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PSYCHE, 1969, Jg. 23, Ausgabe 9

PSYCHE, 1969, Jg. 23, Ausgabe 9

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.09.1969
ISSN print: 0033-2623 / ISSN digital: 2510-4187

Details


Hauptbeitrag
Lust und Unlust als Motivationsfaktoren im Entscheidungsgeschehen

Es handelt sich um einen Beitrag zur bewußtseinspsychologischen, deskriptiven Triebpsychologie. Die großen Körperbedürfnisse spiegeln sich im Bewußtsein in Form von Antriebserlebnissen (Phänotriebe). Der Verfasser unterscheidet spontan auftretende von reaktiven Antrieben und drei im inneren Erleben vorfindliche Antriebsgruppen (reine Lustantriebe, Unlust-Lust-Antriebe, reine Unlustantriebe). Lust und Unlust, die regulativen Prinzipien des psychischen Geschehens, sind am – bisher theoretisch gegenüber triebmäßigen und intellektuellen Steuerungsfaktoren vernachlässigten – volitiven Entscheidungsgeschehen in vielfacher Hinsicht beteiligt. Eine Analyse der Willensdynamik zeigt, daß die »Stellungnahme des Ichs« gegenüber kollidierenden Antrieben wesentlich darin besteht, durch eine Probeentscheidung zu ermitteln, welcher Impuls mit der allgemeinen Zielsetzung des Ichs (Glückssicherungsstreben) eher vereinbar ist, was ermöglicht, sich mit diesem zu identifizieren.

The paper offers a contribution to the descriptive, experiental psychology of drives. Major bodily needs are mirrored in consciousness in the form of motivational experiences. The author distinguishes spontaneous from reactive motives and differentiates three groups of motives occurring in inner life: pure pleasure motives, pain-pleasure motives, and pure pain motives. Pain and pleasure, the regulatory principles of psychic events, are involved fourfold in the process of deliberate decision-making; and it has been overlooked in conventional accounts which have dealt only with drive influences and intellectual control factors. An analysis of the dynamics of will shows that the »posture of the ego« with respect to conflicting motives consists essentially in determining by means of a trial decision which impulse is most in accord with the general purpose of the ego (the need to secure happiness) and to identify with this impulse.

Schlagworte: Lust, Unlust, Triebpsychologie, Motivationspsychologie, Willensdynamik, Antriebserlebnis, Befriedigungslust
Formate: pdf
Lambert Bolterauer
Seite 641 - 665
Übergangsobjekte und Übergangsphänomene

Die frühesten Erfahrungen des gesunden Säuglings, die sich in der Beziehung zu seinem ersten Besitz äußern, bieten ein reiches Beobachtungsfeld. Dieser erste Besitz ist nach rückwärts mit autoerotischen Erscheinungen, mit dem Lutschen an der Faust und am Daumen, nach vorwärts mit den ersten weichen Stoffpuppen und Tieren und mit hartem Spielzeug verbunden. Er steht mit dem äußeren Objekt (der Mutterbrust) wie mit den inneren Objekten (der magisch introjizierten Brust) in Zusammenhang und unterscheidet sich doch von beiden. Die Übergangsobjekte und -phänomene gehören dem Bereich der Illusion zu, die am Anfang aller Erfahrung steht. Diese frühe Entwicklungsphase wird durch die besondere Fähigkeit der Mutter ermöglicht, sich den Bedürfnissen ihres Kindes anzupassen und dem Säugling damit die Illusion zu gestatten, daß, was er sich erschafft, auch wirklich existiert. Im allgemeinen zieht das Kind seine Besetzungen vom Übergangsobjekt allmählich ab. Die Sucht kann als Regression auf das frühe Entwicklungsstadium verstanden werden, in welchem die Übergangsphänomene noch unangefochten bestanden; beim Fetischismus läßt sich der Fetisch als beharrlich festgehaltenes Objekt auffassen, das den frühkindlichen Erfahrungen im Bereich der Übergangsphänomene entstammt und mit der wahnhaften Vorstellung eines mütterlichen Phallus verbunden ist; Pseudologie und Stehlen können aus dem unbewußten Bedürfnis verstanden werden, die Kluft in der Kontinuität des Erlebens vom Übergangsobjekt her zu überbrücken.

