Bei Patient:innen mit chronischen und komplexen somatischen Krankheitsbildern sind sehr häufig psychische Erkrankungen komorbid vorhanden. Die Wechselwirkungen zwischen den psychischen und körperlichen Einschränkungen sind vielfältig und können z. B. das Behandlungsergebnis und die Prognose der somatischen Krankheit verschlechtern. Daher bieten einige psychosomatische Kliniken integrierte biopsychosoziale Behandlungssettings an, die vom Konsiliar- und Liaisondienst im Allgemeinkrankenhaus bis zur stationären integrierten psychosomatischen Komplex-Behandlung reichen. Die Versorgungsangebote für spezialisierte psychosomatische Therapien sind jedoch für viele Patient:innen nicht bedarfsgerecht, z. B. wegen zu starker körperlicher Beeinträchtigung, Immobilität oder akuter Behandlungsbedürftigkeit. Um diese Situation zu verbessern, wurde das
Mental comorbidities are highly prevalent in patients with chronic and complex somatic disorders. There are various ways in which mental diseases and physical limitations interact and this can affect daily clinical practice, e. g., by influencing the outcome of treatment and prognosis of disease. Therefore, some psychosomatic clinics offer integrated biopsychosocial treatment options, ranging from psychosomatic consultation and liaison services in general hospitals to complex in-patient treatment on psychosomatic wards. However, available specialized psychosomatic care is not appropriate to the needs of numerous patients, e. g., because of their excessive physical impairment, immobility, or the need for urgent treatment. To improve this situation, the
Gerade in der Frauenheilkunde ist der bio-psycho-soziale Zugang unverzichtbar für die Betreuung der Patient:innen. Das gilt für die Routine-Untersuchung ebenso wie für die Betreuung bei Erkrankung und in der Schwangerschaft. Die »psychosomatische Sorgfaltspflicht«, integrativer Teil der frauenärztlichen Tätigkeit wie der Aus- und Weiterbildung, muss weiter Beachtung finden.
Precisely in gynecology, the bio-psychosocial approach is indispensable for providing care for patients. This applies to routine examinations just as it does for supporting ill or pregnant patients. »Psychosomatic due diligence« must be accorded greater significance as an integrative part of gynecological work and in training and advanced training.
Funktionelle und chronisch entzündliche Magen-Darm-Erkrankungen wie das Reizdarmsyndrom, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn sind häufige Krankheitsbilder mit steigenden Prävalenzen. Psychische Belastungen, psychosoziale Störungen und Stress können sich negativ auf diese Krankheitsbilder auswirken. Begründet werden können diese Zusammenhänge bspw. durch die spezielle Pathogenese der Erkrankungen wie auch durch Mechanismen der Hirn-Darm-Achse. Ergänzend zur medikamentösen Behandlung gibt es in diesem Rahmen eine Vielzahl nicht-pharmakologischer Therapiemethoden, die in klinischen Studien erprobt wurden und das Potenzial haben, die Lebensqualität Betroffener zu verbessern und die körperliche, aber auch die geistige und psychische Gesundheit zu stabilisieren. Dies wird auch innerhalb der aktuellen S3-Leitlinien für die genannten Krankheitsbilder deutlich. Die Forschung zeigt, dass diese Verfahren nicht nur wirksam sein können, sondern zudem auch stark nachgefragt werden. Ein offener Austausch zwischen Behandler:innen und Betroffenen ist für eine bestmögliche Therapie, die aus einer Kombination schul- und komplementärmedizinischer Verfahren besteht, wünschenswert und dringend notwendig. Bei Patient:innen mit psychischer Begleiterkrankung sowie negativer Krankheitsbewältigung sollte die Indikation für eine Psychotherapie überprüft und gestellt werden.
