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PDP - Psychodynamische Psychotherapie, 2018, Jg. 17, Ausgabe 4

PDP - Psychodynamische Psychotherapie, 2018, Jg. 17, Ausgabe 4

Resonanz – Spiegelung – Attunement

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Bibliographische Angaben


1. Auflage, Erscheinungstermin: 23.11.2018
ISSN print: 1618-7830 / ISSN digital: 2625-0772

Details


Editorial
Resonanz – Spiegelung – Attunement
Formate: pdf, html
Carsten Spitzer
Seite 209 - 210
Originalarbeiten
Zwischenleibliche Resonanz und Interaffektivität

Die gegenwärtig dominierenden Theorien der sozialen Kognition beruhen auf der Annahme von inneren Simulationen oder Schlussfolgerungen, durch die wir Zugang zu den verborgenen Gefühlen und Absichten anderer erlangen („Theory of Mind“, „mindreading“). Demgegenüber erklären phänomenologische Ansätze die empathische Wahrnehmung als Resultat eines dyadischen Prozesses verkörperter Interaktion. Dieser Prozess impliziert eine Wechselwirkung von leiblichem Ausdruck, Gestik und affektiver Resonanz. Gefühle sind demnach primär nicht in einem isolierten Individuum lokalisierbar, sondern stellen übergreifende Phänomene des gemeinsamen zwischenleiblichen Raumes dar, in den die Interaktionspartner einbezogen sind. Zudem zeigen entwicklungspsychologische Forschungen, dass Empathie primär auf einem impliziten leiblichen Beziehungswissen beruht, das Babys schon in ihren frühen Interaktionen erwerben. Im zweiten Teil werden die Konsequenzen dieser verkörperten und interaffektiven Konzeption für die psychopathologische Diagnostik und die Psychotherapie aufgezeigt.

The currently dominating theories of social cognition are based on the assumption of inner simulations or inferences, by which we gain access to the hidden emotions and intentions of others („Theory of Mind“, „mindreading“). In contrast, phenomenological approaches consider empathic perception as resulting from a dyadic process of embodied interaction. This processs implies an interplay of bodily expression, gestures and affective resonance. Thus, emotions may not be localized in an isolated individual; rather, they should be regarded as overarching phenomena of the shared interbodily space, in which both interaction partners are involved. Moreover, developmental research shows that empathy is primarily based on an implicit relational knowledge which babies already acquire in the course of their early interactions. In the second part, consequences of this embodied and interaffective concept for psychopathological diagnostics and for psychotherapy are demonstrated.

Schlagworte: Empathie, Social Cognition, Zwischenleiblichkeit, soziale Wahrnehmung, Resonanz, Interaffektivität, empathy, resonance, intercorporeality, interaffectivity
Formate: pdf, html
Thomas Fuchs
Seite 211 - 221
Über Einstimmungen
Erkenntnisse musiktherapeutischer Prozessforschung aus leibphänomenologischer Perspektive

Nach einer kurzen Charakterisierung der psychodynamischen Musiktherapie und einem Überblick zum Stand der Forschung zur Musiktherapie mit psychotischen Patienten werden zwei Studien der Prozessforschung dargestellt. Dabei geht es um musikalische Abstimmungen innerhalb von freien Improvisationen, um den Zeitpunkt ihres Auftretens und ihre Qualität in Korrelation zur psychotischen Symptomatik sowie um die Entstehungsbedingungen. Die Ergebnisse spiegeln die ko-kreativen Prozesse von Patient und Therapeut, die anhand der psychoanalytischen Psychosentherapie, der Prozessmerkmale der Boston Change Process Study Group sowie der Leibphänomenologie diskutiert werden und in den Kontext der Forschung zur motorisch-gestischen Synchronisierung gestellt werden.

After a short description of psychodynamic music therapy and an overview of music therapy with patients with psychosis, two studies of process research are summarized. Goals and objectives deal with musical attunement within free improvisations, with the conditions of their development, timepoints of appearance and their quality in correlation with psychotic symptoms. Findings show the co-creative processes of patient and therapist. They are interpreted within the concepts of psychoanalytic therapy of psychoses, process features discovered by the Boston Change Processs Study Group and by the phenomenological concept of intercorporeality. The results are discussed in the context of research on movement and gesture synchronisation.

