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Ärztliche Psychotherapie, 2021, Jg. 16, Ausgabe 4

Ärztliche Psychotherapie, 2021, Jg. 16, Ausgabe 4

Psychosomatische Aspekte während Schwangerschaft, Geburt und post partum

DOI: 10.21706/aep-16-4

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Bibliographische Angaben


1. Auflage, Erscheinungstermin: 03.11.2021
ISSN print: 1862-4715 / ISSN digital: 2625-0764

Details


Zum Thema
Editorial
Psychosomatische Aspekte rund um die Geburt
Formate: pdf, html
Mechthild Neises, Wolf Lütje
Seite 210 - 213 | doi: 10.21706/aep-16-4-210
Schwerpunkt
Sexualstörungen während der Schwangerschaft und der postpartalen Zeit

Sexuelle Störungen während einer Schwangerschaft und im Wochenbett sind viel häufiger als vermutet. Sie können nicht nur für die Frau, sondern auch für ihren Partner belastend erlebt werden. Der Übergang der jungen Frau von der Geliebten zur Mutter bringt für sie intensive Emotionen mit sich, ebenso für ihren Partner. Dieser Beitrag behandelt die Ätiologie, die Symptomatik und die Therapie der sexuellen Störungen während dieser Lebensphase in ihrer Häufigkeit und Vielseitigkeit.

Sexual disorders are much more common than expected during pregnancy and the puerperium. They can be stressful not only for the woman, but also for her partner. The transition of the young woman from lover to mother involves intense emotions for her just as it does for her partner. This article deals with the etiology, symptoms and therapy of sexual disorders during this phase of life in terms of their frequency and differences.

Schlagworte: Schwangerschaft, Sexualstörungen, post partum, sexual disorders, pregnancy, puerperium
Formate: pdf, html
Vivian Pramataroff-Hamburger
Seite 215 - 221 | doi: 10.21706/aep-16-4-215
Gewaltiges und Gewalttätliches in der Geburtshilfe
Versuch einer Abgrenzung

Geburt ist das biopsychosoziale Faszinosum: Obwohl meist physiologisch bleibt die Geburt immer auch ein gewaltiges, anstrengendes, extrem herausforderndes und potenziell traumatisierendes Lebensereignis. Geburtshilfe war und ist immer ein Akt gewalttätlichen Agierens zur Vermeidung größerer Traumen bei einer ganzen Familie, ja sogar bei den GeburtshelferInnen selbst (Second Victim). Psychosozial gesehen ist Geburt aber auch ein Akt der Liebe, ja der Sexualität. Geburt braucht daher Intimität und Beziehung. Paradoxerweise findet Geburt aber meistens im eigentlich ungeeigneten öffentlichen Raum eines Krankenhauses statt. Gewalterleben im Kontext von Liebe ist hoch traumatisierend (sexuelle Gewalt, Missbrauch, Kriegsszenarien). Entsprechend bewegt sich das Geburtserleben in einem Kontinuum zwischen Traum und Trauma. Gewalterleben ist mehrdimensional und individuell. Gewalt ist dabei weniger der unumgängliche Akt als sein Kontext und die begleitende Kommunikation. Rahmenbedingungen sind Auslöser und Schutz zugleich –Strukturveränderungen in der Geburtshilfe sind daher genauso unerlässlich wie die Lehre traumasensiblen Vorgehens.

Giving birth is the biopsychosocial phenomenon: Though mainly physiological, delivery is always a massive, exhausting, extremely demanding and potentially traumatizing life-event. And obstetrics was and is always a violent act to prevent even greater traumas for the whole family, indeed even for the obstetricians and midwives themselves (second victims). From the psychosocial point of view giving birth is also an act of love, of sexuality. For that reason, delivery needs intimacy and relationship. Paradoxically birth mostly takes place in the essentially unsuitable public space of a hospital. The experience of violence in the context of love is highly traumatizing (sexual violence, sexual abuse, war scenarios). Accordingly the birth experience moves in a continuum between dream and trauma. Experience of violence is multidimensional and personal. Here, violence is less an inevitable act and more its context and the accompanying communication. Frame conditions trigger and protect at the same time – structural changes in obstetrics are therefore as imperative as is training in a trauma-sensitive approach.

