Im Mai hat Patrick Rothfuss auf seinem Blog eine »dreistimmige Ankündigung« veröffentlicht: Es gibt ein neues Buch. Es ist die atemberaubende und stark erweiterte Neufassung der bisher nur in einer Anthologie erschienenen Novelle »Der Blitzbaum«, und sie wird neue Leserinnen und Leser ebenso begeistern, wie die große Gemeinde der Rothfuss-Fans. Es heißt, dass diese Geschichte ursprünglich ein eigener Teil in »Der Name des Windes« werden sollte. Diese nun auf den doppelten Umfang angewachsene Novelle erscheint unter dem deutschen Titel »Der Weg der Wünsche«.
Wir dürfen einen ganzen Tag mit Bast in Newarre verbringen, in dem Ort, in dem Kvothe als Wirtshausbesitzer unter dem Namen Kote Unterschlupf gefunden hat. Wer in diesem Dorf zum Blitzbaum kommt, um ein Tauschgeschäft mit Bast zu betreiben, der bemerkt schnell, dass Geld nicht viel wert ist. Was wirklich wertvoll ist, sind andere Dinge: Geheimnisse und Gefälligkeiten. Knöpfe und Blumen. Lügen, Tricks, Rätsel, Steine und alles, was das Herz sonst noch im Stillen begehrt. Denn Bast liebt es zu tauschen. Gibst du mir, so geb ich dir — das ist ihm so vertraut wie das Ein- und Ausatmen.
Ihm bei solchen Verhandlungen zuzusehen, ist, als würde man einem Künstler beim Malen zuschauen. Doch selbst einem Meister kann einmal der Pinsel verrutschen…
»Niemand größer als der Stein
Komm zum Schwarzbaum, komm allein.
Sag keinem Großen, was hier gesprochen,
sonst fährt der Blitz dir in die Knochen.«
Wir begleiten also den charmantesten Fae der ›Königsmörder-Chronik‹ bei seinen Intrigen und Verhandlungen durch das Dorf. Auf den ersten Blick scheint es, als müsse Bast der Herr über dieses winzige Gebiet sein. Doch während er sich nicht sonderlich um die Regeln der Menschen schert, gibt es ältere, tiefergehende Gesetze, die ihn binden. Und trotz all seiner Gerissenheit und Klugheit, ist Bast auf eine Art und Weise gefangen, die ihm bisher völlig unbekannt war. Er muss daraufhin schwere Entscheidungen treffen und, sehr zu seinem Unmut, sogar einem seiner Feinde helfen. Genauso verspielt, liebenswert und schlau wie Bast selbst, ist auch »Der Weg der Wünsche«. Darin geht Bast alten Wegen nach, die er beschreitet und dann wieder von ihnen abweicht, indem er seinem Herzen folgt. Auch, wenn dies gegen sein besseres Wissen geschieht. Denn wozu ist alle Weisheit der Welt gut, wenn sie einen davon abhält, die verschlungenen Pfade zu Gefahr und Vergnügen zu finden?
Es ist bemerkenswert einfach, wieder in die von Patrick Rothfuss erschaffene Welt einzutauchen, die Luft von Temerant zu atmen, Temerants Sonne und den Mond leuchten zu sehen. Es ist, als ob man in der Ferne sogar den langersehnten Ton einer Laute erahnt. Ja, an kaum einem anderen Ort ist Magie so wirklich wie hier. Und bei aller Gefahr und bei allem Ernst, die diese Geschichte birgt, ist sie doch umspielt von einer überwältigenden Heiterkeit, die jede Leserin und jeden Leser zwangsläufig mitreißt. Und auch wenn das Buch noch nicht der sehnsüchtig erwartete Abschluss der ›Königsmörder-Chronik‹ ist, so erfüllt es uns doch den Wunsch, an die Seite der unvergleichlichen Figuren zurückzukehren. Ja, es fühlt sich an, als wären wir nie weggewesen. »Der Weg der Wünsche« ist somit ein absolutes Muss für alle Patrick Rothfuss Fans. Die Novelle erscheint zu unserer großen Freude am 15. November 2023 in der Hobbit Presse.
Katharina Körber & Stephan Askani, Hobbit Presse-Lektorat
