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3 Fragen an - Unsere Autoren Martina Portmann und Peter Indergand zu ihrem neuen Titel

22.2.2022

Von Marlis Pörtners  >>»Ernstnehmen, Zutrauen, Verstehen« wurden 30.000 Exemplare verkauft. Nun erschien neu bei Klett-Cotta Fachbuch »Ernstnehmen – Zuhören – Erfahrungen ermöglichen«, welches auf diesem Buch basiert und die personzentrierte Haltung ins Feld der Kinderbetreuung adaptiert.

 

Die von Marlis Pörtner mitgeprägte personzentrierte Haltung steht im Mittelpunkt des Praxisbuches »Ernstnehmen – Zuhören – Erfahrungen ermöglichen«. Was zeichnet die personzentrierte Haltung aus und wieso ist sie in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen so wertvoll?

 

Martina Portmann:

Wir Menschen tendieren dazu, andere Menschen zu bewerten und zu schubladisieren. Bei der personzentrierten Haltung hingegen wird der ganze Mensch wohlwollend gesehen, akzeptiert und in seinem Sein gestärkt. Kinder und Jugendliche brauchen ein stabiles Fundament, um selbstbewusste und eigenständige Erwachsene werden zu können. Durch das Arbeiten mit der personzentrierten Haltung wird dieses Fundament gelegt und gestärkt. Kinder und Jugendliche erleben sich als selbstwirksam und in allen Facetten ihres Menschseins akzeptiert. Das gibt ihnen Mut und Vertrauen, neugierig und offen in die Welt hinauszugehen und auch Dinge zu wagen oder auszuprobieren, die vielleicht schief gehen. Doch diese Kinder/Jugendlichen können sich gewissen sein: Sie werden wertgeschätzt, wie sie sind, und nicht gemäß ihren Taten verurteilt. 

 

Peter Indergand:

Die Wertehaltung der Erziehenden ist für Kinder und Jugendliche wie ein Kompass. Sie erfahren, dass es unterschiedliche Ansichten gibt. Durch die bewusste Haltung der Erziehenden lernen Kinder und Jugendliche einerseits Grenzen kennen, andererseits gibt ihnen diese Haltung auch Orientierung. Sie werden befähigt, ihr eigenes Werte- und Orientierungssystem aufzubauen. Die Reibung, die in der empathisch geführten Auseinandersetzung mit den Betreuungspersonen entsteht, unterstützt den Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung.

 

Frage an Martina Portmann: 

Welche persönlichen Erfahrungen und Gedanken bewogen Sie dazu, ein Buch zu diesem Thema und basierend auf Marlis Pörtners »Ernstnehmen – Zutrauen – Verstehen« zu schreiben?

 

Martina Portmann: 

Die Grundlagen und Richtlinien von Marlis Pörtner lernte ich in der Berufsschule im Verlaufe meiner Ausbildung zur Fachfrau Betreuung Fachrichtung Kind kennen. Mich faszinierten diese scheinbar einfachen Handhabungen. Ich dachte mir: »Das ist logisch, dass man das so macht.« Im Alltag fing ich dann an, bewusst darauf zu achten: »Wende ich diese Grundlagen und Richtlinien wirklich an?« – »Nicht bewusst und nicht konsequent«, war meine Antwort darauf. 

In Kitas geht es teilweise stressig zu, und gerade in solchen Situationen richtet man den Fokus schnell auf die gesamte Gruppe, die vielleicht noch von A nach B muss. Mit einem knappen »Wir haben jetzt keine Zeit …« wird dann manchmal ein Kind abgefertigt, das gerne noch etwas erzählen möchte.

Mich machte das traurig, und ich merkte, dass gerade in solchen Situationen viel mehr Konflikte oder Störungen auftraten. Also nahm ich mir vor, die Richtlinien und Grundlagen bewusst im Alltag umzusetzen. Allmählich traten Veränderungen ein. Meine Beziehung zu den Kindern wurde besser, Konflikte weniger, und der Stresslevel sank sowohl für die Kinder wie auch für mich. 

