Interpersonelle Aspekte der Zwangsstörungen und zwanghaften Persönlichkeitsstörungen werden beschrieben. Im Zentrum stehen familien- und paardynamische Prozesse, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung von Zwangsstörungen beitragen. Die Einbeziehung von Eltern, Geschwistern und Partnern verbessert die Behandlungsmöglichkeiten.
Interpersonal aspects of obsessive-compulsive disorders are described, especially family dynamics und couple dynamics contributing to the development and maintainment of the disorder. Involving parents, siblings and partners into treatment improves the outcome.
Bereits Sigmund Freud und seine Schüler haben den Narzissmus als zentrales Phänomen in der Psychodynamik der Zwangsneurose beschrieben. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zunehmend klinische Zusammenhänge zwischen Zwangsstörungen und anderen psychischen Erkrankungen beschrieben, sodass immer mehr ein „Spektrum der Zwangsstörungen“ formuliert wurde. Die Komorbidität von Zwangsstörung und Narzisstischer Persönlichkeitsstörung fand in der jüngsten Zeit zunehmend das Interesse der Forscher. Der „Wolfsmann“ – einer der berühmtesten Patienten Sigmund Freuds – und der erfolgreiche Unternehmer und Hollywood-Star Howard Hughes sind wohl die beiden berühmtesten „Fälle“ für den Zusammenhang von Zwang und Narzissmus. Die Krankengeschichten dieser beiden Protagonisten werden beschrieben. Empirische Studien zum Zusammenhang von Zwang und Narzissmus werden referiert. Anschließend werden klinische Implikationen für den psychotherapeutischen Prozess formuliert. Als Ausblick wird in einer kollektiven Perspektive die Zunahme narzisstischer Phänomene in der Gegenwart betont.
Sigmund Freud and his students already described narcissism as a central phenomenon in the psychodynamics of obsessive-compulsive disorder (OCD). After the Second World War, more and more clinical correlations between OCD and other mental health problems were described, which resulted in the formulation of an “OCD spectrum”. The comorbidity of OCD and narcissistic personality disorder has attracted researchers’ interest increasingly in recent years. The “Wolf Man” – one of Freud’s most famous patients – and successful entrepreneur and Hollywood star Howard Hughes are probably the two most famous “cases” of a connection between compulsion and narcissism. The medical records of these two protagonists are delineated, and empirical studies on the correlation of OCD and narcisissm are reported. Subsequently, clinical implications for psychotherapeutic processes are outlined. Looking out from a collective point of view, the increase of narcissistic phenomena at present is underlined.
Die Zwangsstörung zählt zu den Erkrankungen, die man gemeinhin „schwere Störungen“ („Severe Mental Disorders, SMD“) nennt. In den folgenden Überlegungen möchte ich die Zwangsstörung weniger in ihrem pathologisch-destruktiven Potenzial sehen als sie vielmehr in ihrer ganzen Janusgesichtigkeit als selbststabilisierendes Coping-Phänomen werten.
The obsessive-compulsive disorder is one of the psychic diseases that are called “severe mental disorders, SMD”. Nonetheless, in the following considerations I would like to describe OCD less in its pathologically destructive potential, but as a self-stabilising coping phenomenon.
Die Zwangsstörung ist eine chronische, das Alltagsleben beeinträchtigende psychische Erkrankung, die sich durch wiederkehrende Zwangsgedanken und als unkontrollierbar erlebte Zwangshandlungen und Zwangsimpulse auszeichnet. Neueren epidemiologischen Untersuchungen zufolge ist die Zwangserkrankung häufiger als bisher angenommen. Für die kognitive Verhaltenstherapie und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer liegen Wirksamkeitsnachweise aus randomisiert-kontrollierten Studien vor. Die Erfolgsraten (Response, Remission) sind jedoch begrenzt. Es bedarf daher der Entwicklung weiterer wirksamer Therapiemethoden. Trotz einer langen Tradition in der psychoanalytischen Geschichte und Theoriebildung gibt es bisher kaum Evidenz für die Wirksamkeit psychodynamischer Verfahren bei Zwangsstörungen. Neuere Studien zu Angststörungen legen jedoch nahe, dass manualisierte psychodynamische Kurzzeittherapie ein vielversprechender Ansatz auch zur Behandlung der Zwangsstörung sein kann. Aus diesem Grund wurde eine Form psychodynamischer Kurzzeittherapie bei Zwangsstörungen entwickelt, die auf psychoanalytischer Fokaltherapie sensu Luborsky aufbaut.
Obsessive-compulsive disorder (OCD) is a chronic and disabling mental disorder characterized by recurrent compulsive acts, obsessions and uncontrolled compulsions. According to recent epidemiological research OCD is more frequent than previously thought. There is evidence from randomized controlled trials (RCTs) that cognitive behavior therapy and selective serotonin reuptake inhibitors are efficacious in the treatment of OCD. However, rates of response and remission are limited. Thus, the development of additional treatments is warranted. Despite a long-standing clinical tradition of describing and treating patients with OCD, at present no RCTs proving the efficacy of psychodynamic therapy in OCD are available. Recent studies on anxiety disorders suggests that manual-guided short-term psychodynamic therapy (STPP) may be a promising approach. Building on this, a model of STPP for OCD based on Luborsky’s supportive-expressive (SE) therapy is presented.
Nach der S3-Leitlinie (Hohagen et al. 2015) ist kognitiv-behaviorale Therapie mit Expositionstraining und Reaktionsmanagement die First-Line-Therapie der Zwangsstörung. Häufig ist jedoch auch ein stationärer Zugang nötig, in dem ein multimodales Therapiekonzept zur Anwendung kommt, durchaus mit integrativem Ansatz. Anhand dieses Vorgehens wird untersucht, inwieweit nach heutigem Verständnis eine Annäherung der Hauptverfahren kognitiv-behaviorale und psychodynamische Therapie sinnvoll und eine Integration möglich erscheint.
According to the German guidelines for obsessive-compulsive disorders (OCD; Hohagen 2015) cognitive-behavioral therapy with exposition and reaction management is the first line therapy for OCD. Nevertheless there is a frequent need of inpatient therapy in a multimodal setting with an integrative approach. Based on this therapeutic proceeding we consider the possibility of a convergence or even integration of cognitive-behavioral and psychodynamic therapy.
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