Wenn eine Krankheit chronisch wird, wird sie zur Familienangelegenheit. Dies gilt gleichermaßen für chronisch psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen wie auch für klassisch psychosomatische Erkrankungen wie die Anorexie und ebenso für die meisten körperlichen Erkrankungen mit längerer Behandlungsphase oder andauernder Symptomatik. Bei all diesen chronischen Gesundheitsproblemen ist meist nicht nur der Patient betroffen, sondern wird auch das soziale Umfeld tangiert, sei es durch die Notwendigkeit der Übernahme von Aufgaben des Patienten, die Unterstützung von notwendigen Lebensstilveränderungen und Compliance oder emotional in Form von Zukunftsängsten und Sorgen um den Patienten. Welche Chancen die Einbeziehung von Familienangehörigen in den Behandlungsprozess chronischer Erkrankungen bietet, wird im Folgenden anhand von Forschungsergebnissen, Traditionen und Sichtweisen sowie Fallbeispielen aufgezeigt.
Chronic illness and family – traditional fields and new challenges
If illness turns chronic, it becomes a family affair; this is not only true for chronic mental conditions such as depression and anxiety but also classic psychosomatic illnesses such as Anorexia nervosa; this is also valid for most physical illness with a longer treatment period or persisting symptoms. All these chronic disorders not only concern the patient but also his/her social environment; this concern may include taking on the patient's duties, supplying support for an altered life style and compliance, as well as emotional support with regard to anxieties and worries about the future. Based on research results, traditions and perspectives, as well as case studies, the opportunities and challenges of including family members in the treatment process of chronic diseases is presented.
Bei der Arbeit mit hochbelasteten Familien bietet sich eine resilienz- und ressourcenorientierte Perspektive an. Zur Resilienz von Familien mit kranken Angehörigen tragen einerseits objektivierbare Faktoren wie die medizinischen Merkmale einer Erkrankung oder Behinderung bei. Entscheidend für eine langfristige gute Anpassung sind daneben die Qualität der Familienfunktionen und Glaubenssysteme und insbesondere das Familien-Kohärenzgefühl. An einem Fallbeispiel werden eine narrativ orientierte systemische Vorgehensweise und zentrale Behandlungsprinzipien vorgestellt.
Family, resilience and health
In therapy with highly challenged families, a resource and resilience-oriented perspective is required. Family resilience depends to some extent on objective factors such as the nature of a medical illness or handicap. Essential for a successful adaptation in the long run are family processes and family belief systems, in particular family sense of coherence. A case example is provided in order to illustrate a narrative systemic approach and important general principles of systemic treatment.
Hintergrund: Frühgeborene Kinder leiden häufiger unter frühkindlichen Fütterstörungen als reifgeborene Kinder. Die Wahrscheinlichkeit, eine Fütterstörung zu entwickeln, steigt für Frühgeborene mit sinkendem Geburtsgewicht an. Material und Methoden: Retrospektive Analyse der Daten eines Elternfragebogens von 1 044 Kindern zwischen 0 und 3 Jahren, die aufgrund einer frühkindlichen Regulationsstörung in der Heidelberger Spezialambulanz angemeldet wurden. Ergebnisse: Im Vergleich zu den deutschen und baden-württembergischen Daten des Statistischen Bundesamtes zur Häufigkeit von Frühgeburtlichkeit werden im Inanspruchnahmeklientel der Heidelberger Spezialambulanz signifikant mehr Frühgeborene in der Ambulanz vorgestellt (p=0,001). Sie leiden signifikant häufiger unter Fütterstörungen (p=0,001) als die reifgeborenen Kinder. Das relative Risiko, mit einer Fütterstörung angemeldet zu werden, beträgt 3,23 für die Kinder mit einem extrem niedrigen Geburtsgewicht (<1 000 g), 1,48 für die mit sehr niedrigem Geburtsgewicht (<1 500-1 000 g) und 1,26 für die Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht (<2 500-1 500 g). Schlussfolgerung: Eltern frühgeborener Kinder suchen gehäuft aufgrund von frühkindlichen Störungen der Verhaltensregulation eine Spezialambulanz auf. Diese Kinder sind besonders gefährdet, eine Fütterstörung zu entwickeln. Das Risiko, aufgrund einer Fütterstörung in der Ambulanz vorgestellt zu werden, steigt mit sinkendem Geburtsgewicht an.
About the correlation of prematurity and feeding disorders in early childhood
Background: Preterm born children suffer from feeding disorders in early childhood more often than term born children. The likelihood of developing a feeding disorder increases for preterm born children with a decreasing birth weight. Material and Methods: Retrospective analysis of data from a parental questionnaire about 1 044 children aged 0 to 3 years registered with a special clinic for regulatory disorders in Heidelberg. Results: The registration of preterm born children is significantly increased (p=0,001) in this sample in comparison to the data of the federal office of statistics for Germany and Baden-Württemberg. Preterm born children suffer from feeding disorders significantly more often than term born children (p=0,001). The relative risk to be registered with a feeding disorder is 3,23 for children with extremely low birth weight (<1 000 g), 1,48 for children with very low birth weight (<1 500-1 000 g) and 1,26 for children with low birth weight (<2 500-1 500 g). Conclusion: Parents of preterm born children turn more often to a special clinic because of regulatory disorders. These children are especially at risk of developing feeding disorders. The risk of being registered because of feeding disorders increases with decreasing birth weight.