Schlagworte: Trauma, Gewalt, Geburtshilfe, Obstetrics, violence
Formate: pdf, html
Wolf Lütje
Seite 222 - 226 | doi: 10.21706/aep-16-4-222
Die Bedeutung des Mindsets für Geburt und Wochenbett

Geburt ist ein kritisches Lebensereignis, das auch psychologische Herausforderungen beinhaltet. Im vorliegenden Artikel wird das Konstrukt des geburtsbezogenen Mindsets vorgestellt und in Bezug zu weiteren existierenden Forschungsarbeiten gesetzt. Es wird argumentiert, dass die geburtsbezogenen mentalen Repräsentationen (natürliches versus medizinisches Mindset) der Gebärenden und ihrer Partner einen Teil des Geburtsverlaufs vorhersagen können und dass durch die Geburt wiederum psychische Aspekte wie das emotionale und körperliche Wohlbefinden im Wochenbett, die Entwicklung psychopathologischer Symptome sowie die Eltern-Kind-Bindung beeinflusst werden. Der Artikel kann dazu beitragen, ein umfassenderes Verständnis über unterschiedliche Geburtsverläufe und Folgen der Geburt zu erlangen.

Birth is a critical life event that also includes psychological challenges. In this article, the construct of birth-related mindset is presented and related to existing research. It is argued that mental representations of the woman and her partner about birth (a natural vs. a medical mindset) can determine part of the labor process and birth. Birth itself can affect psychological aspects such as emotional and physical well-being in the postpartum period, the development of psychopathological symptoms, and parent-child bonding. The article seeks to contribute to a more comprehensive understanding of different birth processes and their potential consequences.

Schlagworte: Geburt, Mindset, Geburtserleben, Übergang zur Elternschaft, birth, birth ­experience, transition to parenthood
Formate: pdf, html
Lisa Hoffmann
Seite 229 - 232 | doi: 10.21706/aep-16-4-229
Interaktion im Kreißsaal
Wem gehört das Baby?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO 2019) erkennt ein »positives Geburtserlebnis« als einen wichtigen Endpunkt für alle Frauen an, die sich einer Geburt unterziehen. Untersuchungen mit Frauen, die traumatische oder komplizierte Geburten hatten oder die eine negative Erfahrung mit der Geburt gemacht haben, fanden ähnliche Themen: Angst, Schmerz, ein Bedürfnis nach Informationen, Mitgefühl, Fürsorge und Sensibilität. Dem Kreißsaal-Team kommt dabei die Aufgabe zu, eine Geburtsatmosphäre mitzugestalten, die Intimität ermöglicht und damit Raum gibt für Gefühle der Freude, der Rührung, aber auch der Besorgnis und der Angst und diese bei der Frau und ihrer Begleitperson wahrzunehmen. Zu einer psychosomatisch ausgerichteten Geburtshilfe gehört die positive Gestaltung der Geburt im Sinne einer Geburt in der Familie und die Förderung der frühen Mutter-Kind-Beziehung. Für Psychosomatiker*innen und Psychotherapeut*innen heißt dies, sich als Teil eines interdisziplinären Teams zu betrachten, das zum Wohl der Mutter, des Kindes und der gesamten Familie tätig ist.

The World Health Organization (WHO 2019) recognizes a »positive birth experience« as an important endpoint for all women who give birth. Research with women who had traumatic or complicated births, or who had a negative birth experience, reveal similar themes: Fear, pain, a need for information, compassion, care, and sensitivity. The delivery room team has the task of helping to create a birth atmosphere that enables intimacy and thus provides space for feelings of joy, emotion, but also concern and fear, and to perceive these in the woman and the person accompanying her. Psychosomatically oriented obstetrics includes the positive organization of birth in the sense of a birth in the family and the promotion of the early mother-child relationship. For psychosomatics and psychotherapists, this means considering themselves part of an interdisciplinary team that works for the good of the mother, the child and the entire family.

Schlagworte: Ängste, Interaktion, traumatische Erfahrungen, Erwartungen an die Geburt, Kreißsaal-Team, expectations of birth, fears, traumatic experiences, delivery room team, interaction
Formate: pdf, html
Mechthild Neises
Seite 233 - 239 | doi: 10.21706/aep-16-4-233
Frühe bindungsfördernde Eltern-Kind-Therapie bei psychischen Störungen in der Postpartalzeit

Psychische Störungen und Traumatisierungen können das elterliche Verhalten negativ beeinflussen mit negativen Auswirkungen auf die Eltern-Kind-Beziehung und die Bindungsentwicklung des Kindes. Ziele einer frühen dyadischen Behandlung von Mutter bzw. Vater und Kind sind neben einer Reduktion der elterlichen Symptomatik die Befähigung zum sicheren Bindungsaufbau zum Kind durch Förderung der Feinfühligkeit und Erlernen der Bedürfnisse des Babys. Eine wichtige Methode zur Förderung der Eltern-Kind-Beziehung ist das videobasierte Arbeiten. Eine frühe gemeinsame Behandlung von Eltern und Kind findet in verschiedenen Settings statt, z. B. als Einzel- oder Gruppenangebot, in der häuslichen Umgebung oder in einer Ambulanz bzw. Klinik. Es existieren eher präventive Interventionen für Dyaden mit einem erhöhten Risiko, Probleme oder Störungen zu entwickeln, sowie Behandlungen für Kinder und deren Eltern mit frühen Traumatisierungen oder psychischen Störungen. Studien zur Wirksamkeit konnten zeigen, dass diese Interventionen die elterliche Feinfühligkeit erhöhen und die kindliche Bindungssicherheit verbessern können. Zusätzlich gibt es Hinweise, dass eine Behandlung postpartaler Depression zu einer größeren Reduktion der mütterlichen depressiven Symptomatik führt. Noch wenige und unklare Befunde gibt es hingegen hinsichtlich der Effekte auf die längerfristige kindliche Entwicklung.

