Literatur über Paarkonflikte bei Persönlichkeitsstörungen ist de facto nicht existent. Der vorliegende Artikel stellt eine erste Bestandsaufnahme zu diesem Thema dar. Er nimmt Bezug auf grundlegende Arbeiten der Paarforschung und versucht – orientiert an den diagnostischen Kriterien der DSM-5 und aktuellen psychodynamischen Konzepten – typische Konfliktkonstellationen der einzelnen Persönlichkeitsstörungen herauszuarbeiten. Schlussfolgernd wird dafür plädiert, in der Behandlung von Menschen mit Persönlichkeitsstörungen die Partner miteinzubeziehen, um dadurch zusätzliche Informationen für das Verständnis der zugrunde liegenden Psychodynamik und die Ausrichtung der Behandlung gewinnen zu können.
Typical couple conflicts in personality disorders – an inventory
Literature on couple conflicts in personality disorders hardly exists. The present article establishes a first inventory on this subject. Referring to basic research in couple relationships and based on DSM-5 diagnostic criteria as well as current psychodynamic concepts, the article intends to identify typical conflict constellations in personality disorders. It is concluded that by involving relationship partners in the treatment of people with personality disorders valuable information can be obtained for understanding the underlying psychodynamics and for treatment planning.
In diesem Artikel werden Studien präsentiert, die mimische Prozesse der Affektregulierung bei Paaren analysierten, die Gespräche über spezifische negative Emotionen (Ärger, Schuldgefühle, Eifersucht) in ihrer Partnerschaft führten. Die Gespräche wurden auf Video aufgezeichnet und mit dem Facial Action Coding Systems (FACS) codiert. Identifiziert wurden bestimmte interaktive Beziehungsmuster, die dazu dienen, Störungen in der Affektregulierung einer Person mit Hilfe des Interaktionspartners auszuregulieren. Diese sogenannten Prototypischen Affektiven Mikrosequenzen (PAMs) sind durch Lächeln und Lachen gekennzeichnet und signalisieren einem Partner emotionale Verbundenheit trotz auftretender Konfliktspannung. Gelingende PAMs, in denen das Lächeln oder Lachen vom Partner erwidert wird, scheinen charakteristisch für gut funktionierende Paare zu sein. Problematische Beziehungen hingegen sind durch nicht-gelingende PAMs gekennzeichnet. Weiter ließen sich Zusammenhänge zwischen der Häufigkeit gelingender PAMs und der Beziehungszufriedenheit von Paaren feststellen. Außerdem zeigten sich geschlechtsspezifische Unterschiede in der Verwendung mimischer Regulierungsprozesse dahingehend, dass die mimischen Beziehungsangebote der Männer häufiger von den Frauen angenommen werden als umgekehrt. Schließlich werden mimische Affekte und psychische Störungen, insbesondere auch Persönlichkeitsstörungen, in Verbindung gebracht.
Facial affects and relationship conflicts
In this contribution, we present several studies, which analyzed facial processes of affective regulation in couples' interactions. In these interactions, the couples discussed specific negative emotions (anger, guilt feelings, jealousy) occurring in their relationship. The discussions were videotaped and coded with the Facial Action Coding System (FACS). So-called Prototypical Affective Microsequences (PAMs) with smiling or laughing were identified. They function to balance out perturbations in the affective regulation with the help of the partner. In well-functioning couples, we can observe shared smiling and laughing of both partners rather frequently, in problematic relationships, however, the partners often do not respond to these relationship offers. Additionally, we found a relation between the frequency of successful PAMs and relationship satisfaction as well as gender specific differences in the use of PAMs. Finally facial affects are related to mental disorders, especially personality disorders.
Mehrgenerationelle Grenzenstörungen werden von der psychodynamischen Traumatheorie als wesentliche Determinanten für Beziehungsstörungen bei Persönlichkeitsstörungen gesehen. Die häufig impulsiven Emotionsdysregulationen manifestieren sich besonders in intimen Beziehungen. Daher ist die Einbeziehung der Partnerschaft in die Therapie von großer Bedeutung. Besonderen Einfluss auf harte Trennungsausein-andersetzungen haben traditionell die unbewussten Verlust- und Bindungstraumata in Kombination mit Parentifizierungen als Eltern- oder Partnersubstitut.
Parentification and couples’ conflicts
The multi-generational transmission process of traumatization is a core concept for distur-bances in relationships of patients with persona-lity disorders. Intensive emotional dysregulations are realized especially in intimate relationships. The inclusion of couples' therapy into the psychotherapy of personality disorders is very important. As background of rigid separation and splitting processes in couples the theory of unconscious loss- and bonding traumata in combination with parentification processes have a great influence on the therapy.