Schlagworte: Musiktherapie, Music therapy, Psychosentherapie, Prozessforschung, process research, intercorporeality, interaktionelle Abstimmung, Inkorporalität, Raumzeitlichkeit, psychotherapy of psychosis, interactional synchronisation, space-time constellation
Formate: pdf, html
Susanne Metzner
Seite 222 - 231
Selbstbegegnung im Spiegel

Der Blick in den Spiegel stellt die Identitätsfrage: Wer bin ich? Genau genommen, wer ist der, den ich im Spiegel sehe? Entwicklungspsychologisch betrachtet, ist es das Gesicht der Mutter, in dem sich das Kind erstmals spiegelt. Erkennt es sich später im Spiegel, so verkennt es sich doch auch zugleich, zumindest solange, wie es sich mit dem Bild identifiziert, das signifikante Andere sich von ihm machen. Selbständig zu werden, ist eine lebenslange Aufgabe, das Andere in einem Selbst aufzuspüren und zu prüfen, was eigenen Bedürfnissen gerecht wird und was nicht, was Emanzipation befördert, indem es Zwang verringert und Möglichkeitsräume erweitert. Trotz alledem kommen wir nicht umhin, mit bleibenden Selbsttäuschungen zu rechnen.

Looking in the mirror poses the identity-question: Who am I? Actually, who is the one I see in the mirror? In terms of developmental psychology, it is the mothers face in which the child first reflects. It truely recognizes himself but at the same time it misinterprets what it sees, as long as it identifies with the image that significant others make of him. To become self-reliant is a lifelong task to find the others in one´s own and to examine what meets and what does not meet our needs, which promotes emancipation by reducing coercion and expanding potential space. Despite all this, we should not avoid expecting permanent self-deception.

Schlagworte: Narzissmus, projektive Identifizierung, projective identification, Face-to-Face-Kommunikation, Spiegeln, narcisissm, face-to-face-communication, mirroring
Formate: pdf, html
Rolf Haubl
Seite 232 - 237
Übersichtsarbeiten
Antwort first?
Zur Praxis der psychoanalytisch-interaktionellen Methode

Die psychoanalytisch-interaktionelle Methode (PIM) ist ein aus der Psychoanalyse abgeleitetes Verfahren zur Behandlung von Patienten mit strukturellen Störungen, das im Einzel- sowie im Gruppensetting angewandt wird. Strukturelle Störungen zeichnen sich durch eine Entwicklungspathologie aus. Dies bedeutet eine Verschiebung der therapeutischen Aufmerksamkeit und Modifikationen in der Technik. Der therapeutische Fokus liegt auf dem Selbst des Patienten im Kontakt mit anderen und seiner sozialen Lebenswelt. Die Modifikationen betreffen im Wesentlichen die Ausrichtung auf Progressionsorientierung, das therapeutische Material (Symptome, interpersonale Schwierigkeiten, Patient-Therapeut-Beziehung im Hier und Jetzt) und die therapeutische Haltung (wache Präsenz, emotionale Akzeptanz, selektive Authentizität). Zentrale Interventionsform ist der ‚antwortende Modus‘, mit dem sich der Therapeut in Antwort auf den Patienten mit eigenem Erleben und Handlungsbereitschaften zur Verfügung stellt. Die genannten Modifikationen werden an zahlreichen Beispielen illustriert.

The psychoanalytic-interactional method (PIM) has been developed on psychoanalytical grounds for the treatment of patients with structural disorders, which can be used both in individual and group psychotherapy. Structural disorders are characterized by a developmental pathology. This has led to a shift of the therapeutic attention and technical modifications. The therapeutic focus is set on the self of the patient in relation to others and his social world. The modifications mainly refer to an orientation towards progression, to the therapeutic material (symptoms, interpersonal difficulties, current patient-therapist-relationship) and the therapeutic attitude (alert presence, emotional acceptance, selective authenticity). The primary type of intervention is the ‚answering mode‘, by which the therapist makes himself available with his own feelings and preparedness for actions in response to the patient. Numerous examples help to illustrate the before mentioned modifications.

Schlagworte: psychodynamische Psychotherapie, strukturelle Störung, psychodynamic psychotherapy, psychoanalytisch-interaktionelle Methode, psychoanalytic-interactional method, Interventionsmodus, structural disorder, mode of intervention
Formate: pdf, html
Carsten Spitzer, Andreas Dally, Jessica Arnswald, Christian Fricke-Neef
Seite 238 - 251
Originalarbeiten
AN der Beziehung, IN der Übertragung
Unterschiede zwischen tiefenpsychologisch fundierter und ­analytischer Psychotherapie

