Zur Sozialen Phobie ist in der Psychoanalyse insgesamt kaum gearbeitet worden; vermutlich geht dies auf die immer peripher gebliebene Rolle der Selbstpsychologie zurück. Ein einfaches Modell der soziophoben Psychodynamik könnte von einer Sicht des eigenen Selbst als defizitär ausgehen. Diese kann dann kompensatorisch zu einer unbewussten Überhöhung des Selbstbildes (grandioses Selbst) führen, das seinerseits projektiv weiterverarbeitet wird. Es sind nun die anderen, die zu viel vom Individuum erwarten. Daneben steht eine Reproduktion der biografisch erlebten sozialen Abwertung: die internalisierte gestörte Selbstwertschätzung wird externalisiert. Beide Projektionsinhalte sind abgrenzbar. Eine zur Hierarchisierung neigende Wahrnehmung ist deutlich. Im Zentrum der Dynamik steht die Befürchtung vor der Abwertung oder Beschämung durch andere mit dem entsprechenden Vermeidungsverhalten als vorrangiger Abwehrstil. Die Scham, ein eminent sozialer Affekt – Scham kann man nur im realen oder fantasierten sozialen Zusammenhang haben –, stellt die entscheidende vermittelnde Variable dar. Die Scham führt zu einer charakteristischen Tönung aller Wahrnehmungsprozesse und sie ist bei der Sozialen Phobie stärker ausgeprägt als bei jeder anderen neurotischen Störung. Ein unsicheres Bindungserleben scheint regelmäßig nachweisbar. Diese und weitere Komponenten tendieren dazu sich kurzzuschließen und wechselseitig zu verstärken.
Psychodynamics of Sociophobia
Psychoanalysis has shown little interest in Social Phobia. Probably this lack is caused by the traditionally underestimated role of self psychology within psychoanalysis. A simple model of sociophobic psychodynamics could start with the underestimation of the individual’s proper self, stemming from different sources. As a consequence an unconscious compensatory greatness (»grandiosity«) of one’s self image may arise, which then is projected into social others. In the individual perception it’s now the social environment expecting too much from this. A second line of understanding could focus on the reproduction of a biographically experienced devaluation. So the internalized devaluation is externalized by projection; it’s now the social object who devaluates. These two contents of self devaluation can be discriminated in therapy. The more an inclination of the individual’s perception, to see hierarchies everywhere, can be observed. The fear of being devaluated and ashamed marks the center of sociophobic psychodynamics. Avoiding behaviour as a consequence becomes the prominent defensive style. Shame can be understood as an intervening variable: Shame can only be experienced in social settings, may they be real or imagined, and shame adds a specific tuning to all perceptive processes. Shame experience in Sociophobia is stronger than with any other neurotic disorder. Unsafe attachment can regularly be proven. These and further components show a tendency towards combination and mutual reinforcement.
Zur Behandlung der Sozialen Phobie wurde im Rahmen des Forschungsverbundes SOPHO-NET ein psychodynamisches Behandlungsmanual (Leichsenring et al. [im Druck]) entwickelt, welches auf der supportiv-expressiven Therapie (Luborsky 1984) aufbaut und die spezifischen Erfordernisse in der Behandlung sozialer Ängste berücksichtigt. Der Artikel beschreibt die Durchführung der Therapie sowie deren zentralen Behandlungsprinzipien und Interventionstechniken, die anhand eines ausführlichen Fallbeispiels näher erläutert werden. Die Wirksamkeit dieser psychodynamischen Therapie konnte in einer multizentrischen randomisierten kontrollierten Studie belegt werden.
Psychodynamic treatment manual for the treatment of social phobia: concept of supportive-expressive therapy within the research network SOPHO-NET
For the treatment of social phobia a psychodynamic treatment manual (Leichsenring et al. [in press]) based on the concept of supportive-expressive therapy (Luborsky 1984) was developed within the research network SOPHO-NET. The manual includes the specific requirements for treating social anxiety. This article describes the treatment procedure with the related treatment principles and techniques, which are explained in detail in a case study. The efficacy of this psychodynamic therapy could be demonstrated in a multicenter randomized controlled trial.
Obwohl das Gegenüber bei sozialen Ängsten eine zentrale Rolle spielt, haben nur wenige Studien ihren Zusammenhang mit interpersonalen Problemen untersucht, meist im Kontext der diagnostischen Kategorie der sozialen Phobie, die jedoch wenig geeignet ist, die Komplexität und Ausdehnung sozialer Ängste angemessen zu erfassen. In einem naturalistischen Ansatz wurden soziale Ängste und zwischenmenschliche Probleme von 821 stationär behandelten Patienten mittels Selbstbeurteilungsverfahren analysiert. 6,6% gaben Bewertungsängste, 12,9% Interaktionsängste und 37% generalisierte soziale Ängste an. Soziale Ängste und interpersonale Schwierigkeiten waren eng assoziiert, besonders in den Dimensionen, die dem kalt-submissivem Quadranten des interpersonalen Zirkumplex-Modells zugeordnet werden. Während Interaktionsängste enger mit interpersonalen Problemen verknüpft sind als Bewertungsängste, zeigen Patienten mit generalisierten sozialen Ängsten das größte Ausmaß zwischenmenschlicher Schwierigkeiten. Wir diskutieren unsere Befunde bezüglich methodischer Einschränkungen sowie klinisch-therapeutischer Implikationen.