Im ersten Teil werden Anmerkungen aus systemischer Sicht zum Thema Persönlichkeitsstörungen im Allgemeinen gemacht, um dann, im zweiten Teil, vier »systemische Heuristiken« darzustellen, die im Rahmen einer Paartherapie nützlich sein können, unabhängig davon, ob eine/r oder beide eine Persönlichkeitsstörung aufweisen; in Teil drei werden aus der Palette der »systemischen oder verwandten Methoden« diejenigen aufgeführt, die in der Paartherapie relevant sein können.
No-one is alone responsible for a personality disorder
In the first section, we address the subject of personality disorders in general, from the systemic point of view. On this basis, we then present in the second section four »systemic heuristics« that may be useful in couples therapy, irrespective of whether one or both partners have a personality disorder. Section three gives examples from the wide range of systemic or related methods that may be relevant to couples therapy.
Grundlegende Mechanismen von Partnerwahl und Paarbeziehungen werden erläutert. Dabei bleiben einige Aspekte zum Teil unaufgeklärt, z. B. das Phänomen der Liebe. Paarkonflikte können u. a. als kollusive Prozesse verstanden werden. Hierbei spielen interaktionelle Übertragungsprozesse eine wesentliche Rolle, besonders bei Persönlichkeitsstörungen. Zudem wird die Bedeutung der Adoleszenz und des beginnenden Erwachsenenalters für die Überwindung von malignen Wiederholungstendenzen in Objektbeziehungen skizziert.
Collusion and love – personality disorders and couple relationship
Basic mechanisms of choice of partners and couple relationships are explained. Some main aspects remain unsolved, e.g. the phenomena of love. Conflicts of couples are seen as processes of collusion, processes of transference in interaction are essential, especially in personality disorders. In addition the significance of adolescence and emerging adulthood for overcoming malignant repetition tendency in object relations is outlined.
Die Übertragungsfokussierte Psychotherapie (TFP) ist ein von Otto Kernberg und Kollegen entwickeltes objektbeziehungstheoretisches Verfahren zur Behandlung schwerer Persönlichkeitsstörungen. Im Vordergrund steht die Arbeit in der Patient-Therapeut-Beziehung unter besonderer Berücksichtigung von Übertragungs- und Gegenübertragungsgeschehen. Zum Umgang mit Paarkonflikten ist innerhalb der TFP kein eigenes Modul entwickelt worden, es können jedoch die TFP-Prinzipien auf die Behandlung von Konflikten der Paarbeziehung angewandt werden. Unter Wahrung der technischen Neutralität werden Paarkonflikte in der Einzeltherapie anhand von Klärungen betrachtet und mit Hilfe von Konfrontationen und Deutungen die zugrunde liegenden Objektbeziehungsdyaden exploriert. In einem Fallbeispiel wird verdeutlicht, wie es in Einzelfällen sinnvoll sein kann, das therapeutische Setting für eine begrenzte Zeit zugunsten gemeinsamer Paargespräche mit dem Partner des sich in Therapie befindlichen Patienten zu verändern. Zentral ist in diesem Fall, diese Sitzungen mit einem zweiten Therapeuten in einem Gespräch zu viert durchzuführen, um unter Nutzung der TFP-Techniken die Paarkonflikte zu bearbeiten und anschließend in das Einzelsetting zurückzukehren.
Transference focused psychotherapy (TFP) and couples‘ conflicts
Transference focused psychotherapy (TFP) was n developed by Otto Kernberg and colleagues for the treatment of severe personality disorders. Based on modern object relations theory, it focuses on the patient-therapist relationship and transference and countertransference dynamics. No specific module for dealing with couples' conflicts has been developed within TFP so far, but TFP techniques can be used to deal with patients having conflicts within their romantic relationships. While maintaining technical neutrality, these conflicts are examined in the individual psychotherapy using clarifications, and the underlying object relations dyads are explored using confrontations and interpretations. A case example demonstrates how – in individual cases – it may be useful to modify the therapeutic setting for a limited time and conduct couples' sessions both with the patient in treatment and his or her partner. Importantly, these sessions are conducted conjointly with a second therapist in order to deal with conflicts in romantic relationships using TFP techniques and then to return to the single setting again.
Die Mentalisierungsbasierte Therapie (Bateman u. Fonagy 2016) – ursprünglich entwickelt für die Behandlung von Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörungen – wird auch im Bereich der Paartherapie angewendet. Aus Sicht der Mentalisierungstheorie hängt das Gelingen einer Paartherapie wesentlich davon ab, wie den Beteiligten Mentalisierung gelingt bzw. diese zur Konfliktbearbeitung zur Verfügung steht. Wenn die Mentalisierungsfähigkeit der Beteiligten grundsätzlich, wie z.B. bei Persönlichkeitsstörungen, oder temporär stark beeinträchtigt ist, kann die Konfliktdynamik einer Paarproblematik kaum mehr erfasst und bearbeitet werden. Die Förderung von Mentalisierungsfähigkeit in Druck- und Konfliktsituationen ist deshalb insbesondere in der Paartherapie eine zentrale therapeutische Aufgabe, die erfolgversprechend bei Patienten mit Persönlichkeitsstörungen durchgeführt werden kann.
