In seinen letzten Lebensjahren behandelte Sándor Ferenczi eine amerikanische Patientin, die in seinem »Klinischen Tagebuch« von 1932, das erst 1985 veröffentlicht wurde, verschlüsselt »R. N.« genannt wird. Inzwischen weiß man, daß R. N. für Elisabeth Severn steht, die Ferenczi als seine »Hauptpatientin«, »Kollegin« und schließlich »Lehrmeisterin« bezeichnete. Der Autor rekonstruiert anhand des Tagebuchs und anderer Dokumente die therapeutische Beziehung zwischen beiden, die zu revolutionären technischen Neuerungen (Aktivität, Elastizität, Passivität, Relaxation) und am Ende zur mutuellen Analyse führte und Ferenczi durch seine Abwendung von der analytischen Neutralität und seine Rückkehr zur Verführungstheorie in einen tiefen Konflikt mit Freud trieb. Fortune vertritt die Ansicht, daß man R. N., ähnlich wie Anna O. und Dora, zu den wichtigsten Patientinnen in der Geschichte der Psychoanalyse zählen müsse.
Ferenczi entdeckte bei der Auswertung seiner technischen Experimente die Metafunktion der Technik des Analytikers und seine Übertragungen auf die psychoanalytische Situation. Für ein Verständnis seiner Entdeckungen fehlte ihm aber noch ein umfassenderes Konzept des Übertragungs-Gegenübertragungsprozesses als funktionale Einheit. Seine Experimente scheiterten, weil er das Dilemma zwischen Technik und Beziehung noch nicht auflösen konnte, in das er durch seine zweifache Zielsetzung geriet: Seine Technik sollte Wiederholung in Erinnerung umwandeln, seine Haltung eine neue Erfahrung vermitteln.
Sándor Ferenczi: Aspiration and Failure. A present-day view on his approach to regression
In evaluating the findings of his experiments with psychoanalytic techniques, Ferenczi discovered the meta-function of the analyst’s technique and the various forms of transference projected onto the psychoanalytic situation. What militated against a full understanding of his own discoveries was the lack of a genuinely comprehensive conception of the transference/counter-transference process as a functional unity. His experiments failed because he was unable to resolve the dilemma between technique and relationship that his dual objective had placed him in, seeking to combine a technique for transforming repetition into memory with an attitude communicating new experience.
Die sich in den zwanziger Jahren entwickelnde enge Freundschaft zwischen Sándor Ferenczi und Georg Groddeck, in dessen Baden-Badener Sanatorium sich der jüngere Ferenczi häufig aufzuhalten pflegte, hatte nicht nur etwas mit persönlicher Sympathie zu tun, sondern auch mit einer ärztlich-psychoanalytischen Haltung gegenüber dem Patienten, die sich von der paternalistisch-autoritären Einstellung Freuds zunehmend entfernte. Groddeck und Ferenczi teilten die Auffassung, man könne in der Therapie den Patienten sich entfalten lassen, Regression fördern, Entspannung und Freiheit gewähren, einen mütterlichen Raum schaffen und schließlich zur mutuellen Analyse gelangen. In dem Maße, wie beide diese Haltung bei sich wechselseitig bestärkten, entgleiste Ferenczis Dialog mit Freud, um schließlich in Entfremdung und Verstummen zu enden.
Ferenczi and Groddeck. A friendship
The close friendship that developed in the 1920s between Sándor Ferenczi and Georg Groddeck was not merely a matter of personal sympathy. The younger man was a frequent visitor to Groddeck’s sanatorium in Baden-Baden and the two men found that they shared a therapeutic and psychoanalytic attitude towards the patients that created a progressively widening gulf between them and Freud’s paternalistic and authoritarian stance. Groddeck and Ferenczi both believed in allowing the patient to develop under therapy, promoting repression, permitting relaxation and freedom, creating a maternal space and finally attaining to mutual analysis. To the extent that the two of them encouraged each other in these convictions, Ferenczi’s dialogue with Freud lost its momentum, finally dwindling into estrangement and silence.
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