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PSYCHE, 1970, Jg. 24, Ausgabe 3

PSYCHE, 1970, Jg. 24, Ausgabe 3

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Bibliographische Angaben


Erscheinungstermin: 01.03.1970
ISSN print: 0033-2623 / ISSN digital: 2510-4187

Details


Hauptbeitrag
Über Psychoanalyse und Soziologie

Alexander Mitscherlich weist einleitend auf die Notwendigkeit und Schwierigkeit einer interdisziplinären Verständigung und Theorienbildung hin. Alfred Lorenzer zeigt, daß Freuds Stellung zum Problem der Soziologie nicht durch seine Formel, es handele sich dabei um »angewandte Psychologie«, erschöpft wird, sondern daß eine analytische Sozialpsychologie von Freuds Theorie der Massenbildung ihren Ausgang nehmen kann. Klaus Horn macht deutlich, daß Heinz Hartmann zwar die Sphäre der sozialen Wirklichkeit in ihrer Unabhängigkeit von Psychologie anerkennt, aber in seiner an biologischen Modellen orientierten Anpassungs-Theorie implizit ein harmonistisches Modell der Beziehungen zwischen Individuum und Gesellschaft einführt, das dem der »kulturistischen« Schule gleicht. Helmut Dahmer skizziert das Verhältnis von Psychoanalyse und historischem Materialismus (subjektiv und, objektiv gerichteter kritischer Theorie), charakterisiert Schwäche und Leistung der älteren Kombinationsversuche und deren Aufhebung in aktuellen Neubestimmungen des logischen Status der Psychoanalyse. Enno Schwanenberg diskutiert Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen der Psychoanalyse und der Sozioanalyse Parsons: Parsons entwirft seine Handlungs-Theorie vom Idealtypus einer möglichst reibungslos funktionierenden sozialen Ordnung her, was ihn dazu führt, trotz Übernahme der Libido-Theorie tendenziell ein generalisiertes Rollen-Ich anstelle von Es und Überich zu setzen. Repression spielt in seiner Theorie nur eine sekundäre Rolle. Karola Brede weist darauf hin, daß Parsons – ausgehend von seiner These einer Strukturierung auch des Es durch Objektbeziehungen – die falsche Rezeption der Psychoanalyse seitens der psychosomatischen Medizin soziologisch vollendet. Damit fällt das psychosomatische Symptom aus dem Kompetenzbereich von Soziologie und (letztlich auch) Psychoanalyse heraus. Heide Berndt zeigt an einigen Beispielen, welche Ansätze zu einer analytischen Psychologie des Kollektivs die Stadtforschung bietet. Zwei Hauptrichtungen zeichnen sich ab: die Analyse der Architektur als symbolischer Objektivation und die Analyse der strukturbildenden Wirkungen der Urbanisierung in der Psyche der Individuen.

Schlagworte: Psychoanalyse, Angewandte Psychologie, Soziologie, Historischer Materialismus, Massenbildung, kulturistische Schule, Stadtforschung
Formate: pdf
Alfred Lorenzer, Alexander Mitscherlich, Klaus Horn, Helmut Dahmer, Enno Schwanenberg, Heide Berndt, Karola Brede
Seite 157 - 187
Psychoanalyse und Gesellschaft – Der Beitrag Herbert Marcuses

Vorgestellt wird Herbert Marcuses Interpretation des Verhältnisses von Psychoanalyse und Gesellschaft. Marcuse konstatiert das »Veralten« der psychoanalytischen – vom Konzept der Vermittlung antagonistischer psychischer Instanzen bestimmten – genetischen Theorie des Individuums, da die Fortentwicklung der Industriegesellschaft zu einer Entmachtung der Familie als Sozialisationsagentur führt und damit die sozialpsychologischen Bedingungen der Individuation tendenziell eliminiert. Für das heutige Verhältnis von Individuum und Gesellschaft gibt eher Freuds Massenpsychologie das Paradigma ab. Die Ungleichzeitigkeit der Freudschen Psychologie aber bezeugt den repressiven Charakter des »Fortschritts«; und läßt sie zur kritischen Theorie werden. Sie soll helfen, nicht nur die vergangene Gestalt der Freiheit und Individualität, sondern eine noch unbekannte Freiheit jenseits des geltenden Realitätsprinzips zu gewinnen.

Psychoanalysis and society: The contribution of Herbert Marcuse
To begin with, Marcuse's interpretation of the relationship between psychoanalysis and society is presented. Marcuse notes that the ontogenetic theory of psychoanalysis, with its basic assumption concerning antagonistic psychic agencies, is becoming outdated because the continuing development of industrial society Ieads to the debilitation of the family as a socializing agent and to the gradual elimination of the social-psychological conditions required for individuation. Freud's approach to group psychology seems today a more suitable paradigm for the relationship between individual and society. By its very asynchrony, the older Freudian theory documents the repressive nature of societal »progress« and thus becomes qualified as a critical theory. It should help us capture not only the vanished figures of freedom and individuality, but also an unknown freedom which still lies beyond the current reality principle.

Schlagworte: Massenpsychologie, Psychoanalyse und Gesellschaft, Realitätsprinzip, Kritische Theorie, vaterlose Gesellschaft, Veralten der Psychoanalyse
Formate: pdf
Helmut Holzhey
Seite 188 - 207
Hegel und Freud. Die Kritik der »Phänomenologie« am Begriff der psychologischen Notwendigkeit und ihre anthropologischen Konsequenzen

Ausgehend von Hegels Aufweis der logischen Aporien, in denen die psychologische Theorie sich verfängt, sofern sie, auf einem naiven Naturbegriff fußend, die reale Verflochtenheit von Subjekt und Gesellschaft auflöst und an deren Stelle eine solipsistische Metaphysik setzt, fordert der Autor eine erkenntniskritische Revision der Freudschen Theorie, die mit materialer Gesellschaftskritik konvergieren müßte. Die subjektive Weltansicht nährt sich von der Erfahrung der Fremdheit und Ohnmacht der Individuen gegenüber den kollektiven Institutionen. Statt sie derart zu durchschauen, macht die Freudsche Theorie die subjektive Weltansicht zum methodologischen Prinzip (»Psychologismus«). Ein Ausweg aus den erkenntnistheoretischen Schwierigkeiten zeigt sich einzig in Gestalt einer Praxis, die sich gegen das Objektsein der Menschen – als gegen eine aufhebbare Faktizität – richtet.

Hegel and Freud. The critique of the »Phenomenology of Mind« concerning psychological necessity and its anthropological consequences
Hegel demonstrates the logical aporias which afflict any psychological theory insofar as it attempts to unravel the true interlacing of subject and society with naive concepts of nature and to substitute a solipsistic metaphysics. The author, departing from this demonstration, pleads for an epistemological revision of Freudian theory in the direction of convergence with a material critique of society. The subjective view of the world feeds upon the experience of Strangeness and impotence of individuals in regard to collective institutions. Instead of penetrating the subjective view of the world in this way, Freudian theory makes it into a methodological principle (»psychologism«). An escape from these epistemological difficulties appears in the form of a practice aimed against objectified man as a reversible facticity.

Schlagworte: Phänomenologie, Marxismus und Psychoanalyse, anthropologischer Objektivismus, Psychologismus, Soziologismus
Formate: pdf
Ulrich Sonnemann
Seite 208 - 218
Buchbesprechungen
Buchbesprechungen
Formate: pdf
Seite 219 - 236
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