Couples conflicts and mentalization based therapy
Mentalization based therapy (Bateman u. Fonagy 2016) – originally developed for treating patients with a borderline personality disorder – is also used in couple therapy. From the perspective of the theory of mentalization, successful couple therapy relies on the extend participants achieve mentalization or how mentalization is available for processing the conflict(s). If the participants´ ability to mentalize is generally, i.e. with personality disorders, or temporarily not present, it is hardly not possible to conceive and work on the dynamics of conflicts. To support the capability to mentalize in situations of pressure and conflict is therefore, especially in couple therapy, a core therapeutical objective, which can be applied with patients with personality disorders in a promising way.
Einleitend werden die standardmäßige Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) sowie wichtige Verstärkungsquellen von Paarkonflikten skizziert. Die Indikation für eine DBT-Paartherapie, wichtige Therapieziele, der Beginn einer DBT-Familientherapie und Familienskills werden im Anschluss vorgestellt.
Couple conflicts and dialectical behavior therapy
The standard dialectical behavioral therapy (DBT) as well as important sources of reinforcing dysfunctional behavior in couples are shortly outlined. The indication for a DBT couple therapy, important therapy targets, the beginning of a DBT couple therapy and family skills are presented.
Psychopathen faszinieren die Menschen seit jeher, ihre kriminellen Taten werden von den Medien begierig aufgegriffen. Die meisten Menschen mit psychopathischen Zügen werden jedoch nicht kriminell, sondern leben relativ unauffällig in unserer Gesellschaft. Ihre Gefühlskälte, gepaart mit Gewissenlosigkeit und pathologischem Lügen unter der Maske des Charmes hat in der Regel katastrophale Auswirkungen auf Beziehungen. Gibt es typische Eigenschaften von Frauen, die sich auf einen Psychopathen einlassen? Welche emotionalen Folgen hat eine solche Liebesbeziehung für die Frau? Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags stehen individuelle und paardynamische Aspekte (Kollusionsmodell).
Women in relationships to men with psychopathic traits
Mankind has always been fascinated by psychopaths, and their crimes are a widley debated topic in the media. However, most of them aren't criminals and live unconspicuously in our society. Their callousness, lack of consciousness and pathological lying hidden beneath the mask of charme has disastrous consequences in relationships. Are there typical traits in women, who get involved with a psychopath? What are the emotional effects of a love relationship to this kind of man? Besides the individual, the article will also take on a couple dynamics' perspective (collusion).
Das moderne Konzept der Übertragung umfasst das Erleben aller Gefühle, Fantasien, Einstellungen und Abwehrhaltungen des Patienten gegenüber seinem Therapeuten, die durch dessen frühere Beziehungserfahrungen geprägt sind. Die Gegenübertragung ist die Reaktion des Therapeuten auf die Übertragung und beinhaltet alle Gefühle, Eindrücke, Empfindungen, Gedanken und Einstellungen des Therapeuten dem Patienten gegenüber. Bei der Behandlung von Patienten mit einer Borderline-Störung, die während ihrer gemeinsamen stationären Behandlung eine Liebesbeziehung eingehen, breiten sich häufig negative Gegenübertragungsgefühle und skeptische Haltungen im Behandlungsteam aus. Diese aufkommenden Gefühle müssen sorgfältig reflektiert, contained und in Verbindung mit der Pathologie und dem therapeutischen Prozess gesetzt werden. Häufig hat das Entstehen einer Partnerschaft während einer Therapie einen Abwehrcharakter, kann aber gleichsam auch Ausdruck der strukturellen Störung dieser Patientengruppe sein. Durch einen offenen Umgang mit Partnerschaften im stationären Bereich eröffnet sich die Möglichkeit, dysfunktionale Kontaktmuster, die vor dem Hintergrund traumatischer Beziehungserfahrungen zu verstehen sind, in einer psychotherapeutischen Behandlung aufzudecken, zu bearbeiten und zu modifizieren.
Countertransference in partner relationships in inpatient psychodynamic borderline therapy
The modern concept of transference includes the experience of all the patient's feelings, fantasies, attitudes and defensiveness towards his/her therapist, which are moulded by his/her early relationship experiences. Countertransference is the therapist's reaction to the transference and includes all the therapist's feelings, impressions, perceptions, thoughts and attitudes towards the patient. In the treatment of patients with a borderline personality disorder, who enter into a love affair during their joint inpatient treatment, negative countertransference feelings and sceptical attitudes frequently spread among the treatment team. These emergent feelings must be carefully reflected on, contained and contextualised with the pathology and the therapeutic process. The emergence of a partnership during atherapy is often defensive in character, but can also be an expression of the structural disturbance of this patient group. Dealing openly with partnerships in the inpatient setting, opens up the possibility of revealing, processing and modifying dysfunctional contact patterns in a psychotherapeutic treatment, which are to be interpreted in the context of traumatic relationship experiences.
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