Psychological disorders and traumatization can have a negative influence on parental behavior with negative effects on the parent-child relationship and the child’s attachment development. The goals of early dyadic treatment of mother or father and child are, in addition to reducing maternal symptomatology, to enable a secure bonding to the child by promoting sensitivity and learning about the baby’s needs. An important method for promoting the parent-child relationship is video-based work. Early joint treatment of parents and child takes place in various settings, e. g., as personal or group sessions, in the home environment or in an outpatient facility or clinic. There are preventative interventions for dyads at increased risk of developing problems or disorders, as well as treatment for children and their parents with early trauma or mental disorders. Studies on the effectiveness of such approaches have shown that these interventions can increase parental sensitivity and improve the child’s safe bonding. Additionally, there is evidence that treatment of postpartum depression leads to greater reductions in the depressive symptoms in the mother. In contrast, there are still few and unclear findings regarding the effects on longer-term child development.

Schlagworte: Behandlung, Mutter-Kind-Bindung, Eltern-Kind, treatment, postpartale psychische Störungen, parent-child, postpartum mental disorders, mother / father-child bonding
Formate: pdf, html
Kerstin Weidner, Anne Coenen, Antje Bittner, Susan Garthus-Niegel
Seite 240 - 246 | doi: 10.21706/aep-16-4-240
Postpartale psychische Störungen
Erscheinungsbilder und Auswirkungen

Postpartale Störungen haben eine hohe Prävalenz und bedürfen aufgrund der Komplexität früher Erkennung und Behandlung unter Einbeziehung des Säuglings. Die gesamte Bandbreite von F-Diagnosen nach ICD-10-GM kann auftreten, als Neumanifestation oder als Exazerbation vorbestehender Erkrankungen. Die Ätiologie postpartaler Erkrankungen ist ein komplexes Zusammenspiel von psychischen, sozialen und biologischen Faktoren, zusätzlich zu epigenetischen sowie Umweltfaktoren. Unbehandelte postpartale Erkrankungen führen aufgrund der oft verzögerten Mutter-Kind-Bindung häufig zu Interaktions- und Beziehungsstörungen. In der Folge können sich seitens der Kinder unsichere oder desorganisierte Bindungsmuster entwickeln, die wiederum im Sinne früher Stresserfahrung Risikofaktoren psychischer und körperlicher Erkrankungen über die Lebensspanne darstellen.

Postpartum disorders are highly prevalent and due to their complexity require early detection and treatment that involves the infant. The entire range of F-diagnoses according to ICD-10-GM can occur, be it as new manifestations or as an exacerbation of pre-existing conditions. The etiology of postpartum disorders entails a complex interplay of psychological, social, and biological factors, in addition to epigenetic and environmental factors. Untreated postpartum illnesses can lead to interactional and relational disorders because of the often-delayed mother-child bonding. As a result, children may develop insecure bonding patterns, which in turn, in terms of early stress experience, can become risk factors for mental and physical illnesses over the lifespan.

Schlagworte: psychische Störungen, Behandlung, Mutter-Kind-Bindung, treatment, mental disorders, postpartal, Auswirkungen, postpartum, effects, mother-child bonding
Formate: pdf, html
Kerstin Weidner, Anne Coenen, Antje Bittner, Susan Garthus-Niegel
Seite 247 - 256 | doi: 10.21706/aep-16-4-247
Off-Topic
Wahnhafte Depression
Diagnostisches Problem von Risikopatienten

Wahnhafte Depressionen sind kein allein akut-psychiatrisches Phänomen, sondern sie können als Vorstufen in der Psychotherapie und Psychosomatik angetroffen werden. Insgesamt werden sie zu selten diagnostiziert und nicht immer adäquat behandelt. Die stationäre psychosomatische Behandlung ist für dieses Krankheitsbild jedoch eher ungeeignet. Es sollte ein psychiatrisches Setting mit sichernder Fürsorge und konsequenter Psychopharmakotherapie angestrebt werden. Auf die erhöhte Gefahr der Suizidalität muss geachtet werden.