Functional and chronic inflammatory gastrointestinal disorders such as irritable bowel syndrome, ulcerative colitis and Crohn´s disease are common conditions with increasing prevalence. Psychopathology and psychosocial stress can have a relevant negative impact on the course of disease communicated by the brain-gut-axis. To complement the conventional pharmacologic treatment options there is a variety of non-pharmacological therapy approaches that have shown reliable external evidence in clinical studies. These treatment options can potentially improve health related quality of life, course of disease and stabilize mental and physical wellbeing of the patients. This is taken into account in a number of statements in the current German AWMF S3 guidelines for IBS, ulcerative colitis and Crohn´s disease. Current research data prove not only effectiveness but the frequent use of these treatment options in the involved patient population. An open communication with the patient considering both conventional pharamcology driven treatment options in combination with complementary non-pharmacological therapies allows to create a comprehensive treatment approach and is urgently needed. The indication for psychotherapy should be evaluated and made for patients with concomitant mental illnesses and negative coping strategies.
Die Parkinson-Erkrankung ist nach der Alzheimer-Demenz die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung. Neben den typischen motorischen ist sie durch (neuro-)psychologische, affektive und ängstliche Symptome gekennzeichnet, unter denen die Betroffenen und ihre Angehörigen erheblich leiden. Die vorliegende Übersichtsarbeit fasst aktuelle Befunde zu Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese zusammen und zeigt Möglichkeiten auf, wie Parkinson-Erkrankte psychotherapeutisch und psychosomatisch-medizinisch behandelt werden können. Insbesondere profitieren die Betroffenen von strukturierten Therapieangeboten, sowohl hinsichtlich Angst und Depression als auch hinsichtlich ihrer Lebensqualität und z. T. auch ihrer Beweglichkeit.
Parkinson’s disease is the second most common neurodegenerative disease after Alzheimer’s dementia. In addition to the typical motor symptoms, it is characterized by (neuro-)psychological, affective and anxiety-related symptoms, which cause considerable suffering to the person in question and their relatives. This review summarizes current findings on epidemiology, the etiology, and pathogenesis and highlights ways of treating patients with Parkinson’s disease psychotherapeutically and through psychosomatic medicine. In particular, patients benefit from more structured therapies, both in terms of anxiety and depression, as well as in terms of their quality of life and, in some cases, their mobility.
Ärzt:innen haben ein hohes Risiko für mentale Belastungen bis hin zu psychischen Erkrankungen. Dies steht in Zusammenhang mit der Qualität der Patientenversorgung. Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung findet sich eine erhöhte Häufigkeit von Depression, Alkoholgebrauch und Burn-out bei Ärzt:innen. Lange Arbeitszeiten, wenig Freizeit, Gratifikationskrisen und ein hohes Maß an Verantwortung zählen zu den spezifischen Belastungsfaktoren. Zudem gibt es Hinweise auf intrapersonale Merkmale, die individuelle Therapieangebote notwendig machen. Berufliche Belastungen und spezifische intrinsische Merkmale bei Ärzt:innen können Folgen für die mentale Gesundheit haben. Um die Ärzteschaft gesund zu erhalten und so eine gute Patientenversorgung zu gewährleisten, werden spezifische Interventionsangebote für Ärzt:innen benötigt.
Der Beitrag bietet eine Übersicht zur Prävalenz und zu spezifischen Belastungen in somatischen Fachgebieten in Deutschland, er gibt einen Überblick über therapeutische Besonderheiten und schildert eine Fallvignette.
Physicians have a high risk of mental stress that can lead to mental illness. This correlates with the quality of patient care. Compared to the general population there is a high incidence of depression, use of alcohol, and burnout in physicians. Long working hours, little leisure time, a lack of gratification, and the burden of responsibility are among the stress factors. Furthermore, there are signs of intrapersonal characteristics demanding individual therapies. Occupational stress and the specific characteristics of the physicians may result in consequences for mental health. To keep doctors healthy and consequently guarantee optimal patient care specific offers are needed.
The article offers a review of the literature focusing on prevalence and specific strains in somatic fields; an overview of therapeutic characteristics is given and a case study is offered.