Schlagworte: Sucht, Objektbeziehung, Illusion, Übergangsobjekt, Symbolbildung, Fetischismus, Versagung, Übergangsphänomen, inneres Objekt, Allmachtsphantasie
Formate: pdf
Donald W. Winnicott
Seite 666 - 682
Zur Frage der Dysmorphophobie

Der Autor schlägt vor, unter der nosologischen Bezeichnung Dysmorphophobie psychoneurotische Symptome zusammenzufassen, denen die Vorstellung von der Häßlichkeit oder Mangelhaftigkeit des eigenen Körpers zugrunde liegt. An Fällen – aus der Literatur und an zwei ausführlichen Falldarstellungen aus der eigenen Praxis – demonstriert der Autor Erscheinungsform, Pathogenese und Verlauf der Erkrankung. Es handelt sich nicht um wirkliche Organminderwertigkeit, sondern um die Phantasie einer solchen. Leitsymptom ist die krankhafte Scham der Patienten. Inzestwünsche und entsprechende Kastrationsängste sind unbewußte Motivationen; es finden sich immer anal-urethrale Charakterzüge und Voyeurismus. Das Ich ist auf der Stufe der Körperallmacht fixiert.

The author proposes to subsume under the nosologic designation »dysmorphophobia« all those psychoneurotic symptoms which are based on the notion that one's own body is ugly or deficient. Using cases from the literature and two detailed histories out of his own practice the author demonstrates the phenomenology, pathogenesis, and course of the illness. No true organ inferiority is involved, only the phantasy of one. Chief symptom ist the morbid shame of these patients. Incestuous wishes and corresponding castration anxieties are unconscious motives; anal-urethral character traits as well as voyeurism and exhibitionism can generally be ascertained. The ego is fixated on the level of the omnipotence of the own body.

Schlagworte: Narzissmus, Scham, Voyeurismus, Dysmorphophobie, Organminderwertigkeit, Menschenscheu, soziale Neurose
Formate: pdf
Theodor Dosužkov
Seite 683 - 699
Seelische Wandlung und deren Beziehung zur sich wandelnden Kultur

Als Kriterium wirklicher psychischer Veränderung wird die Fähigkeit des Erwachsenen oder des Kindes genannt, gegenüber neurotischen Erstarrungsphänomenen (Stereotypien, Phobien etc.) die Freiheit zu beständiger Wandlung wiederzugewinnen. Kultureller Wandel hat seine Grenze an Restriktionen, die den einzelnen Menschen durch verborgene neurotische Prozesse auferlegt sind. Aber auch freie Individuen schaffen nicht automatisch eine freie Gesellschaft, sondern verfügen nur über die Freiheit, für sie zu kämpfen.

Schlagworte: Homosexualität, Freiheit, Selbstbeschädigung, Freiheitseinschränkungen, Klaustrophobie, Kleptomanie, Wandlung
Formate: pdf
Lawrence S. Kubie
Seite 700 - 711
Mitteilung
Zukunft. Prognosen und Entscheidungen. Bericht von der internationalen Sonnenberg-Tagung 1969
Schlagworte: Gruppentherapie, Zukunftsforschung, Bildungswesen, Militärplanung, Oppenheimer-Problem, Psychoanalyse und Marxismus, Studentenunruhen, Tschechoslowakei
Formate: pdf
Eugen Mahler
Seite 712 - 718
Buchbesprechungen
Buchbesprechungen
Formate: pdf
George H. Wiedeman
Seite 719 - 720
Buchbesprechungen
Formate: pdf
Hermann Argelander
Seite 720 - 720
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