1967 wurden in Deutschland durch die Installation der ersten Psychotherapie-Richtlinien „analytische Psychotherapie“ (AP) und „tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie“ (TP) als zwei getrennte „psychoanalytisch begründete“ Verfahren eingeführt. 50 Jahre später gibt es die Tendenz, die beiden Verfahren zu einem Verfahren, der „psychodynamischen Psychotherapie“ (PDT), zusammenzuführen. Der vorliegende Beitrag soll untersuchen, wie hier behandlungstechnische und berufspolitische Argumente ineinandergreifen. Am Beispiel des Übertragungsbegriffs soll ein terminologisches Missverständnis zwischen Analytischer Psychotherapie und Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie untersucht werden. In den Begriffspaaren „Arbeit an der Übertragung versus Arbeit in der Übertragung“ und „Arbeit an der therapeutischen Beziehung versus Arbeit in der therapeutischen Beziehung“ werden divergierende Linien Psychodynamischer Psychotherapie identifiziert. Es wird für einen Dialog der Verfahren plädiert. Der Begriff „Arbeit mit der therapeutischen Beziehung“ wird als potentiell dafür geeignet dargestellt, die theoretischen und sprachlichen Barrieren zu überwinden.

In 1967 the German psychotherapy-directive defined „analytic psychotherapy“ (AP) and „depth psychology oriented psychotherapy“ (TP) as two distinct types (approaches) of psychoanalysis based psychotherapy. 50 years later, there is a tendency to merge these two types into the approach of „psychodynamic psychotherapy“ (PDT). The article explores the meshing of technical und political arguments. The conceptual pairs „work on the transference vs. work within the transference“ and „work on the therapeutic relationship vs. work within the therapeutic relationship“ reveal diverging lines of Psychodynamic Psychotherapy. It is plead in favor of a dialogue between the therapeutic approaches. The concept of „work with the therapeutic relationship“ holds the potential to overcome barriers in language and theory.

Schlagworte: psychodynamische Psychotherapie, analytische Psychotherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, psychodynamic psychotherapy, analytic psychotherapy, Arbeit an der Übertragung /  Therapiebeziehung, Arbeit in der Übertragung, depth psychology oriented psychotherapy, work on the transference / therapeutic relationship, work in the transference
Formate: pdf, html
Lars Hauten
Seite 252 - 263
Zwischen Skizze und Schablone
Psychodynamik im Spiegel der Richtlinien-Psychotherapie

Die Langzeit-Psychotherapie ist in Deutschland gut entwickelt und in den Rahmen der Richtlinien-Psychotherapie eingebunden. Diese Rahmenbestimmungen beinhalten im Sinne der Qualitätssicherung ein Gutachterverfahren. Die Psychotherapeuten haben zu Beginn der Behandlung ihren Patienten und die zugehörige Psychodynamik zu beschreiben. Erfahrene Experten beurteilen dann den Bericht des Therapeuten in Bezug auf die Schwere des Krankheitsbildes und die prognostischen Aussichten. Die Entscheidung der Versicherung zur Übernahme der Behandlungskosten orientiert sich an der Empfehlung des Gutachters. Das „Herzstück“ der Beschreibung des Patienten und seiner Probleme ist das Verständnis für die entscheidenden psychodynamischen Entwicklungsprozesse und ihre Bedeutung für die Lebensgestaltung und Symptomproduktion. Es ist die Absicht dieses Artikels die Rezeption der wesentlichen psychodynamischen Konzepte in den Therapeutenberichten widerzuspiegeln und die dabei zutage tretenden Schwächen zu verdeutlichen. Besondere Bedeutung soll dabei den wohlbekannten aber „unterdrückten Gender effects“ zukommen.

Long-term psychotherapy in Germany is well established and framed in the guide-line psychotherapy. These guidelines enclose a peer review process. The therapists have to describe the patient and her/his psychodynamics at the beginning of the therapy. Experienced experts judge the therapists report with regard to the level of impairment of the patient and the prognostic prospects. The decision of the insurance company for paying the costs of the therapy is based on the judgment of the experts. The core of the description and the patients problems is the understanding and presentation of the most important psychodynamic influences to the development of the patient and the actual symptomatology. It is the intention of this paper to describe the most popular psychodynamic conceptions mirrored in the therapists reports and to demonstrate their shortcomings. A special reference is giving to the well known but suppressed gender effects.

Schlagworte: psychodynamische Psychotherapie, Ambulante Psychotherapie, Qualitätsmanagement, Richtlinien-Psychotherapie, Outpatient psychotherapy, psychotherapeutic guidelines, psychodynamic psychotherapy, Quality Management
Formate: pdf, html
Klaus Lieberz
Seite 264 - 276
Mitteilungen aus der Gesellschaft
Aktuelles von der DFT
Formate: pdf, html
Seite 279 - 283
Buchbesprechungen
Theater spielen heilt
Inszenieren in Psychiatrie und Psychotherapie.
Formate: pdf, html
Harald J. Freyberger
Seite 284 - 286
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