Psychotic depression is not solely an acute psychiatric phenomenon, but also be discerned in their early stages in psychotherapy and psychosomatic medicine. Overall, they are diagnosed too rarely and not always treated appropriately. Inpatient psychosomatic treatment is essentially unsuitable for this clinical pathology. The focus should be on a psychiatric setting with supportive care and consistent psychopharmacotherapy. Attention must be paid to the increased risk of suicidality.

Schlagworte: Psychosomatik, Suizidalität, Risikopatienten, Krisenmanagement, psychosomatics, übertriebene Befürchtungen, exaggerated fears, risk patients, suicidality, crisis management
Formate: pdf, html
Peter Lange
Seite 258 - 263 | doi: 10.21706/aep-16-4-258
Leitlinien
S1-Leitlinie »Post-COVID / Long-COVID«
Formate: pdf, html
Volker Köllner
Seite 264 - 266 | doi: 10.21706/aep-16-4-264
Aus Politik und Praxis
Prozessevaluation der Telefonsprechstunde in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung

Seit 2017 ist für niedergelassene Psychotherapeut*innen die persönliche Erreichbarkeit in Form einer Telefonsprechstunde verpflichtend. Ziel der Studie war es, diese im Hinblick auf Häufigkeit und Art der Inanspruchnahme bei 100 konsekutiven Telefonkontakten einer kleinstädtischen psychosomatisch-psychotherapeutischen Einzelpraxis mit vollem Kassensitz zu untersuchen. Dazu wurde eine retrospektive, leitfadengestützte Erhebung durchgeführt. Die Inanspruchnahme der Telefonsprechstunde lag bei ca. 30 %, davon ca. zwei Drittel durch neue, zuvor noch nicht bekannte Patient*innen auf der Suche nach einem Psychotherapieplatz. In der Praxis bereits bekannte Patient*innen nutzten die Sprechstunde für Terminänderungen oder in Krisensituationen. Die Nutzung eines Leitfadens zur zielgerichteten und effizienten Durchführung der Telefonsprechstunde erwies sich als machbar und gut geeignet für eine erste Einschätzung der Anliegen und der Einordnung in den Praxiszusammenhang. Die Nachfrage nach einem Therapieplatz ist bei gleichzeitig eher geringer Gesamtauslastung der Telefonsprechstunde hoch und kann bei fehlenden Kapazitäten für Erstgespräche und Behandlungsplätze bei Weitem nicht erfüllt werden.

In Germany, since 2017, it is obligatory for outpatient psychotherapists to offer phone consultation time. It was the aim of the study to retrospectively evaluate according to a pre-developed guideline a number of 100 phone-calls in a small-town psychosomatics / psychotherapy practice recognized by the health insurance companies. The telephone consultation facility was used by approx. 30 % of time provided, whereby two thirds of the total was taken up by new, unknown patients searching for psychotherapy. Patients already known used it to make appointments or in the case of psychological emergencies. It proved possible to apply the guideline to achieve focused and efficient phone sessions in making an initial assessment of the person’s needs and appraise how they might be addressed within the practice. There was strong demand for therapy slots, yet the phone-based sessions were only utilized to a low degree overall; in the absence of greater capacities for initial sessions and treatment slots the demand simply cannot be met.

Schlagworte: Psychotherapie, Psychotherapy, ambulant, Telefonsprechstunde, Prozessevaluation, outpatient, telephone consultation, process evaluation
Formate: pdf, html
Carsten Kruschinski, Nils Schneider
Seite 267 - 272 | doi: 10.21706/aep-16-4-267
CAVE CANEM
Formate: pdf, html
Giovanni Andrea Fava
Seite 273 - 274 | doi: 10.21706/aep-16-4-273
Mind the Gap online
Rückblick auf den Deutschen Psychosomatik Kongress 16.–18. Juni 2021
Formate: pdf, html
Volker Köllner
Seite 275 - 277 | doi: 10.21706/aep-16-4-275
Verbandsnachrichten
Mitteilungen der DGPM
Formate: pdf, html
Seite 278 - 280 | doi: 10.21706/aep-16-4-278
Mitteilungen der VPK
Formate: pdf, html
Seite 281 - 283 | doi: 10.21706/aep-16-4-281
Mitteilungen des BPM
Formate: pdf, html
Seite 284 - 285 | doi: 10.21706/aep-16-4-284
Buchbesprechungen
Psychische Belastungen in Schwangerschaft und Stillzeit
Das Manual für Gruppen- und Einzelsettings
Formate: pdf, html
Julia Yassin, Nicola Blum
Seite 286 - 287 | doi: 10.21706/aep-16-4-286
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