieser übersichtsarbeit stellen wir empirische Ergebnisse und klinische Beobachtungen vor, welche die Bedeutung eines niedrigen stabilen Selbstwertes und einer niedrigen Selbstkonzeptklarheit bei der Borderline- Störung erläutern. Der niedrige stabile Selbstwert scheint direkt mit den bei der Störung vorliegenden selbstabwertenden Schemata in Zusammenhang zu stehen. Die Kernemotion scheint hierbei das Schamgefühl zu sein. Patientinnen mit einer Borderline- Störung sind förmlich gefangen in einem Kreislauf aus Scham, Selbstabwertung, Anspannung, dysfunktionalen Verhaltensweisen, wie zum Beispiel parasuizidalem Verhalten und letztlich wieder Scham als Reaktion auf ihr Problemverhalten. Am Ende stellen wir therapeutische Strategien vor, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen.
Self-esteem and borderline personality disorder
Borderline personality disorder (BPD) is a severe form of personality disorder with a characteristic pervasive pattern of instability in interpersonal relationships, self image, and affects, and marked impulsivity. Identity disturbance and an unstable sense of self constitute one of the criteria for BPD. This aspect of the disorder is partially captured by the construct of self-concept, self-concept clarity, and self-esteem. In this overview we provide empirical evidence for low »trait« self-esteem and low self-concept clarity in BPD patients. Low »trait« self-esteem seems to be directly related to self-devaluating schemata with shame being the core emotion. BPD patients seem to be caught in a circle of shame, self-devaluation, aversive tension, dysfunctional behaviour, like parasuicidal behaviour, and again shame. Therapeutic strategies are presented to interrupt this vicious circle.
Anliegen: Der vorliegende Artikel gibt einen überblick über den Zusammenhang der beiden Konstrukte Selbstwert und Narzissmus. Methode: Betrachtung des Narzissmus als psychologisches Konstrukt, Persönlichkeitsvariable und Persönlichkeitsstörung, Beschreibung des Selbstwerts bei Personen mit hohen narzisstischen Persönlichkeitsanteilen, insbesondere narzisstischer Strategien zur Selbstwerterhöhung und therapeutischen Ansätzen. Ergebnisse: Normaler Narzissmus ist mit hohem Selbstwert verbunden und korreliert mit guter psychischer Gesundheit. Narzissmus ist die problematische von drei Varianten hoher Selbstwertschätzung. Studien zeigen, dass narzisstische Personen einen hohen expliziten, aber einen niedrigen impliziten Selbstwert zeigen. Narzissten nutzen verschiedene Strategien zur Selbstwerterhöhung, um das psychische Gleichgewicht zu halten. Gelingt dies nicht, begeben sie sich in psychotherapeutische Behandlung
Self-esteem and narcissism
Objective: This review provides information about the interrelation between the two constructs self-esteem and narcissism. Methods: Viewing narcissism as a psychological construct, a variable of personality and as a personality disorder, presenting the self-esteem of persons with a high narcissistic personality, especially presenting the narcissistic strategies for self-enhancing and psychotherapeutic treatments Results: Normal narcissism is associated with high self-esteem and correlated with good psychological health. Narcissism is the problematic one of three types of high self-esteem. Studies argue, that narcissistic participants show a high explicit but a low implicit self-esteem. Narcissistic use some different strategies for self-enhancing for holding a psychic balance. When it does not succeed narcissistic persons proceed to psychotherapy.
Der Selbstwert von Menschen wird erheblich belastet durch negative, innere Selbstattributionen. Die Schematherapie konzeptualisiert diese als Niederschläge früherer Beziehungserfahrungen in der Kindheit und Jugend, die zu inneren Schemata führen. Frühe Beziehungserfahrungen werden zum Introjekt (Modi der fordernden und strafenden inneren Eltern) und stehen den Modi der unbefriedigten kindlichen Grundbedürfnisse gegenüber. Die Schemata werden in gegenwärtigen Beziehungsinteraktionen als Modi (innere funktionelle Teile des Selbst) aktiviert und handlungsleitend. Dies führt zu inneren Konfliktspannungen und dysfunktionalen Bewältigungsversuchen. In diesem Artikel wird nach einer Einführung in das Modi-Konzept aufgezeigt, wie diese Konflikte mit den Patienten zunächst kognitiv konzeptualisiert, dann emotional aktiviert und durch einen inneren Dialog strukturiert modifiziert und in den Modus des »gesunden Erwachsenen« funktional integriert werden können.
How to change self-defeating schemas
The patients' self-esteem is diminished by a negative view of themselves, thus deriving from early childhood interaction with significant others. Schemas are built up from unmet core needs and internalized attributions of the parents leading to maladaptive coping styles and mode-activations and conflicts in actual relationships. The article gives an introduction into the mode-concept and describes the cognitive conceptualisation and modification of the patients' internal conflicts by using imagery-work, dialogue techniques and forms towards the integration of these »parts of the self« into the mode of the »healthy adult«.
Die Stärkung des Selbstwertes ist ein wesentliches Ziel vieler Patienten, da Selbstwertprobleme im Zusammenhang mit allen Persönlichkeitsstörungen auftreten können. Verhaltenstherapeutische Methoden zur Steigerung des Selbstwertes zielen auf die Erweiterung von Kompetenzen, die Förderung von positiven Erlebnissen mit sich selbst sowie die Arbeit an Werten. Beim Einsatz dieser Interventionen in der Arbeit mit persönlichkeitsgestörten Patienten sollten Strategien eingesetzt werden, die einerseits der hohen Relevanz des Selbstwertes in dieser Gruppe Rechnung tragen und andererseits die häufig starke Angst vor Veränderungen beachten. Vorgeschlagen wird ein kleinschrittiges Vorgehen auf behavioraler Ebene sowie intensive Arbeit an der ambivalenten Motivation und ein offener Umgang mit negativen Gefühlen. Eine gute Heuristik zur individuellen Therapieplanung bietet die Schematherapie nach Jeffrey Young.
Behavioural therapy of self esteem problems in patients with personality disorder
Strengthening self-esteem is an important goal in many psychotherapeutic treatments of personality disorders, as self-esteem problems occur in the context of all personality disorders. Methods to strengthen self-esteem in behaviour therapy include enhancing competences and skills, encouraging positive experiences with oneself, and modifying personal values. In patients with personality disorders, self-esteem is particularly relevant on the one hand, but on the other hand the fear of change is very high. Therefore behavioural changes should be realized in small steps, the ambiguous motivation should be taken into account and negative affects should be dealt with frankly. Schema therapy according to Jeffrey Young offers good heuristics for individual treatment planning.
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