Die bisherige Forschung lässt bei Tier und Mensch sichere Zusammenhänge zwischen dem Mutterinstinkt bzw. dem mütterlichen Verhalten und dem hormonalen Geschehen erkennen. Diese eingangs gewürdigten Zusammenhänge sind nicht geschlechtsgebunden; daß sie es selbst beim Menschen nicht sind, lehrte der Fall eines Akromegalen, welcher unter dem Einfluß weiblicher Hormone — speziell des Laktationshormons — ein mütterliches Wesen annahm. Wir treten näher auf die Lebens- und Krankengeschichten von drei akromegalen Frauen ein, die während bzw. im Gefolge einer pathologischen Stillperiode eine ähnliche Wandlung durchmachten, und schließen mit dem eindrücklichen Beispiel eines 43jährigen Chorionepitheliomkranken, der endokrinologisch weitgehend der stillenden Frau glich, selber Brüste hatte, Milch produzierte und dabei in scharfem Gegensatz zu seiner sonst grobmännlichen Haltung in eine warme Welt bergender Mütterlichkeit Zugang fand. Bei ihm verfügen wir über detaillierte klinische, endokrinologische, pathologisch-anatomische und psychiatrische Befunde. Eine Gegenüberstellung von Lebensgeschichte und hormonal-körperlichem Geschehen im Sinne psychosomatischer Betrachtungsweise läßt nun bei allen genannten Kranken vermuten, daß höchstwahrscheinlich das Prolaktin samt den übrigen weiblichen Hormonen seine Wirkung auf die Psyche nur deshalb entfalten konnte, weil dies lebensgeschichtlich-psychologischen Ansprüchen diente. In Würdigung menschlicher Freiheit läßt sich diese Aussage auch anders formulieren, nämlich, die Kranken hätten ihre krankheitsbedingte Hormonlage dazu »benützt«, aus einer »defizitären« Welt eine solche der tragenden Geborgenheit, erfüllt von mütterlichem Empfinden, Wünschen und Handeln zu konstituieren.
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