Im bundesdeutschen Gesundheitswesen findet im Zuge neoliberaler Umstrukturierungen seit ca. 40 Jahren ein zunehmender Ökonomisierungsprozess statt, der das Primat der medizinischen Notwendigkeit vor ökonomischer Effizienz umgekehrt hat. Die hieraus folgenden Zielkonflikte münden in tiefgreifende Veränderungen des Wahrnehmens und Bewertens und daraus folgend des ärztlichen Denkens und Handelns und führen zu moralischer Vergleichgültigung. Die Habitualisierung der Ökonomisierungsprozesse erschwert zugleich Veränderungen in Richtung eines primär daseinsvorsorgenden und am medizinischen Bedarf ausgerichteten Gesundheitswesens. In dieser Situation bedarf es für die medizinisch Handelnden permanenter Reflexion der ablaufenden Vorgänge, um Spielräume für den möglichst weitgehenden Erhalt einer am Wohl der Patient:innen ausgerichteten Medizin zu nutzen und die Ökonomisierung der Krankenhäuser zurückzudrängen.
In the course of neoliberal restructuring, an increasing process of economization has occurred in the German healthcare system over the last 40-odd years, which has reversed the primacy of medical need over economic efficiency. The resulting conflicts in objectives lead to profound changes in perception and evaluation and, consequently, in the way physicians think and act, and result in moral indifference. At the same time, the habitualization of the processes of economization makes it difficult to bring about changes in favor of a healthcare system that is primarily oriented toward supporting the general public and meeting medical needs. In this situation, medical practitioners need to constantly reflect on the processes taking place in order to maintain as much leeway as possible for a medicine geared toward the well-being of patients.
Eine bewusste Integration der Somatik in die stationäre psychotherapeutisch-psychosomatische Behandlung kann eine Möglichkeit eines holistischeren Zugangs in der Medizin liefern. Nach einer historischen Einordnung werden aktuelle Entwicklungen, insbesondere die der oft verwendeten kategorialen diagnostischen Entitäten und ein in der Medizin nach wie vor bestehender Dualismus nachgezeichnet. Im Beitrag werden zudem anhand von Fallvignetten verschiedene Anwendungsfelder beleuchtet: Vorgehensweisen bei »Banalerkrankungen«, bei konträren Differenzialdiagnosen und bei psychopathologischen Entwicklungen aufgrund von somatischen Grunderkrankungen (Somatopsychosomatik). Eine Reflexion der aus psychodynamischer Sicht stattfindenden Re-Inszenierungen ist Voraussetzung für die gelingende Integration der somatischen Medizin in die stationäre psychosomatisch-psychotherapeutische Behandlung.
A more holistic approach in medicine can be evolved by intentionally integrating somatic medicine into psychosomatic-psychotherapeutic inpatient treatment. After a historical overview, current developments, specifically often-utilized categorical diagnostic entities and the ongoing dualistic approach in medicine are outlined. Different fields are highlighted here on the basis of short case vignettes: Strategies for common conditions, for contradicting differential diagnosis, and for psychopathological developments due to organic diseases (somatopsychosomatic approach). A reflection on the re-enactments from a psychodynamic viewpoint, is a prerequisite for a successful integration of somatic medicine into inpatient psychosomatic-psychotherapeutic treatment.
Scham beinhaltet die Angst, durch einen Makel entblößt im Mittelpunkt zu stehen, den Wunsch, sich zu verstecken, und das Erleben von Einsamkeit. Pathologische Scham hat ihren Ursprung meist in der körperlichen Entwicklung der Kindheit. Körperliche Einschränkungen und frühkindliche Krankheiten sollten aktiv exploriert werden, um Scham und Ängste sowie damit verbundenes Verhalten zu reduzieren.
Shame goese along with the anxiety of being in the centre of attention for one's flaw. It is accompanied by the wish to hide and the experience of loneliness. Often, the origin of pathological shame roots in the physical development of children. Physical disabilities and early childhood disease should be explored actively in order to reduce anxiety and subsequent behaviour.
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