Ich bin überzeugt, dass alle, die mit Kindern und Jugendlichen oder allgemein mit Menschen zu tun haben, davon profitieren, die Grundlagen und Richtlinien zu verinnerlichen und danach zu handeln. Diese Überzeugung hat mich dazu gebracht, am Buch mitzuwirken.

 

Frage an Peter Indergand: 

Wie kann das personzentrierte Konzept in Einrichtungen der Kinderbetreuung oder Jugendarbeit eingeführt werden? Welche Rahmenbedingungen erleichtern oder erschweren die Einführung?

 

Peter Indergand:

Die Einführung des Konzepts sollte den individuellen Gegebenheiten einer Einrichtung angepasst werden. Die folgenden drei Punkte erachte ich als wichtig:

• Partizipation aller Beteiligten: Die Mitarbeitenden arbeiten aktiv an der Gestaltung des Konzepts mit. Um ein tragfähiges Fundament für die Zusammenarbeit zu schaffen, finde ich es zudem sinnvoll, auch die Eltern miteinzubeziehen. 

• Schritt für Schritt vorgehen: Die Einführung gut planen und das neue Konzept Schritt für Schritt einführen. Auch Teillösungen können wichtige Etappenziele darstellen.

• Zeit geben: Es ist wichtig, allen Beteiligten Zeit zu geben, sich mit den Grundsätzen der personzentrierten Arbeit auseinanderzusetzen und sie im Alltag mit den Kindern umzusetzen.

 

Die Einführung gelingt dann gut, wenn die leitenden Personen die Werte des neuen Konzepts vorleben. Ist dies nicht der Fall, wirkt das Vorhaben schnell unglaubwürdig. Für die Nachhaltigkeit des Projekts ist es wichtig, dass auch die Trägerschaft hinter dem Konzept steht. Ansonsten wird bei einem Wechsel der Leitung vielleicht schon wieder alles umgekrempelt. Das wäre nicht nachhaltig.

Personalmangel und eine hohe Fluktuation erschweren die Einführung einer neuen Konzeption. Stabilisierend hingegen wirken regelmäßig stattfindende Teamsitzungen, an denen das eigene Handeln mit Hilfe der Grundsätze der personzentrierten Haltung immer wieder reflektiert wird.

 

Beteiligte Personen

© Alex Gertschen

Peter Indergand

Peter Indergand, seit 2006 Fachlehrperson im Bereich Kinderbetreuung; seit zehn Jahren am Berufsbildungs­zentrum Gesundheit und Soziales ...

Peter Indergand, seit 2006 Fachlehrperson im Bereich Kinderbetreuung; seit zehn Jahren am Berufsbildungs­zentrum Gesundheit und Soziales in Sursee tätig. Zuvor arbeitete er u.a. als Primarlehrer. Er ist verheiratet, Vater von vier Kindern und lebt in Luzern.


© privat

Martina Portmann

Martina Portmann, ausgebildete Fachfrau Betreuung, arbeitet seit 2015 beruflich mit Kindern, seit 2019 als Fachfrau Kinderbetreuung in ei...

Martina Portmann, ausgebildete Fachfrau Betreuung, arbeitet seit 2015 beruflich mit Kindern, seit 2019 als Fachfrau Kinderbetreuung in einer Kindertagesstätte im Kanton Zug, Schweiz.


Uli Regenscheit

Marlis Pörtner

Marlis Pörtner, geboren 1933 in Zürich, war Schauspielerin, jobbte als Sekretärin, arbeitete als Rundfunksprecherin, Übersetzerin von Bel...

Marlis Pörtner, geboren 1933 in Zürich, war Schauspielerin, jobbte als Sekretärin, arbeitete als Rundfunksprecherin, Übersetzerin von Belletristik, Theaterstücken und Jugendbüchern, studierte später Psychologie, war viele Jahre als Psychotherapeutin und in der Fortbildung und Beratung sozialer Institutionen tätig. Sie war verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Am 31. Oktober 2020 ist sie verstorben.

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