Social anxiety and interpersonal problems
Although significant others play a key role in social anxiety there are only a few studies examining their association with interpersonal problems, mainly with regard to the diagnostic category of social anxiety which does not sufficiently reflect the complexity and extent of social anxieties. In a naturalistic approach, we analysed social anxieties and interpersonal difficulties of 821 psychiatric-psychotherapeutic inpatients by means of self-report measures. 6,6% reported performance anxiety, 12,9% interaction anxiety and 37% generalized social anxieties. There was a close association between social anxiety and interpersonal problems, particularly in dimensions that belong to the cold-submissive quadrant of the interpersonal circumplex model. While the link between interaction anxieties and interpersonal problems was closer than that of performance anxieties, patients with generalized social anxieties reported the highest degree of interpersonal difficulties. We discuss our findings with regard to their methodological limitations, but also reflect possible clinical and therapeutic implications.
In zwei Falldarstellungen wird beschrieben, wie Patienten mit sozialen Ängsten von einer komplexen psychodynamischen Behandlung in der stationären Psychotherapie profitieren können. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf deren interpersoneller Manifestation und wie mittels Gestaltung der therapeutischen Beziehung nach der psychoanalytisch-interaktionellen Methode entwicklungsfördernd und strukturbezogen gearbeitet werden kann. Dies wird an einem Ausschnitt einer Gruppentherapiesitzung verdeutlicht. Außerdem wird gezeigt, wie wichtig eine selbst gesteuerte Exposition in der Behandlung der sozialen Ängste ist.
Social anxiety in inpatient psychotherapy – two case-reports
With the help of two case-reports, we demonstrate how patients suffering from social anxiety may benefit from complex psychodynamic inpatient treatment. We emphasize the manifestation of social anxiety in interpersonal relationships and indicate how the psychoanalytic-interactional method provides beneficial conditions for working on developmental and structural issues. Furthermore, the psychoanalytic-interactional method is illustrated by an excerpt of a group therapy session. In addition, the importance of self-managed exposure for the treatment of social anxiety is highlighted.
In dieser Übersicht werden die Schamregulation und -vulnerabilität in den Mittelpunkt gestellt, wie sie aus frühen Entwicklungsprozessen des Selbstgefühls zu definieren sind. Im vierten Lebensjahr sind erstmals Auffälligkeiten im Sozialverhalten bei extrem fremdelnden, schüchternen und zum Rückzug neigenden Kindern festzustellen. Das typische Alter, in dem die sozialen Angststörungen erstmals auftreten, ist die Pubertät, wo die Triebängste, die Labilisierung des Selbstgefühls, die narzisstische Vulnerabilität besonders imponieren. Schamgefühle signalisieren schlecht integrierbare inkongruente Selbstanteile. Hieraus lässt sich ableiten, dass es um eine äußerst bedeutsame Dimension der gesamten Entwicklung der Persönlichkeit, der Selbstabgrenzung und der interpersonellen Regulation geht.
Exposure, shame and social avoidance
In this overview the main focus will be the shame and emotion regulation based on definitions of the early development of the self. Even at the age of four first indication in social behavior of children could be observed such as shyness with strangers and withdrawal. The age in which social anxiety symptoms can be observed for the first time is the puberty. In the puberty the drive fear leads to a labialization of the self that impresses especially the narcissistic vulnerability. Feelings of shame signalize poorly integrated and incongruent parts of the self. Therefore, it can be concluded that is an extremely important dimension of the entire development process of the personality and the interpersonal regulation.
Arbeit ist nicht nur Broterwerb. Sie ist eingebettet in den Lebenskontext einer Person. Ausgehend von der Annahme, dass neben situativen Gegebenheiten bezogen auf die Arbeit auch stabile Merkmale einer Person Verhaltensweisen determinieren, geht es um die Wechselwirkung von Persönlichkeitsmerkmalen (stabile Persönlichkeitszüge), Stressfaktoren (Belastungen) und deren Bewältigung (Coping). Unveränderbare Gegebenheiten bzw. veränderbare Gegebenheiten verlangen jeweils einen anderen Umgang (Coping) mit einem Problembereich. Menschen verhalten sich aber nicht nach einem theoretischen Muster, sondern Merkmale wie Umgang mit Stress werden von der Einschätzung eines Problems mitbestimmt. So ist der Umgang mit Stress im privaten Bereich einer Person nicht wesentlich anders als im Arbeitsbereich. Als Resultat lässt sich festhalten, dass Persönlichkeits-charakteristiken (hier vor allem die Variable »Neurotizismus« aus dem Fünf-Faktoren-Modell) ein verbindendes Glied der drei Lebensbereiche sein kann. Dies deshalb, weil die Einschätzung, was belastend (Stressor) ist, von dieser Variablen, mitbestimmt wird. So gesehen handelt sich um einen »Vulnerabilitätsfaktor«.
Job satisfaction, life satisfaction and health. What is the relationship between these three concepts?
Work is not just to gain money. Work is integrated in the life context of a person. Therefore not only situational but also personal characteristics are important in the interaction between person (personal characteristics), stress perception and coping. As these interactions are also important in life satisfaction and health, the question is what is the underlying factor. Situations can be categorised in characteristics witch can be modified or not. Therefore coping should change with these characteristics. A lot of studies show that coping behaviour is rather stable. The factor, which determines coping behaviour is the subjective resource potential, a person estimates to have. Therefore stress perception is varying in the balance of resources a person has, independent of work, private an health situations. We found, as others did, that the underlying factor might be »neuroticisme«, one variable of the Five Factor Model (FFM). Neuroticisme is important in estimating if a situation might be a stressor or not. We conclude that persons scoring high in this variable are more vulnerable concerning all stressors in life.
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