Im Mittelpunkt des Beitrags steht eine sieben Sitzungen umfassende Paartherapie mit einem älteren Paar (60 und 65 Jahre alt). Die Flexibilisierung des kollusiven Beziehungsmusters ermöglichte die räumliche Trennung, nachdem Trennungsimpulse in den Jahren zuvor über Suizidalität und Klinikaufenthalte ausgelebt worden waren. Das Fallbeispiel zeigt, dass die Einbeziehung des Partners auch bei Älteren neue Möglichkeiten der individuellen und gemeinsamen Entwicklung eröffnen kann.
A case study of couple therapy with elderly patients. Allow for nearness at a remove
Focus of this article is a couple therapy with an elderly couple (60 and 65 years old) comprising seven sessions. The transition from a collusive to a flexible relationship pattern made possible living apart-together whereas in former times separation impulses had been lived out by suicidal tendencies and hospital stays. The case study shows that involving the partners in couple therapy opens new chances for individual and mutual development also in elderly patients.
Der Artikel gibt einen Überblick über Praxis und Ergebnisse des multizentrischen SYMPA-Projekts (»Systemtherapeutische Methoden in der Psychiatrischen Akutversorgung«). Konzeptionelle Eckpfeiler systemisch-familientherapeutischen Arbeitens im stationären Kontext und deren Implementation im multiprofessionellen Team werden vorgestellt. Die Begleitforschung zeigt, dass die Implementierung des systemischen Ansatzes als multiprofessionelle Gemeinschaftsleistung zu einer Intensivierung der Kommunikation mit Patienten und Angehörigen beiträgt und Elemente systemischen Arbeitens nachhaltig in den Stationsalltag integrierbar sind
Family Systems Psychiatry: The integration of families and network partners in psychiatric care
The article provides a survey on practice and results of the multicentre SYMPA project (»Systems therapy methods in acute psychiatric care«). The multiprofessional integration of family systems thinking and methods into the core practices of everyday psychiatric care are described. As research on implementation shows, a sustainable integration of family systems therapy interventions is possible. The SYMPA-training further had a significant impact on the quantity and quality of conversation with patients and relatives.
Die Geschichte der wechselvollen Beziehung zwischen Georg Groddeck (1866-1934) und Sigmund Freud (1856-1939) wird anhand des veröffentlichten Briefwechsels und aus der Außenperspektive von Zeitzeugen (Ernest Jones, Oskar Pfister, Sándor Ferenczi) nachgezeichnet und untersucht. Daraus wird eine Gegenüberstellung der Denkweisen Groddecks und Freuds entwickelt. Besonderes Gewicht wird auf die Darstellung gelegt, inwieweit die Beschäftigung mit der Psychoanalyse für Groddeck in Krisensituationen selbstheilenden Charakter hatte und er durch die Idealisierung Freuds Enttäuschungen in seinem Leben verarbeitet hat. Im Gefolge entstand ein zunehmend offener und begeisterter Briefwechsel mit Sigmund Freud und Kontakt mit der jungen psychoanalytischen Gesellschaft, in der die Standpunkte und die Person Groddecks nicht unumstritten waren. Aufgrund der Einbeziehung der Konzepte von Übertragung und Widerstand zählte ihn Freud von nun an zum »wilden Heer«. Zu einer Krise kam es dann ab 1923 anhand der Auseinandersetzung über den Begriff des »Es«, den Freud von Groddeck übernommen hatte, allerdings wesentlich enger systematisiert, als dies von Groddeck vertreten wurde. Für Georg Groddeck war Sigmund Freud immer Lehrer und Freund, wobei für ihn eine gewisse Tragik darin liegt, dass Freud eine erkennbare Distanz zu ihm hielt und ihm seinen Herzenswunsch, einen Besuch in Baden-Baden, nicht erfüllte
Georg Groddeck and Sigmund Freud – a changing relationship
The history of the changing relationship between Georg Groddeck (1866-1934) and Sigmund Freud (1856-1939) is described and analyzed on behalf of the published correspondence and reports from contemporaries (Ernest Jones, Oskar Pfister, Sándor Ferenczi). Thus it is possible to develop a comparison of the thoughts of Groddeck and Freud. Special emphasis is put on the self-healing character of dealing with psychoanalytical questions in critical situations and that the idealization of Freud was a coping mechanism of Groddeck to deal with his deceptions in life. There was a more and more open and enthusiastic correspondence with Freud and contact with the young psychoanalytic society in which viewpoints and the person of Groddeck were controversially discussed. On behalf of the inclusion of the concepts of transference and resistance Freud saw him as a member of the »wild troop«. But there was a crisis starting in the year 1923 about the term »id« that Freud had taken from Groddeck, but in quite a more narrowly defined, systematical way. Freud always remained teacher and friend, but it is very tragic that Freud held a distance to Groddeck never paying a visit to Groddecks sanatorium in Baden-Baden, that Groddeck would have very much estimated.
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